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Kampf gegen den IS
Der Primat des Militärischen?

Die USA wollen Spezialkräfte in den Irak entsenden, der Bundestag stimmt am Freitag über einen deutschen Syrien-Einsatz ab, in London entscheidet das Parlament schon heute über Luftangriffe in Syrien: Die internationale Koalition gegen den IS setzt weiterhin vor allem auf militärische Mittel. Bei Friedensaktivisten und Friedensforschern stößt das zunehmend auf Protest und Ablehnung.

    US-Verteidigungsminister Ashton Carter und Generalstabschef Joseph Dunford stehen in einem Raum, hinter ihnen sind weitere Personen und einige Fahnen zu sehen.
    Ashton Carter vor dem Verteidigungsauschuss des Repräsentantenhauses. (AFP / Brendan Smialowski)
    London, gestern Abend: Rund 4.000 Menschen protestieren vor dem Unterhaus des Parlaments gegen eine britische Beteiligung an den Luftangriffen in Syrien. Vermutlich vergebens: Vor der heutigen Abstimmung zeichnet sich eine Mehrheit für die Einsätze ab, da Teile der oppositionellen Labour-Partei zustimmen wollen. Parteichef Jeremy Corbyn hat den Fraktionszwang aufgehoben - auch wenn er selbst gegen den Einsatz ist. Auch im Bundestag ist eine Mehrheit für den geplanten deutschen Syrien-Einsatz wahrscheinlich, aller Kritik der Opposition zum Trotze. Das zeigten Probeabstimmungen der Fraktionen von Union und SPD.
    In Washington kündigte US-Verteidigungsminister Ashton Carter vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses die Entsendung einer weiteren Spezialeinheit ein, diesmal soll sie im Irak zum Einsatz kommen. Sie soll dort die irakische Armee unterstützen, Geiseln befreien, IS-Leute festnehmen. Der Irak wehrt sich allerdings noch dagegen. Ministerpräsident Abadi erklärte in der Nacht, man brauche solche Truppen auf irakischem Boden nicht. Außerdem sei für einen solchen Einsatz die Zustimmung Bagdads erforderlich.
    Carter machte auch Druck auf die Türkei: Sie solle mehr Einsatz im Kampf gegen die Terrormiliz zeigen und die Grenze zu Syrien besser sichern, meinte der Verteidigungsminister. Er kritisierte, dass sich die meisten Luftangriffe der türkischen Armee nicht gegen den IS richteten, sondern gegen die Kurden-Organisation PKK. Diesen Vorwurf erheben die USA schon seit Wochen.
    Wie viele Tornado-Kampfflugzeuge sind einsatzbereit?
    Stimmt der Bundestag zu, sollen die ersten deutschen Tornados im Januar in Syrien zum Einsatz kommen. Allerdings berichtet die Deutsche Presse-Agentur, unter Berufung auf einen Bericht des Bundesverteidigungsministeriums, dass derzeit nicht einmal jedes zweite Tornado-Kampfflugzeug einsatzbereit sei. Als Grund werde in dem Bericht unter anderem ein Mangel an Ersatzteilen genannt.
    Der deutsche Friedensforscher Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit kritisierte die derzeitige Fixierung des Westens auf das Militärische. Er sagte im DLF, er hätte nicht gedacht, dass eine Nation wie Frankreich mit einer primär militärischen Lösung komme. Er hätte von Paris vielmehr eine gesamtstrategische und politische Reaktion erwartet. Auch den deutschen Syrien-Einsatz findet Nassauer falsch: Es gebe kein klar definiertes Ziel und deshalb auch keine klare Strategie. Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob man weiter Zeit damit vergeuden wolle, primär militärische Lösungen für ein politisches Problem zu suchen.
    (mg/jcs)