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Kampf gegen den Klimawandel
Kurskorrektur dringend erforderlich

In einem Sonderbericht wirbt der Weltklimarat für eine Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 Grad und führt anhand von Beispielen die weitreichenden Vorteile aus. Der Bericht kommt aber auch zu dem Schluss: Die Vorgaben des Pariser Klimaschutz-Abkommens werden nicht für das 1,5-Grad-Ziel ausreichen.

Von Volker Mrasek |
    Ein Ballon mit der Aufschrift "Es gibt keinen Planet B." ist vor Braunkohlekraftwerken zu sehen - aufgenommen am Rande des Landesparteitags der nordrhein-Westfälischen Grünen, der am Hambacher Forst stattfand. (zu dpa " Weltklimarat drängt zu raschem Handeln für 1,5-Grad-Ziel" vom
    "Wenn die Erwärmung so weiter geht, werden wir die 1,5 Grad Celsius vielleicht schon 2030 erreichen, spätestens aber im Jahr 2052", sagte der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee bei der Vorstellung des Sonderberichts in Südkorea. (dpa/Ina Fassbender)
    Es sei kein Ding der Unmöglichkeit, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Das sagte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee, heute morgen in Südkorea, wo der neue Bericht vorgestellt wurde. Doch schon im nächsten Atemzug machte der IPCC-Chef klar: "Es werden beispiellose Anstrengungen in allen Bereichen der Gesellschaft nötig sein."
    Ein Grad Celsius sei nämlich schon erreicht, wie der chinesische Klimatologe und IPCC-Autor Panmao Zhai erläuterte. So stark habe sich die Atmosphäre seit Beginn des Industriezeitalters im Durchschnitt bereits erwärmt: "Die Folgen erleben wir bereits: häufigere Wetterextreme, der Anstieg des Meeresspiegels, das schrumpfende Meereis in der Arktis. Wenn die Erwärmung so weiter geht, werden wir die 1,5 Grad Celsius vielleicht schon 2030 erreichen, spätestens aber im Jahr 2052."
    Dass die Menschheit dort landet, scheint unausweichlich zu sein. Noch immer emittieren Industrie- und Schwellenländer Jahr für Jahr rund 35 Milliarden Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid, Tendenz leicht steigend. Dabei sollte der Ausstoß längst rückläufig sein.
    Erst über 1,5 Grad Erwärmung, dann wieder zurück?
    In ihrem neuen Report präsentieren die IPCC-Experten jetzt vier mögliche Modellszenarien, nach denen sich die Emissionen künftig entwickeln könnten. Selbst im günstigsten Fall wird die 1,5-Grad-Schwelle dabei überschritten. Also kann man höchstens nachträglich wieder dorthin zurückkommen.
    Der britische Physiker und Energieforscher James Skea vom Imperial College in London: "Um die 1,5 Grad Celsius einzuhalten, wird es nötig sein, Kohlendioxid im Laufe dieses Jahrhunderts wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Durch die Aufforstung von Wäldern; durch Biomasse-Kraftwerke, bei denen CO2 aus dem Abgas entfernt und deponiert wird; und vielleicht auch durch neue, heute noch unerprobte Technologien zur Klimakühlung. Das ist mittlerweile unvermeidlich geworden! Allerdings: Je mehr CO2 wir wieder entfernen müssen, desto stärker könnten Ökosysteme und Biodiversität darunter leiden."
    Klimaschutz-Zugeständnisse reichen nicht aus
    Was die Staaten der Erde im Pariser Klimaschutz-Abkommen formuliert hatten, reiche bei weitem nicht aus, um den 1,5-Grad-Pfad einzuschlagen, hieß es heute in Südkorea. Demnach müsste der globale CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent sinken, also fast halbiert werden. Mitte des Jahrhunderts dürfte schließlich gar kein Kohlendioxid mehr in die Luft gehen.
    Es seien viel stärkere Klimaschutz-Anstrengungen nötig, und zwar dringend, betont James Skea: "Es ist ganz klar: Die Nutzung von Kohle muss massiv zurückgehen bis Mitte des Jahrhunderts! Sie hat den höchsten Kohlenstoff-Gehalt von allen fossilen Energieträgern. Und was Erdöl anbelangt: Auch hier ist eine Drosselung des Verbrauchs nach unseren Szenarien sehr sinnvoll. Wenn immer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, dann kann vor allem der Verkehr dazu beitragen, dass weniger Öl benötigt wird: durch mehr Elektroautos."
    Energieintensiver Lebensstil muss sich ändern
    James Skea und seine Ko-Autoren appellieren aber nicht nur an Regierungen, sondern an jeden einzelnen von uns. Es sei zwingend nötig, den energieintensiven Lebensstil in den entwickelten Ländern zu überdenken und zu ändern. Sonst lasse sich das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen.
    Im neuen IPCC-Bericht steht auch, was es bringt, an diesem ambitionierten Ziel festzuhalten und nicht nur unter zwei Grad globaler Erwärmung zu bleiben. So werde etwa der Meeresspiegelanstieg zehn Zentimeter geringer ausfallen, von den Folgen seien dann zehn Millionen Menschen weniger betroffen. Auch Wasserknappheit, Wetterextreme und Ernteeinbußen seien in einer 1,5-Grad-Welt deutlich schwächer ausgeprägt.
    Die französische Klimaforscherin Valerie Masson-Delmotte formulierte es heute in Südkorea so: "Es steht fest: Ein halbes Grad Celsius macht einen Unterschied!"