Exerzieren können sie schon ganz gut, diese Rekruten. In einer Kaserne in der Provinz Anbar werden sie fit gemacht, für den Kampf gegen den IS.
Anbar ist zum größten Teil in der Hand der sunnitischen Fanatiker. Dass diese Rekruten - auch sie Sunniten - gegen den IS in die Schlacht ziehen wollen, hat Modellcharakter. Die Hoffnung ist, dass sich die Ereignisse von vor acht, neun Jahren wiederholen, als es die sunnitischen Volksstämme in Anbar waren, die "Al-Qaida im Irak", dem Vorläufer des IS, den Garaus machten. Doch diese Rekruten sind schon jetzt enttäuscht:
Nouri Saleh:
"Wir bereiten uns vor und trainieren, und es gibt genug von uns. Aber was uns fehlt, ist die Ausrüstung, die ein Kampfsoldat braucht - wie Helme, Panzerwesten, Waffen, Fahrzeuge und so weiter."
"Wir bereiten uns vor und trainieren, und es gibt genug von uns. Aber was uns fehlt, ist die Ausrüstung, die ein Kampfsoldat braucht - wie Helme, Panzerwesten, Waffen, Fahrzeuge und so weiter."
Iyad Dhahir:
"Wir haben viele tapfere Kämpfer, die in dieser Region schon im Einsatz waren. Aber uns fehlen die Waffen. Was wir haben, ist unzureichend. Immer wieder haben wir die Regierung gebeten, uns Waffen zu schicken, aber bisher sind wir damit immer auf taube Ohren gestoßen."
"Wir haben viele tapfere Kämpfer, die in dieser Region schon im Einsatz waren. Aber uns fehlen die Waffen. Was wir haben, ist unzureichend. Immer wieder haben wir die Regierung gebeten, uns Waffen zu schicken, aber bisher sind wir damit immer auf taube Ohren gestoßen."
Dass die Regierung in Bagdad, die von Schiiten dominiert wird, die Sunniten in Anbar im Stich zu lassen scheint, dürfte mehrere Gründe haben - Misstrauen, Unfähigkeit, Korruption.
Aber wahrscheinlich schlicht auch Geldmangel: Der Irak ist klamm, obwohl er über eines der größten Erdölvorkommen der Welt verfügt. Im Januar produzierte der Irak im Schnitt 3,3 Millionen Fass pro Tag, deutlich mehr als die Tagesförderung, die das Land bis zum Sturz von Saddam Hussein hatte. Seit damals ist es mit der irakischen Ölindustrie stetig bergauf gegangen. Allerdings ist ihre Infrastruktur nach den Jahrzehnten der Kriege und der internationalen Sanktionen völlig veraltet; den langfristigen Investitionsbedarf schätzen Fachleute auf mehr als 100 Milliarden US-Dollar.
Lücke von 22 Milliarden Dollar im Haushalt
Ende Januar in der irakischen Volksvertretung: Der Parlamentsvorsitzende beglückwünscht die Iraker zur Verabschiedung des Haushalts für dieses Jahr. Als der Entwurf ausgearbeitet wurde, sprach Hoshiar Zebari, der ziemlich füllige Finanzminister, vom Engerschnallen des Gürtels. Denn ursprünglich rechnete Zebari mit einem Rohölpreis von 70 Dollar pro Fass auf dem Weltmarkt. Jetzt basiert der Haushalt auf einem Preis von 56 Dollar pro Fass. Doch im Januar gab's für ein Fass im Schnitt noch nicht mal 50 Dollar.
Finanzminister Zebari gesteht ein, dass der Irak an der weltweiten Überproduktion eine Mitschuld hat:
"Die anderen großen Förderländer, vor allem die Saudis, die Golfstaaten, entschieden, die Produktion nicht herunterzufahren. Deshalb sackten die Preise so ab. Die einzige Chance für uns, den Einnahmeverlust wettzumachen, war es, mehr zu produzieren."
Doch die Geldsorgen bleiben real: Der neue irakische Haushalt sieht Ausgaben in Höhe von 105 Milliarden Dollar vor, bei einer Lücke von 22 Milliarden Dollar. Die wird unter anderem durch neue Kredite gestopft - und neue Steuern auf Importautos, Handy-SIM-Karten und das Internet. Ministerpräsident Haider al-Abadi:
"Die Ölpreise sind auf etwa ein Viertel ihrer Höhe im letzten Jahr gesunken. Unser Haushalt finanziert sich zu 85 Prozent durch das Öl. Das ist also ein Desaster für uns. Ich kann das nicht genug betonen. Wir wollen nicht, dass unsere militärischen Siege durch unsere Budgetprobleme gefährdet werden."
Kostenfaktor Binnenflüchtlinge
Etwa ein Drittel des Irak ist durch den IS besetzt. Auf die Landnahme der Fanatiker reagierte die irakische Regierung mit massiven Investitionen in die Armee. Schließlich geht es darum, die Sicherheitskräfte gut auszurüsten und fit zu machen, damit sie die besetzten Gebiete zurückerobern können. Jeder fünfte Dinar des Haushalts fließt nun zum Militär.
Ein weiterer Posten, der durch den Vormarsch des IS verursacht wurde, ist die Versorgung von immer mehr Binnenflüchtlingen. Aus Angst vor den Dschihadisten haben im vergangenen Jahr knapp zwei Millionen Iraker ihr Zuhause verlassen. Dazu kommen 1,1 Millionen Binnenflüchtlinge aus den Jahren davor. Mitte Dezember stellte Vize-Regierungschef Saleh al-Mutlaq fest, diese Menschen zu versorgen, koste schätzungsweise fünf Milliarden Dollar.
Ministerpräsident Abadi hat also ein doppeltes Problem: Der Aufstieg des IS und der Krieg gegen die Dschihadisten verursachen immer höhere Ausgaben - aber die Einnahmen aus dem Rohölverkauf sind dramatisch gesunken. Auf dem letzten Ministertreffen der Anti-IS-Koalition im Januar in London deutete Abadi an, die internationalen Partner des Irak würden ein Programm auflegen, um die finanzielle Not des Landes zu lindern. Doch bisher scheint da nicht allzu viel passiert zu sein.