Said Raad al-Hussein wirft der Weltgemeinschaft vor, zu wenig gegen das Blutvergießen in Syrien und im Irak zu tun. Der Jordanier sagte in seiner ersten Rede vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf, ohne eine Beendigung dieses immer enger ineinander verwobenen Konflikts in beiden Ländern drohe ein Blutvergießen von unvorstellbaren Ausmaßen. Es seien dringend Maßnahmen nötig, um religiöse und ethnische Gruppen, Kinder und Frauen zu schützen.
Al-Hussein warnte zudem vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Ein von IS-Kämpfern geschaffener Staat wäre "feindlich, boshaft und blutrünstig", ohne Schutz für Andersgläubige. Sie wollten die "Vernichtung aller Muslime, Christen, Juden und des Rests der Menschheit, die etwas anderes glauben als sie selbst." Die Miliz hat im Bürgerkrieg in Syrien große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Auch im Irak halten die Islamisten große Gebiete.
Arabische Liga verabschiedet Resolution
Mehr als 190.000 Menschen seien allein im Syrien-Konflikt getötet worden, beklagte Al-Hussein. Das Land habe sich zu einem "Schlachthaus" entwickelt, in dem Kinder vor den Augen ihrer Eltern gefoltert würden oder in der Öffentlichkeit hingerichtet. Auch in anderen Krisenregionen wie der Ostukraine, dem Südsudan oder in Libyen müssten brutale Angriffe gegen die Zivilbevölkerung gestoppt werden, forderte er. Al-Hussein hatte das Amt des UNO-Menschenrechtsbeauftragen am 1. September von Navi Pillay übernommen.
Auch die Arabische Liga hat der IS-Miliz dem Kampf angesagt. Entsprechende Maßnahmen sollen auf politischer, militärischer, sicherheitstechnischer und juristischer Ebene getroffen werden, heißt es in Resolution. Was die 22 Mitgliedsstaaten konkret planen, blieb offen. Mit der Resolution stellt sich die Arabische Liga aber nicht explizit hinter US-Angriffe auf den IS.
Neue Regierung in Bagdad
Im Irak ist derweil eine neue Regierung vereidigt worden. Das Kabinett von Ministerpräsident Abadi legte am Montag im Parlament den Amtseid ab. Für das Verteidigungs- und Innenministerium hatte er allerdings noch keine Vorschläge gemacht, sondern noch eine Woche mehr Zeit erbeten, um Kandidaten zu benennen. Zudem wurde Abadis Regierungsprogramm mit breiter Mehrheit angenommen. Er war Mitte August von Präsident Masum mit der Bildung einer Regierung beauftragt worden, in der alle politischen Strömungen des Landes vertreten sind. In seiner Antrittsrede bezeichnete er den Kampf gegen die IS-Extremisten als wichtigste Aufgabe. Weiterhin müsse die Sicherheit aller Flüchtlinge im Land gewährleistet werden.
Abadi tritt die Nachfolge seines Parteikollegen Maliki an. Dieser war zuvor für seinen zunehmend autokratischen Regierungsstil in die Kritik geraten und hatte erst nach langem Machtkampf auf eine weitere Amtszeit verzichtet. Er erhält nun den weitgehend repräsentativen Posten des Vizepräsidenten.
Der Rückhalt in der Bevölkerung für die Regierung ist offenbar gering. Viele Menschen im Irak machten die eigene Regierung für den Vormarsch der IS verantwortlich, sagte der Schriftsteller Navid Kermani im Deutschlandfunk. Demnach seien sowohl schiitische Geistliche als auch viele Bürger der Ansicht, dass der IS nie bis Mossul gekommen wäre, wenn nicht Teile der Regierung kooperiert und das Ganze möglich gemacht hätten. Hinzu komme, dass der IS offensichtlich mit den alten Eliten aus den Zeiten von Saddam Hussein zusammengearbeitet habe, sagte Kermani.
(hba/ach)