Grelle Pfiffe aus Trillerpfeifen, Transparente, dazu der Ruf: "sda nicht für Gewinne da". Trotzig zog letzte Woche ein Großteil der Mitarbeiter der Schweizerischen Depeschenagentur sda durch Bern und Zürich. Sie trugen einen Tisch durch die Straßen, symbolisch als Verhandlungstisch für die geforderten Gespräche zwischen Verwaltungsrat und Mitarbeitern der Nachrichtenagentur. Der Grund für den unbefristeten – derzeit ausgesetzten – Streik bei der Agentur ist schnell erklärt: "Der Anlass ist eine Umstrukturierungsmaßnahme, wie es heißt, die aber in Wirklichkeit ein Viertel aller Stellen kostet."
35 der insgesamt rund 150 journalistischen Mitarbeiter der Nachrichtenagentur wurden gekündigt – erzählt Beat Haueter von der Redaktionskommission, die zu dem Streik aufgerufen hatte: "Betroffen sind weit mehr Personen. Vielen sind ihre Pensen gekürzt worden und manche sind entlassen worden. Und das Schlimme ist vor allem, wie man mit den über 60-Jährigen umgeht. Man nennt es vorzeitige Pensionierung, es ist eigentlich eine Entlassung. Sie sollen zum Arbeitsamt gehen und sich dort anmelden. "
"Die redaktionelle Qualität aufrecht erhalten"
Grund für die sogenannten Restrukturierungen ist die angespannte Finanzlage bei der Nachrichtenagentur. Bislang erzielte die sda Gewinne. In diesem Jahr jedoch werden ein zurückgehender Umsatz und Verluste erwartet. Mehrere große Zeitungsverlage verlangen günstigere Preise für die Leistungen der Agentur. Außerdem steht eine Fusion mit der Bild-Agentur Keystone bevor. Hieß es zunächst, der Stellenabbau gehe Schritt für Schritt über die Bühne, wurden die ersten Mitarbeiter quasi sofort vor die Tür gesetzt. Nicht zuletzt das führte zum Streik.
Doch es gehe um mehr, betont Beat Haueter von der Redaktionskommission: "Ziel Nummer eins sind die Stellen. Ziel Nummer zwei ist, wenn schon Leute entlassen werden müssen, dann sollen sie wenigstens anständig mit einem richtigen Sozialplan entschädigt werden. Und natürlich haben wir auch vor, dass die redaktionelle Qualität, dass das was wir machen, aufrecht erhalten bleiben kann." Das sei mit einem Viertel weniger Mitarbeitern nicht vorstellbar.
Grundversorger für andere Medienhäuser
Die sda ist als größte Nachrichtenagentur der Schweiz quasi der Grundversorger, dessen Dienste die Medienhäuser intensiv nutzen. Das bestätigt eine gerade veröffentlichte Analyse des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft an der Uni Zürich. Medienforscher Linards Udris erläutert die Ergebnisse der Studie: "Meine Kolleginnen und Kollegen vom Institut haben das untersucht und sie haben gesehen, dass in den Zeitungen im Durchschnitt jeder sechste Artikel auf einer sda-Meldung basiert und im Online-Bereich auf den Online-Websites ist es ungefähr jeder vierte. Und da gibt es viele Medien, bei denen ist es sogar deutlich mehr. Die größte Tageszeitung in der Schweiz, das ist die Gratiszeitung '20 Minuten', da besteht die Hälfte des Inhalts letztlich aus dem Material der sda."
Dabei übernimmt die sda in der mehrsprachigen Schweiz eine wichtige Funktion, die manch einer gar als nationale Dimension bezeichnet, erklärt Linards Udris: "Eine nationale Dimension hat sie insofern, als die sda ihren Dienst, ihre Leistungen in den drei größten Landessprachen anbietet, das heißt sie übersetzt es auch. Das heißt, da profitieren eigentlich in der Regel dann auch so die kleineren Medienmärkte in der Schweiz, die Swissromands, die französischsprachige Schweiz, und die italienischsprachige Schweiz."
"Die Hoffnung ist, dass alles zurückgenommen wird"
Der Verwaltungsrat der sda hat nun eingewilligt, in der kommenden Woche mit den Mitarbeitern zu verhandeln. Die haben große Erwartungen an diese Gespräche – sagt Beat Haueter von der Redaktionskommission: "Die Hoffnung ist, dass alles zurückgenommen wird, dass man noch mal von vorne anfängt, dass man mit den Leuten spricht, sich richtig auseinandersetzt. Manchmal findet man gemeinsam Lösungen. Das wird nicht komplett möglich sein, aber dass man mindestens aufeinander zugeht."
Dabei sei auch den Redakteuren bewusst, dass es in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft durchaus zu Veränderungen kommen kann. Übrigens: die Geschäftsführung der sda stand für ein Interview nicht zur Verfügung.