Mixed Martial Arts, kurz MMA, ist eine noch recht junge Kampfsportart. Populär geworden ist sie erst Anfang der 1990er-Jahre in den USA. Mit der "Free Fight Association" gründete sich dann 1994 der erste MMA-Verband in Deutschland. Das Besondere an MMA ist, dass dabei verschiedene Kampfsportarten miteinander verbunden werden. So gibt es unter anderem Elemente aus dem Boxen, Kickboxen, Taekwondo, Ringen oder Judo. Dabei darf auch im Bodenkampf geschlagen oder getreten werden, anders als bei anderen Kampfsportarten. Ziel ist es, den Gegner durch K.o. zu besiegen oder zur Aufgabe zu zwingen.
Am Samstag findet in Frankfurt nun ein besonderes MMA-Event statt. Knapp 60.000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden im Frankfurter Fußballstadion dabei sein, wenn sich unter anderem mit Christian Eckerlin und Christian Jungwirth die beiden prominentesten deutschen Kämpfer gegenüberstehen. Dazu gibt es zwei Titelkämpfe: im Mittelgewicht zwischen Patrick Kincl und Kerim Engizek und im Strohgewicht der Frauen zwischen Katharina Dalísda und Mallory Martin. Auf der sogenannten Fight-Card des Abends stehen insgesamt elf Kämpfe.
Drews: "Wichtiger Moment für die Sportart"
"Das ist ein Meilenstein, keine Frage", sagte Tobias Drews im Deutschlandfunk. Drews ist Sprecher von Oktagon, einer MMA-Organisation mit Sitz in Tschechien und der Slowakei. Oktagon ist auch Organisator der Veranstaltung im Frankfurter Stadion. "Es ist ein Rekord, nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa oder auch für die ganze Welt", sagte er über die Zuschauerzahl. "Und das ist natürlich ein wichtiger Moment für die Sportart, nicht nur um sich zu etablieren, sondern auch um zu zeigen, dass man in der Lage ist, in schwierigen Zeiten so viele Menschen zu begeistern in so ein Stadion zu kommen. Das ist ja nicht ganz selbstverständlich." Das Event werde "diesen Sport Mixed Martial Arts in neue Sphären bringen."
Gerade die Mischung der verschiedenen Kampfsportarten mache die Faszination MMA aus, sagte Drews. "Die ewig alte Frage, die man sich stellt, egal in welchem Kampfsport man beginnt: Kann das System, was ich betreibe, ob Boxen oder Karate, gegen ein anderes System wie Ringen oder Judo überhaupt bestehen? Also wer ist der beste, der kompletteste Kampfsportler? Und dann stellt man fest, es gibt nicht nur das eine, sondern es muss eine Mischung sein aus verschiedenen Dingen."
"Es ist gute Unterhaltung"
Außerdem sei der Sport leicht zu verstehen, sagte Drews. "Es ist sehr professionell organisiert, sodass man zu einer Veranstaltung geht und vier, fünf Stunden gut unterhalten ist. Man weiß ungefähr, was man bekommt. Da ist viel Adrenalin mit dabei und große Emotionen."
Die Popularität des MMA mache sich auch in den Kampfsportvereinen bemerkbar, sagte Drews. Nachwuchstrainer im Ringen oder im Boxen würden berichten, dass die Nachfrage gerade bei jungen Menschen steigt. "Das mag nicht für jede Kampfsportart so zutreffen. Aber grundsätzlich merkt man natürlich schon, dass da viel passiert."
MMA hat Boxen in Deutschland überholt
Dabei war in den vergangenen Jahrzehnten Boxen der beliebteste Kampfsport in Deutschland. Auch Drews selber ist häufig noch bei Box-Events vor Ort und kommentiert die Kämpfe für das Streaming. Mittlerweile hat MMA dem Boxen aber in Deutschland den Rang abgelaufen: "Wann wurde zuletzt in Deutschland vor einer so großen Kulisse geboxt? Da muss man vom Geschichtsbuch erst einmal eine relativ dicke Staubschicht wegpusten."
MMA habe hier viel richtig gemacht: "Die Veranstalter haben aus den Fehlern, die das Boxen gemacht hat, gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen. Im Boxen hat man zum Beispiel durch die sehr hohe Titelflut eine Unübersichtlichkeit und dabei vergessen, den Sportler in den Mittelpunkt zu stellen oder im Mittelpunkt zu lassen."
Dazu sei die Organisation unprofessioneller geworden, "dass man zur Veranstaltung kommt, die nicht pünktlich beginnt. Kämpfe, die ausfallen, zwischendurch wieder Pausen. Es ist kein Erlebnis, es ist wirklich nur noch was für absolute Hardcore Fans. Ansonsten ist es sehr schwer, nach einer Veranstaltung zufrieden nach Hause zu gehen. Und diese Lücke hat MMA zur richtigen Zeit gefüllt."
Drews: Boxen muss wieder ehrlicher werden
Boxfan Drews blutet dabei das Herz. "Weil Boxen eine Sportart ist, mit der ich Jahrzehnte verbunden war und auch immer noch bin. Natürlich stelle ich mir vor, wie schön das wäre, wenn das (in Frankfurt Anm. d. Red.) jetzt ein Boxkampf wäre oder ein Box-Event", sagte er. "Die erste Kampfsportart, in die man sich verliebt hat, vergisst man nicht. Und deswegen wird das Boxen da immer eine ganz besondere Stellung haben."
Um wieder populärer zu werden, müsse das Boxen unter anderem die neuen Medien besser nutzen, sagte Drews. "Also sprich Boxer, die sich etwas intensiver und besser auch in den sozialen Netzwerken präsentieren. Dann sind Veranstalter aufgerufen, wieder den Sportler mehr in den Mittelpunkt zu stellen, vielleicht weniger um Titel zu boxen und eben auch einfach ehrlicheren Sport anzubieten. Ich habe ja selber beobachten müssen, wie der Zu-Null-Rekord geschützt werden muss. Und dann werden eben Gegner eingekauft, wo man schon am Anfang sieht, dass das kein Kampf auf Augenhöhe ist. Und dann wird eine Geschichte drum gestrickt und dann noch ein Gürtel verliehen, der einfach keine Relevanz besitzt. Und der Zuschauer merkt das natürlich. Und das ist etwas, was das Boxen als allererstes wieder registrieren muss und lernen muss."