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Kanada und EU unterzeichnen Grundsatzvereinbarung

Nach mehr als vierjährigen Verhandlungen haben sich die Europäische Union und Kanada auf den Abschluss eines Freihandelsabkommens geeinigt. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und der kanadischen Regierungschef Stephen Harper stellten die Eckpunkte der Vereinbarung vor.

Von Jörg Münchenberg | 18.10.2013
    An Superlativen war heute bei der offiziellen Präsentation des geplanten Freihandelsabkommens zwischen Kanada und der Europäischen Union wahrlich kein Mangel. Die sei ein Durchbruch von enormer Bedeutung, erklärte etwa Kommissionspräsident Manuel Barroso:

    "Das ist ein Meilenstein für die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen und ein wichtiger Baustein für einen integrierten transatlantischen Markt. Diese Vereinbarung wird unsere Handelsbeziehungen weiter vertiefen und für Wachstum und Jobs in der EU und Kanada sorgen."

    Fast noch etwas euphorischer bewertete der kanadische Regierungschef Stephan Harper die Vereinbarung.

    "Das ist ein großes Abkommen, das größte für Kanada überhaupt. Das ist ein historischer Gewinn für Kanada. Denn es erlaubt unserer Wirtschaft den Zugang zu 500 Millionen Verbrauchern."
    Tatsächlich klingen die Zahlen beeindruckend. Laut EU-Kommission sollen gut 99 Prozent der gegenseitigen Zölle wegfallen. Zudem wollen beide Seiten Normen und Standards gegenseitig anerkennen, nicht zuletzt in der Automobilindustrie. Auch das Beschaffungswesen im öffentlichen Sektor soll geöffnet werden. Schon jetzt ist die EU der zweitwichtigste Handelspartner für Kanada. Das Handelsvolumen lag 2012 bei insgesamt 62 Milliarden Euro. Mit diesem neuen Abkommen aber, so Barroso, könne der bilaterale Handel jährlich um gut 23 Prozent oder 25,7 Milliarden Euro gesteigert werden:

    "Die Industriezölle werden faktisch auf null gesetzt. Das heißt für die europäischen Exporteure, dass sie faktisch 500 Millionen Euro an Abgaben jährlich einsparen. Zweitens werden wir auch bei der technischen Regulierung und den Standards viel enger zusammenarbeiten. Das heißt auch geringere Kosten für Unternehmen und Verbraucher in der Europäischen Union und Kanada. Und schließlich werden wir auch den Markt bei der Serviceleistungen öffnen, davon profitieren die Bereiche Finanzen, Telekommunikation, E-Commerce, Energie und Transport."

    Gut vier Jahre haben beide Seiten jetzt verhandelt. Schwierig wurden die Gespräche vor allem bei der Öffnung des Agrarsektors, traditionell ein sehr sensibler Bereich, wie Barroso heute einräumte. Am Ende ist aber eine Liberalisierung zwischen 92 und 94 Prozent angestrebt – bestehende EU-Standards wie etwa auch die geschützten Ursprungsbezeichungen seien nicht gefährdet, hieß es. Umgekehrt fürchten etwa die kanadischen Käseproduzenten die neue Konkurrenz aus Europa. Diese aber, so Harper heute, hätten letztlich nur mit geringen Einbußen zu rechnen:

    "Dieses Abkommen ist in aller Interesse. Es gibt sicherlich auch negative Nebeneffekte für einige Bereiche. Aber ich sage auch immer, es ist nicht perfekt, weil es ein Abkommen ist."
    Die erfolgreichen Verhandlungen zwischen der EU und Kanada gelten zugleich als Vorlage für das geplante Freihandelsabkommen mit den USA, über das beide Seiten derzeit beraten. Noch allerdings ist auch die heutige Vereinbarung noch nicht in trockenen Tüchern. Sowohl die EU-Mitgliedstaaten als auch die kanadischen Provinzen müssen noch zustimmen. Außerdem sind noch nicht alle technischen Details ausgehandelt.