Die Geschichte menschlicher Gesellschaften lebt in ihren Büchern fort, die Geschichte biologischer Arten in ihren Genen. Meist nur in Bruchstücken, Spuren, die sich schwer deuten lassen. Aber manchmal tritt die Vergangenheit plötzlich wieder ans Licht. Ein solches Erlebnis hatte Ehab Abouheif, Professor für Evolutionäre Entwicklungsbiologie an der kanadischen McGill Universität. Er sammelt schon seit 15 Jahren Ameisen der Art Pheidole morrisi.
"Eines Tages sammelten wir wieder Kolonien, um sie ins Labor zu bringen. Und da sahen wir sie: Oh mein Gott, das sind ja monströse Soldatinnen. Die sahen ganz anders aus, als alles, was wir kannten."
Ein Blick in die Lehrbücher zeigte schnell, dass diese Anomalitäten nicht ganz einzigartig sind. Unter den über 1000 Pheidole-Arten finden sich acht, die ständig Supersoldatinnen produzieren. Sie sind mehr als doppelt so groß wie normale Soldatinnen, mit riesigen Köpfen und Kiefern.
"Sie verwenden ihre großen Köpfe um die Eingänge zum Nest zu blockieren, wenn sie von Wanderameisen angegriffen werden. Sie verteidigen sich wie Spartaner."
Die acht Arten mit den Supersoldatinnen finden sich im weitverzweigten Stammbaum der Pheidole-Ameisen an ganz unterschiedlichen Stellen. Evolutionsbiologen schlossen daraus, dass die Ameisen unabhängig voneinander diese besondere Verteidigungsstrategie entwickelt haben. Ehab Abouheif bezweifelt das nun. Wenn eine durchschnittliche Pheidole-Art wie Pheidole morrisi, ganz selten zwar aber doch Supersoldatinnen hervorbringt, dann muss das Potenzial dazu auch in ihrem Erbgut stecken. Und dann müsste es sich auch gezielt wecken lassen. Ehab Abouheif nutze dazu das Juvenilhormon. Dieses Hormon bestimmt bei Ameisen, ob sich aus einer Larve eine Königin entwickelt, eine Arbeiterin oder Soldatin.
"Wir haben eine Pipette genommen und Juvenilhormon auf Larven getropft. So konnten wir Supersoldatinnen erzeugen und das nicht nur bei einer Art, sondern bei ganz verschiedenen überall im Pheidole-Stammbaum."
Offenbar ist das Potenzial für Supersoldatinnen bei allen Pheidole-Arten latent vorhanden. Es kommt nur auf das richtige Timing und die richtige Menge Juvenilhormon an, um es zu aktivieren. Die meisten Arten verzichten darauf, schließlich kostet die Produktion dieser riesigen Tiere viel Energie. Aber wenn die Bedrohung durch Wanderameisen groß ist, kann die Evolution das schlummernde Potenzial recht leicht wieder wecken. Eigentlich sollten nicht genutzte Gene durch zufällige Mutationen schnell überschrieben werden. In diesem Fall ist das aber nicht möglich.
"Das Supersoldatinnen-Potenzial mitsamt seinen Genen und Entwicklungsprozessen kann nicht beseitigt werden, ohne auch die normalen Soldatinnen zu beseitigen. Schließlich sorgt dasselbe Juvenilhormon für die Bildung von Soldatinnen und Supersoldatinnen."
Ehab Abouheif ist davon überzeugt, dass er nicht nur eine weitere Besonderheit der Ameisen entdeckt hat. Überall in der Natur werden Hormone für vielfältige Aufgaben genutzt. Überall gibt es auch Atavismen, die gelegentliche Wiederkehr alter Formen, wie Beine bei Schlangen, Zähne bei Vögeln oder eine Ganzkörperbehaarung bei Menschen. Solche Phänomene wurden als Entwicklungsfehler betrachtet. Das Beispiel der Supersoldatinnen legt aber eine neue Interpretation nahe.
"Die Lehre für die Biologie heißt: Wir haben alle das Potenzial unserer Vorfahren in den Genen."
Nicht komplett und sicher oft nicht vollständig, aber es handelt sich eben nicht nur um nutzlose Relikte, sondern um versteckte Möglichkeiten, die die Evolution bei Bedarf nutzen kann. Anders als die Bücher der Historiker ist das biologische Archiv der Gene wahrhaft lebendig.
"Eines Tages sammelten wir wieder Kolonien, um sie ins Labor zu bringen. Und da sahen wir sie: Oh mein Gott, das sind ja monströse Soldatinnen. Die sahen ganz anders aus, als alles, was wir kannten."
Ein Blick in die Lehrbücher zeigte schnell, dass diese Anomalitäten nicht ganz einzigartig sind. Unter den über 1000 Pheidole-Arten finden sich acht, die ständig Supersoldatinnen produzieren. Sie sind mehr als doppelt so groß wie normale Soldatinnen, mit riesigen Köpfen und Kiefern.
"Sie verwenden ihre großen Köpfe um die Eingänge zum Nest zu blockieren, wenn sie von Wanderameisen angegriffen werden. Sie verteidigen sich wie Spartaner."
Die acht Arten mit den Supersoldatinnen finden sich im weitverzweigten Stammbaum der Pheidole-Ameisen an ganz unterschiedlichen Stellen. Evolutionsbiologen schlossen daraus, dass die Ameisen unabhängig voneinander diese besondere Verteidigungsstrategie entwickelt haben. Ehab Abouheif bezweifelt das nun. Wenn eine durchschnittliche Pheidole-Art wie Pheidole morrisi, ganz selten zwar aber doch Supersoldatinnen hervorbringt, dann muss das Potenzial dazu auch in ihrem Erbgut stecken. Und dann müsste es sich auch gezielt wecken lassen. Ehab Abouheif nutze dazu das Juvenilhormon. Dieses Hormon bestimmt bei Ameisen, ob sich aus einer Larve eine Königin entwickelt, eine Arbeiterin oder Soldatin.
"Wir haben eine Pipette genommen und Juvenilhormon auf Larven getropft. So konnten wir Supersoldatinnen erzeugen und das nicht nur bei einer Art, sondern bei ganz verschiedenen überall im Pheidole-Stammbaum."
Offenbar ist das Potenzial für Supersoldatinnen bei allen Pheidole-Arten latent vorhanden. Es kommt nur auf das richtige Timing und die richtige Menge Juvenilhormon an, um es zu aktivieren. Die meisten Arten verzichten darauf, schließlich kostet die Produktion dieser riesigen Tiere viel Energie. Aber wenn die Bedrohung durch Wanderameisen groß ist, kann die Evolution das schlummernde Potenzial recht leicht wieder wecken. Eigentlich sollten nicht genutzte Gene durch zufällige Mutationen schnell überschrieben werden. In diesem Fall ist das aber nicht möglich.
"Das Supersoldatinnen-Potenzial mitsamt seinen Genen und Entwicklungsprozessen kann nicht beseitigt werden, ohne auch die normalen Soldatinnen zu beseitigen. Schließlich sorgt dasselbe Juvenilhormon für die Bildung von Soldatinnen und Supersoldatinnen."
Ehab Abouheif ist davon überzeugt, dass er nicht nur eine weitere Besonderheit der Ameisen entdeckt hat. Überall in der Natur werden Hormone für vielfältige Aufgaben genutzt. Überall gibt es auch Atavismen, die gelegentliche Wiederkehr alter Formen, wie Beine bei Schlangen, Zähne bei Vögeln oder eine Ganzkörperbehaarung bei Menschen. Solche Phänomene wurden als Entwicklungsfehler betrachtet. Das Beispiel der Supersoldatinnen legt aber eine neue Interpretation nahe.
"Die Lehre für die Biologie heißt: Wir haben alle das Potenzial unserer Vorfahren in den Genen."
Nicht komplett und sicher oft nicht vollständig, aber es handelt sich eben nicht nur um nutzlose Relikte, sondern um versteckte Möglichkeiten, die die Evolution bei Bedarf nutzen kann. Anders als die Bücher der Historiker ist das biologische Archiv der Gene wahrhaft lebendig.