Archiv

Kandidat für Chefposten der US-Notenbank Fed
"Eine strategische und taktische Entscheidung von Trump"

US-Präsident Donald Trump will den früheren Finanzinvestor Jerome Powell zum Chef der US-Notenbank machen. Powell stehe für einen gemäßigten Kurs, sagte der Politikwissenschaftler Jackson Janes im Dlf. Trump gehe es bei dieser Personalie vor allem darum, wirtschaftliche Stabilität als seinen eigenen Erfolg ausgeben zu können.

Jackson Janes im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Im Rosengarten des Weißen Hauses nominierte US-Präsident Donald Trump den 64-jährigen Jerome Powell als Kandidaten für den Chefposten der US-Notenbank Fed.
    Im Rosengarten des Weißen Hauses nominierte US-Präsident Donald Trump den 64-jährigen Jerome Powell als Kandidaten für den Chefposten der US-Notenbank Fed. (imago/MediaPunch)
    Tobias Armbrüster: Es ist einer der wichtigsten Posten in der amerikanischen Politik, ein Posten, der über milliardenschwere Geldströme entscheidet und damit letztendlich auch über die wirtschaftliche Entwicklung im Rest der Welt, auch bei uns in Deutschland. Wir reden über den Chefposten bei der amerikanischen Zentralbank, der Federal Reserve in New York. Knapp vier Jahre lang stand dort Janet Yellen an der Spitze, eingesetzt vom damaligen Präsidenten Obama. Gestern nun hat Präsident Donald Trump ihren wahrscheinlichen Nachfolger präsentiert. Es ist der 64-jährige Jerome Powell, ein früherer Investmentbanker. Seit fünf Jahren sitzt er bereits im Gouverneursrat der Fed. Er kennt das Haus also schon sehr genau. Was genau dieser Wechsel bedeutet, das können wir jetzt besprechen mit einem der besten Kenner der amerikanischen Politik. Am Telefon ist Jackson Janes von der Johns Hopkins University in Washington. Schönen guten Morgen!
    Jackson Janes: Guten Morgen!
    Armbrüster: Jerome Powell, ist das jetzt ein Mann sozusagen auf einer Wellenlänge mit Donald Trump?
    Janes: Nicht in allen Dimensionen. Ich glaube, der ist eine Mischung. An sich ist er eine Bestätigung für Trump, ich habe meinen Mann sozusagen selber ausgewählt, und dann ist das noch ein Signal, dass ich hier Herr im Hause bin. Janet Yellen hätte eigentlich noch eine Amtszeit machen können. Das ist in der Regel der Normalfall. Aber er wollte auf jeden Fall sagen, ich haue hier mal jemand rein, der bei mir eher zuhause ist als Republikaner.
    Ich glaube, auf der anderen Seite ist er eine gemäßigte ruhige Hand, wenn man so will, eine Stimme in einer sehr turbulenten Zeit. Insofern ist er befreundet mit der Business Community in New York, wo er auch sehr viel Geld verdient hat, aber gleichzeitig in Washington aufgewachsen, beruflich als auch regelrecht. Insofern eine strategische und taktische Entscheidung von Trump.
    Armbrüster: Was könnte sich denn mit ihm ändern?
    Janes: Nicht viel! Auf jeden Fall nicht viel momentan. Weil jetzt haben wir im Moment eine Aktienbörse, die bei 23.000 ist, und es kann ja noch höher gehen, und Trump will jetzt sagen: Ich habe das jetzt mehr oder weniger in Gang gebracht. Irgendwie das zu gefährden momentan mit einer riesigen Zinserhöhung oder so auf einen Schlag, das kommt nicht in Frage. Insofern ist wahrscheinlich eine Kontinuität eher zu gewährleisten, so wie bei Yellen. Nur der Unterschied wäre, dass er wahrscheinlich in mäßiger Weise die Regulierungsmaßnahmen, die in Gang gesetzt wurden nach 2008/2009, einigermaßen abbauen wird. Aber nicht sofort und über eine längere Zeit.
    Armbrüster: Das heißt, Das Geldverdienen an der Wall Street, das könnte unter Jerome Powell wieder leichter werden?
    Janes: Auf jeden Fall. Es geht um die Frage, dass man sagt, wir sind hier einen Schritt zu weit gegangen mit der Regulierung, und ich könnte mir vorstellen, dass er hier und da was unterstützt, nicht nur in der Fed, sondern auch im Kongress. Aber auf jeden Fall: Ich sehe nicht unbedingt eine geballte Änderung in den nächsten Jahren.
    "Wir haben eigentlich eine sehr energische Marktanlage"
    Armbrüster: Das heißt auch, dass die Politik der langsamen, mäßigen Zinserhöhungen, die Janet Yellen ja eingeleitet hat, dass die auch weitergeht?
    Janes: Ja, weil ich meine, momentan haben wir dank dieser Aktivitäten in den letzten Jahren eine ziemlich niedrige Arbeitslosigkeit. Wir haben eigentlich eine sehr energische Marktanlage jetzt momentan. Das will der Präsident natürlich nicht stören. Wir haben ja übrigens Wahlen in einem Jahr. Er möchte gerne, dass das fortgesetzt wird, und insofern kann er nicht riskieren, dass auf einen Schlag alles anders wird. Da waren auch andere Leute, die in Frage gekommen wären für diese Stelle, aber er hat hier jemand, der wahrscheinlich so eine Art Seiltanz macht in den nächsten zwei bis drei Jahren.
    Armbrüster: Können wir denn davon ausgehen, dass Jerome Powell tatsächlich durchkommt, dass er im Senat auch die Zustimmung des anderen politischen Lagers, der Demokraten bekommt?
    Janes: Ich denke ja. Ich meine deswegen, weil er tatsächlich nicht sehr umstritten ist. Er ist in diesem Federal Reserve Rahmen schon mal gewesen in den letzten Jahren und hat schon zweimal das mehr oder weniger bestätigt. Insofern glaube ich nicht, dass das eine Frage ist. Er kommt durch.
    Armbrüster: Nach seiner Persönlichkeit, da muss man ja bei Donald Trump immer bei solchen Personalentscheidungen fragen. Können die beiden gut miteinander zurechtkommen?
    Janes: Es kommt wahrscheinlich darauf an, auf welcher Ebene. Ich meine, der Mann ist natürlich der erste seit ungefähr, glaube ich, 40 Jahren, der nicht aus den sogenannten akademischen Kreisen herkommt. Er hat ja keinen Doktor in Wirtschaftswissenschaft. Das ist insofern vielleicht eine Widerspiegelung von Trumps Entscheidung. Er ist jemand, der auch in der Business Community sehr erfolgreich war. Er ist ein unheimlich reicher Mann übrigens. Insofern glaube ich, das ist so eine Art Kumpel für Trump in dem Sinne, dass sie einen gemeinsamen Nenner finden können.
    Armbrüster: Ein anderer schwerreicher Millionär in seiner Riege der Entscheidungen?
    Janes: Ja, so wie der Secretary of Commerce. Ich meine, das passt ziemlich in das Muster rein.
    Armbrüster: Dann ist natürlich für uns immer die Frage hier in Deutschland. Was ändert sich mit diesem Mann, mit dieser ja doch sehr wichtigen Personalie, eigentlich weltweit wichtigen Personalie, was ändert sich für uns in Europa oder hier in Deutschland?
    Janes: Das ist noch zu sehen. Sie haben ja selber einen Wechsel bald vor sich. Sie kriegen ja auch einen neuen EZB-Chef in den nächsten zwei Jahren. Insofern ist wahrscheinlich die Abmachung zwischen Europa und Amerika noch zu finden. Aber ich glaube, die Art und Weise, wie dieser neue Mann seine Karriere und seine Erfahrung in der Fed gemacht hat, ich schließe daraus, dass er schon einen gemeinsamen Nenner finden will mit Europa, allein diese Tatsache zu gewährleisten. Das, was wir wirtschaftlich jetzt in Amerika momentan haben, kann sich ja auch ändern, und zwar schnell. Aber dass das eigentlich ein gemeinsamer Nenner ist sowohl für Frankfurt als auch für Washington.
    "Das ist ein Risiko für beide Seiten, für Trump und auch für Powell"
    Armbrüster: Und die lockere Geldpolitik in den USA, die spielt Donald Trump weiter in die Hände. Kann man das so sagen?
    Janes: Es wäre wahrscheinlich zu erwarten, dass er hier nicht viel riskieren will in den nächsten Jahren. Vergessen wir nicht: Das ist eine sehr politische Angelegenheit, diese Entscheidung. Ich sagte vorhin, er möchte gerne seinen eigenen Stempel auf der Feld haben durch diese Benennung. Aber er hat ja ein enormes Investment in dem Sinne, dass er das, was jetzt momentan wirtschaftlich läuft… - er will dann auch behaupten, dass er das in Gang gesetzt hat. Das stimmt eigentlich nicht, aber er will das sozusagen prononcieren, und mit diesem Mann kann er das machen. Er möchte insofern nicht riskieren, dass irgendwo dann eine Bubble zerbrochen wird. Das ist ein Risiko für beide Seiten, für Trump und auch für Powell.
    Armbrüster: … sind die Einschätzungen des amerikanischen Politikwissenschaftlers Jackson Janes. Vielen Dank, Herr Janes, für das Gespräch heute Morgen.
    Janes: Gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.