Mit sieben denkbaren Kandidaten hat Präsident Trump in der vergangenen Woche gesprochen – vier sind nun in der engeren Wahl: Sie heißen Thomas Hardiman, Coney Barrett, Brett Kavanaugh oder Raymond Kethledge. Gemeinsam ist ihnen allen ihre äußerst konservative Grundhaltung. Viele sagen: Alle Kandidaten für den bereits zweiten Richterposten am Supreme Court, den Donald Trump in seiner erst eineinhalbjährigen Amtszeit besetzen kann, stehen politisch und ideologisch am rechten Rand. Das würde Donald Trump indes niemals so sagen – er nennt sein Kandidatenquartett ausnahmslos "außergewöhnlich geeignet".
Zur besten Sendezeit um 21.00 Uhr Ortszeit, 3.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit am Dienstagmorgen, wird Donald Trump seine Entscheidung verkünden – und alle großen Fernsehsender werden ihr Programm dafür unterbrechen. Der Richterposten am Obersten Gerichtshof gilt als die politisch wichtigste Personalie, über die Donald Trump entscheiden kann. Die Möglichkeit, die konservative Machtbasis der Republikaner damit nachhaltig festigen zu können, ist Donald Trump gewissermaßen in den Schoß gefallen, nachdem der fast 82-jährige Verfassungsrichter Anthony Kennedy unlängst seinen Rücktritt angekündigt hatte. Damit habe Kennedy ihm sein Vertrauen ausgesprochen, dass er schon die richtige Entscheidung treffen werde, lobte Trump den scheidenden Verfassungsrichter.
Eine Marionette rechtsgerichteter Ideologen?
Mit Donald Trump im Weißen Haus und der Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses bietet sich dem konservativen Lager in den USA nun die Möglichkeit, auch noch die Mehrheit im Supreme Court auszubauen. Weil die Richterposten auf Lebenszeit vergeben werden, ist das eine veritable Zukunftsentscheidung für die Rechtsprechung in den Vereinigten Staaten. Sie war von langer Hand geplant worden - von einer rechtslastigen Juristenvereinigung namens Federalist Society, die ihre Kandidaten über Jahrzehnte in Positur brachte und Donald Trump bereits im Wahlkampf die Liste ihrer Favoriten vorlegte. Der Präsident habe diese Personalentscheidung an die Federalist Society "outgesourced", wetterte am Wochenende der demokratische Senator Richard Blumenthal. Noch nie habe er einen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika erlebt, der sich selbst zur Marionette rechtsgerichteter Ideologen gemacht habe, sagte Blumenthal dem Fernsehsender ABC.
Die Befürchtung der Demokraten ist nun, dass die republikanische Mehrheit im Obersten Gerichtshof die gesellschaftlichen Fortschritte wieder zurückschrauben könnte, die einst mit demokratischen Mehrheiten durchgesetzt wurden: das weit gefasste Abtreibungsrecht etwa. Oder die gleichgeschlechtliche Ehe. Beides Themen, die im konservativen Wählerspektrum mit geradezu religiösem Eifer diskutiert und angeprangert werden. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren befürchtet, dass mit der rechtskonservativen Machtfülle am Supreme Court Abtreibungen kriminalisiert und Frauen abgestraft werden sollen.
Druck auf Demokraten
Die Demokraten haben es bis heute nicht verwunden, dass ihnen in der Amtszeit Barack Obamas ein Sitz im Supreme Court geklaut wurde, wie sie sagen. Weil die Republikaner damals sogar die Anhörung des demokratischen Kandidaten verweigerten, konnten sie die Besetzung dieses Postens in die Amtszeit Donald Trumps hinüberretten. Gleichwohl ist die republikanische Mehrheit im Senat hauchdünn - weil John McCain wegen seiner Krebserkrankung nicht mit abstimmen kann, verfügen die Republikaner dort nur über eine einzige Stimme Mehrheit. Deshalb machen sie Druck auf jene Demokraten, die aus roten – sprich mehrheitlich republikanischen – Bundesstaaten kommen und wiedergewählt werden wollen. Wenn sie ihre Zustimmung für den republikanischen Kandidaten verweigerten, könnte das zu einem politischen Albtraum für sie werden, drohte ihnen Lindsey Graham aus South Carolina.
Vor dem Hintergrund der ideologisch aufgeladenen Debatte und der abgrundtiefen Gräben zwischen den Parteien gilt es indes als unwahrscheinlich, dass es den Demokraten gelingen könnte, die Abstimmung über den neuen Richter im Supreme Court bis November hinauszuzögern - wenn sie bei den Zwischenwahlen möglicherweise die Mehrheit in einer der beiden Kammern des Kongresses zurückerobert haben.