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Neuer Präsident Neuendorf
Kann der Neuanfang beim DFB gelingen?

Seit vielen Jahren steckt der DFB in der Krise. Nun soll Bernd Neuendorf den Verband als neuer Präsident befrieden. Helfen könne ihm, dass der umstrittene Rainer Koch keinen Platz im Präsidium mehr hat. Eine Analyse des DFB-Bundestags mit den Journalisten Oliver Fritsch und Jan Christian Müller.

Oliver Fritsch und Jan Christian Müller im Gespräch mit Matthias Friebe |
Ein Schild mit dem Logo des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hängt vor dem Eingang zur DFB-Zentrale (Aufnahme mit Dreheffekt).
Der Deutsche Fußball-Bund muss sich neu aufstellen. Erneut wird ein Präsident gesucht. (picture alliance/dpa)
"Es ist ein deutlicherer Neuanfang, als man ja allgemein erwartet hatte", meint Jan Christian Müller von der Frankfurter Rundschau. DFB-Vizepräsident Rainer Koch habe sich demaskiert und sein Demokratieverständnis offenbart, als er die Delegierten dazu aufforderte, ihn oder gar nicht zu wählen. Koch verlor daraufhin klar gegen Silke Sinning. "Und das macht auf jeden Fall den Neuanfang für Bernd Neuendorf und auch für Aki Watzke, den neuen starken Mann in der Deutschen Fußball-Liga, einfacher."
Der neue DFB-Präsident Bernd Neuendorfer habe in Interviewrunden erkennen lassen, dass er zuhören könne und wolle, viele Menschen einbinden wolle und strukturiert denke und arbeite, meint Oliver Fritsch von der Zeit. Neuendorf mache den Eindruck als könne er dem DFB ein freundliches Gesicht geben.
Neuendorfs starkes Ergebnis mit fast 80 Prozent der Stimmen habe er erwartet, sagt Müller. Selbst im Profilager habe Gegenkandidat Peter Peters nur bei den Topvereinen wie Bayern München oder Borussia Dortmund Rückendeckung gehabt.

Vieles ungeklärt in den Affären

Rainer Koch hingegen ist zunächst in den internationalen Verbänden UEFA und FIFA noch der Vertreter des DFB und bleibt es auch, wenn der Verband nicht beantragt, ihn abzulösen. Die Entscheidung, eine Entscheidung über Koch nicht sofort zu treffen, wie Neuendorf das angekündigt hat und nun erst einmal mit Koch zu sprechen, halte er für sinnvoll, sagt Müller. Menschlich habe Koch ihm leid getan, als er ziemlich derangiert den Saal verließ. Für Kochs Zukunft ist sicher auch die Aufklärung des Skandals um den Auftrag an den Medienberater Kurt Dieckmann ein entscheidender Faktor.
Oliver Fritsch sagt dazu: "Ich nehme Bernd Neuendorf erstmal ab, dass er das aufklären will, was aufzuklären ist. Man muss natürlich auch erst mal sehen, was die Staatsanwaltschaft da überhaupt herausfindet. Denn die ist natürlich auch Partei und ist keine neutrale Instanz. Man darf auch nicht vergessen: Der Beschluss zur letzten Razzia ist aus dem Dezember. Vor der Tür stand sie im März, 1, Woche oder zehn Tage vor dem DFB-Bundestag. Das ist vielleicht auch ein Zeichen, dass sie natürlich mit der Öffentlichkeit spielen."
Bei der Sommermärchen-Affäre sehe er kaum noch eine Möglichkeit, dass das endgültig geklärt werde, inwieweit die WM-Ausrichtung erkauft war, meint Müller. Und ähnlich wie Fritsch nimmt bei weiteren Vorwürfen der Steuerhinterziehung auch Müller die Staatsanwaltschaft in die Pflicht: "Da läuft noch immer ein Steuerverfahren gegen ehemalige Funktionäre - seit Jahren. Und nichts ist dabei rausgekommen."

Zu wenig Geld für den Breitensport

Für Fritsch ist ein generelles, großes Problem des DFB, dass der Amateurbereich zu wenig Mittel bekommt und stattdessen das Geld zugunsten der reichen, großen Klubs umverteilt werde. Es müsse die Zukunftsaufgabe von Bernd Neuendorf sein, einen neuen Grundlagenvertrag zu erreichen und eher in den Breitensport zu investieren als in die Bundesliga, deren Vereine dann international doch meistens früh scheiterten.
Müller schließt an und erklärt, dass die Amateurvereine das Geld allerdings zweckgebunden für die Trainerausbildung und den Kinderfußball bekommen sollten, damit nicht nur in die ersten Mannschaften investiert würde. Wichtig sei auch, dass der Profibereich, also die Deutsche Fußball-Liga und der DFB gut miteinander arbeiteten, was in den vergangenen Jahren nicht der Fall gewesen sei. Der hemdsärmelige Watzke und der nachdenkliche Neuendorf könnten möglicherweise in ihrer Unterschiedlichkeit ein gutes Gespann bilden.
Fritsch lobt die Wahl von fünf Frauen ins Präsidium, immerhin ein Drittel der Posten, was eher mehr sei, als im Durchschnitt der Vereine: "Der DFB muss sich jetzt nicht mehr anhören, dass er Frauen völlig ignoriert. Ich finde schon, dass das einfach auch ein gutes Zeichen ist für Diversität. Und das ist was Neues beim DFB, der DFB als Role-Model."