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Kanzlerin Merkel bei US-Präsident Trump
"Klarmachen, dass freier Handel für beide Seiten das Richtige ist"

Der Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, Bernhard Mattes, plädiert für einen Ausbau des Freihandels zwischen Europa und den USA. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse deswegen bei ihrem Gespräch mit US-Präsident Donald Trump verdeutlichen, wie wichtig die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen für die US-Wirtschaft seien, sagte er im DLF.

Bernhard Mattes im Gespräch mit Jessica Sturmberg |
    Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Ford GmbH, Bernhard Mattes.
    Bernhard Mattes, Präsident der American Chamber, der größten bilateralen Wirtschaftsvereinigung. (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    Jessica Sturmberg: Zweiter Anlauf für das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump. Es geht vor allem um die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen. Das zeigt sich schon daran, dass Angela Merkel die Unternehmenschefs von Siemens, Schaeffler und BMW mitgenommen hat. Darüber spreche ich jetzt mit Bernhard Mattes, Präsident der American Chamber, der größten bilateralen Wirtschaftsvereinigung. Herr Mattes, guten Tag!
    Bernhard Mattes: Guten Tag, Frau Sturmberg!
    Sturmberg: Herr Mattes, noch ist ja nicht wirklich etwas kaputt gegangen. Bisher ist es vor allem die Sorge, dass etwas kaputt gehen könnte. Die Bundeswirtschaftsministerin, Brigitte Zypries, sagte dazu heute Morgen bei uns im Programm:
    O-Ton Brigitte Zypries: "Wir sind ja ein bisschen in einer Situation 'in between'. Es gibt Ankündigungen, aber es gibt ja keinerlei reales Verhalten. Aber für die Wirtschaft natürlich ist Unsicherheit in dieser Form immer Gift. Deswegen geht es darum, eine verlässliche Basis zu schaffen, zu sagen, hier ist die Ebene, auf der wir sinnvoll verlässlich Handel treiben können."
    Sturmberg: Was kann, was sollte Angela Merkel im jetzigen Stadium tun?
    Mattes: Erstens mal: Das, was sie tut, nämlich das persönliche Gespräch mit der US-Administration und dem Präsidenten aufzunehmen, ist ganz, ganz wichtig. Zum zweiten, deutlich zu machen, was die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen erreicht haben und wie wichtig das für die US-Wirtschaft ist. Ein Beispiel: Deutsche Tochtergesellschaften haben in 2015 knapp 700.000 US-Arbeitsplätze abgesichert und weit über 200 Milliarden an Investitionen in den USA getrieben. All das, was der Präsident und seine Administration wollen, nämlich die amerikanische Wirtschaft stärken, dazu trägt die deutsche Wirtschaft enorm bei, und das geht nur, wenn man das barrierefrei ohne Handelshemmnisse macht.
    "Es hat immer wieder Handelsdefizite in den USA gegeben"
    Sturmberg: Muss Angela Merkel da heute ein bisschen Nachhilfeunterricht geben?
    Mattes: Ich würde es nicht als Nachhilfeunterricht bezeichnen. Aber es gibt genügend Beispiele und genügend Daten und Fakten, die aufzeigen, wie vital diese Beziehungen sind und wie wichtig sie für die jeweiligen Volkswirtschaften und die Arbeitsplätze in den Ländern sind.
    Sturmberg: Donald Trump wirft Deutschland immer wieder vor, sich über einen künstlich schwachen Euro Exportvorteile zu verschaffen. Die Bundesregierung, insbesondere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das nicht der Fall ist. Die EZB ist unabhängig und macht eine Geldpolitik für 19 Euroländer, die ja in sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen stecken. Ist das bisher eine atmosphärische Angelegenheit, über die man so hinweggehen kann?
    Mattes: Nein, da wird man nicht drüber hinweggehen. Da wird man drüber reden. Auch die G20-Finanzminister, die ja jetzt zeitgleich tagen, haben das Thema aufgenommen. Hier ist aber auch noch mal klar geworden, dass es keine Währungsmanipulation gibt, das ist eine vollkommen unabhängige Währungspolitik hier in Deutschland und in Europa, und dass freier Handel viel wichtiger ist, als sich über diese Thematik auseinanderzusetzen. Von daher gesehen sehe ich das als einen Punkt, der ausgesprochen werden muss, aber uns nicht weiter beschäftigen sollte.
    Sturmberg: Schauen wir doch noch mal auf den Aspekt inhaltlich. Ist es denn tatsächlich so ein großes Problem für die USA, wenn sie mehr Waren aus Deutschland bezieht als dorthin exportiert? Man könnte doch auch sagen, wenn die Amerikaner selbst ein hohes Bruttoinlandsprodukt aufweisen, können sie sich auch mehr deutsche Waren leisten.
    Mattes: Genau das ist der Fall, wenn man auch in die Historie schaut. Es hat immer wieder Handelsdefizite in den USA gegeben und insbesondere in Zeiten, wo die US-Wirtschaft, die Binnennachfrage stark war, hat man auch noch mehr Güter aus dem Ausland nachgefragt, und da waren dann die Defizite auch größer. Eher sind die Defizite ein Zeichen von starker US-Konjunktur gewesen und insofern auch kein Nachteil für die Menschen, wenn es um Arbeitsplätze geht, denn wir haben heute auch mehr oder minder Vollbeschäftigung in den USA, und das zu einer Zeit, wo wir wieder ein Handelsbilanzdefizit sehen, aber das kommt aus der starken Binnennachfrage und der Nachfrage nach Importgütern.
    "Das ist die richtige Plattform für die Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks"
    Sturmberg: Herr Mattes, es gibt ja viele Themen, wo der Schuh gerade drückt. Vor allem die angekündigte "Border Tax", also eine Grenzsteuer oder ein Importzoll. Wenn diese Themen heute verhandelt werden, welche Aussicht geben Sie dem? Kommt das oder kommt das nicht? Was kann da heute erreicht werden?
    Mattes: Ich glaube, heute kann erreicht werden, dass man sich über diese Punkte dahingehend verständigt, dass man über die und ihre Auswirkungen weiter redet. Ich glaube nicht, dass man heute von der US-Administration erwarten kann, dass sie alles vom Tisch fegt, was sie in den letzten Wochen angekündigt hat, worüber sie sich Gedanken macht, woran sie arbeitet. Aber die Öffnung, mit den Partnern, wie zum Beispiel mit Deutschland, mit der EU über die Auswirkungen zu sprechen, um dann gegebenenfalls Änderungen des Plans vorzunehmen, das ist das Thema, was man erreichen muss: Die Offenheit, über die strittigen Punkte weiter zu reden.
    Sturmberg: Geht es denn in erster Linie darum, die Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen zu verhindern, oder kann aus dem Treffen auch was Produktives erwachsen?
    Mattes: Und da sehe ich die Chance ganz genau. Es gilt, auf der einen Seite klar zu machen, dass freier und fairer Handel für beide Seiten das richtige ist und dass wir ihn nicht begrenzen, sondern eher weiter ausbauen sollten. Das heißt, dass wir auch diesen freien Handel auf eine noch höhere Stufe für die Zukunft stellen können, indem wir uns zum Beispiel wieder in die Gespräche begeben, eine Freihandelszone zwischen den USA und Europa zu errichten. Das ist das, was wir für die Zukunft brauchen; das ist die richtige Plattform für die Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks.
    Sturmberg: Also heute sozusagen die Saat setzen?
    Mattes: Ja, so kann man es ausdrücken.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.