"Quadrell"
Kanzlerkandidaten diskutieren über Migration, Geld und die Ukraine

Eine Woche vor der Bundestagswahl haben die vier Kanzlerkandidaten bei den Sendern RTL und NTV miteinander diskutiert. Im Mittelpunkt standen die Themen Migration, Wirtschaft, Steuern und Ukraine.

    Olaf Scholz, Robert Habeck, Friedrich Merz und Alice Weidel stehen an Redepulten auf einer TV-Bühne, im Vordergund zu sehen sind die beiden Moderatoren Pinar Atalay und Günther Jauch.
    TV-Bild vom sogenannten "Quadrell" bei RTL und NTV (Kay Nietfeld / dpa-Pool / dpa )
    Bundeskanzler Scholz verwies auf einen ersten Abschiebeflug nach Afghanistan vor einigen Monaten, auf den weitere folgen würden. Unions-Kanzlerkandidat Merz hielt dem entgegen, die Zahl der Abschiebungen sei viel zu gering, während zugleich die Zahl der neu einreisenden Asylbewerber viel zu groß bleibe.
    Die Kandidatin der AfD, Weidel, sprach von einer Erosion der Inneren Sicherheit und einem Kontrollverlust des Staates, den die Menschen im Land nicht mehr haben wollten. Der Grünen-Politiker Habeck verteidigte unter anderem den Nachzug von Familien für Migranten mit Bleibeperspektive, der mit illegaler Migration nichts zu tun habe.

    Wirtschaftspolitik: Investitionsprämie, Steuerentlastung, Bürokratieabbau

    In der Wirtschaftspolitik sprach sich der CDU-Vorsitzende Merz für breite Steuerentlastungen für sowohl Einkommensbezieher als auch Unternehmen aus. Außerdem kündigte er für den Fall einer Regierungsübernahme einen Abbau von Bürokratie an. Bundeskanzler Scholz erklärte, wer besonders viel verdiene, sollte künftig auch mehr Steuern zahlen müssen. Das gelte insbesondere in einer Zeit, in der dem Staat - Zitat - "vorne und hinten das Geld" fehle.
    Habeck und Scholz warfen Union, AfD und FDP vor, sie wollten vor allem die Besserverdienenden entlasten. Habeck sagte, es gehe um die Frage, ob es eine Politik geben sollte, "für die, die es schon haben, oder für die, die es dringlicher brauchen". Der Grünen-Politiker verwies auf ein Gerechtigkeitsproblem, weil Reiche hierzulande immer reicher würden. Daneben stellte er sinkende Energiepreise durch einen wachsenden Anteil erneuerbarer Ressourcen in Aussicht. Scholz und Habeck warben zudem für eine Investitionsprämie, um der Wirtschaft einen Schub zu geben.
    AfD-Kandidatin Weidel sprach sich für eine Anhebung von Freibeträgen aus. Dies sorge auch bei niedrigen Gehältern für Entlastung. Sie will außerdem sowohl das EEG und Subventionen für erneuerbare Energien abschaffen als auch die CO2-Abgabe.

    Ukraine-Politik: Kluft zwischen AfD und den anderen Parteien

    In der Debatte über den russischen Überfall auf die Ukraine zeigte sich eine deutliche Kluft zwischen SPD, Union und Grünen einerseits und der AfD andererseits. AfD-Co-Chefin Weidel kritisierte, Deutschland werde wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine von Russland nicht mehr als neutral wahrgenommen. Sie lobte die Ukraine-Politik von US-Präsident Trump und sagte auf die Frage nach ihrem Verhältnis zu Russland, "wir haben Freunde in West und Ost". Unions-Kanzlerkandidat Merz sagte dagegen: "Wir sind nicht neutral. Wir sind auf der Seite der Ukraine, wir verteidigen die politische Ordnung, die wir haben."
    Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck betonte, dass die Parteien der Mitte in der Ukraine-Politik im Grundsatz einig seien und nur über die Mittel der Hilfe für die Ukraine streiten. Er warf der AfD zu große Nähe zu Russland vor. Kanzler Olaf Scholz betonte, dass es eine Reform der Schuldenbremse brauche, um nicht nur die Bundeswehr besser auszustatten, sondern auch die ukrainische Armee in der Zukunft mit zu finanzieren. Das müsse man den Bürgern vor der Wahl auch sagen.

    Merz verteidigt Brandmauer

    Merz verteidigte die Abgrenzung der Union zur AfD. Er richtete sich direkt an Weidel und sagte: "Sie sind eine rechtsradikale Partei, zum großen Teil rechtsextremistisch." Mit dieser Partei werde es keine Zusammenarbeit geben."
    Zugleich wies der Unions-Kanzlerkandidat Äußerungen von US-Vizepräsident Vance zum Umgang mit der AfD zurück. Er verbitte sich Einmischungen in die deutsche Bundestagswahl und in die Regierungsbildung danach. Ähnlich äußerte sich Grünen-Kandidat Habeck. Vance hatte bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, für Brandmauern sei kein Platz und vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt.
    Auch Scholz schloss eine Zusammenarbeit demokratischer Parteien mit der extremen Rechten aus und verwies im Zusammenhang mit der AfD auf die Geschichte des Nationalsozialismus. Er erinnerte an Aussagen des AfD-Ehrenvorsitzenden Gauland, der im Juni 2018 gesagt hatte: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte". Später bezeichnete Gauland seine Äußerung als "missdeutbar und damit politisch unklug".
    Weidel nannte den Hinweis auf den Nationalsozialismus "skandalös" und beleidigend. Zu Gaulands Äußerung wollte sie sich auch auf mehrere Nachfragen der Moderatoren nicht äußern. Sie bemängelte ihrerseits ein "unverschämtes Framing gegenüber der Alternative für Deutschland", die sie "eine freiheitlich konservative Partei" nannte.
    Die vier Kandidaten stellten sich insgesamt zwei Stunden lang Fragen zur Zukunft Deutschlands und wesentlichen Themen des Wahlkampfs.
    Diese Nachricht wurde am 17.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.