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Kanzlerkandidatur
JU-Chef Kuban: Mit der Urwahl die Parteibasis mitnehmen

Der Junge Union-Vorsitzende Tilman Kuban hat seinen Vorschlag einer Urwahl für die Kanzlerkandidatur der Union im Dlf verteidigt: Er wolle einen "offenen Prozess", der von den Verantwortlichen der Kreis- und Bezirksverbände geführt werde. Der Vorstoß richte sich nicht gegen die CDU-Vorsitzende.

Tilman Kuban im Gespräch mit Sandra Schulz |
Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU) bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl
Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU) bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl (dpa / Christophe Gateau)
Sandra Schulz: Plangemäß sind die nächsten Bundestagswahlen im Herbst in zwei Jahren. Was bis dahin unplangemäß passiert, ob die Koalition hält, ob die SPD mit neuer Spitze im Dezember sagt, wir sind raus, das ist im Moment völlig offen. Darum liegt die Frage nach der nächsten Kanzlerkandidatur auch für die Union einerseits noch recht fern, könnte aber auch kurzfristig vor der Tür stehen.
Die Jugendorganisation von CDU und CSU, die Junge Union, die setzt das Thema jetzt indirekt auf die Agenda ihres Deutschlandtages, ihres Treffens in Saarbrücken, das heute Nachmittag beginnt, und will darüber abstimmen, ob der oder die nächste Kanzlerkandidat oder Kanzlerkandidatin per Urwahl gekürt werden soll. Das Treffen beginnt wie gesagt heute und wir können darüber in den kommenden Minuten sprechen mit dem Vorsitzenden der Jungen Union. Schönen guten Morgen, Tilman Kuban.
Tilman Kuban: Guten Morgen, Frau Schulz!
"Ich bin damit angetreten, dass wir eine Mitmach-JU werden"
Schulz: Warum fängt die Junge Union nicht bei sich an und bestimmt erst mal ihren Vorsitzenden oder ihre Vorsitzende per Urwahl?
Kuban: Wir sind jederzeit bereit dazu, auch mehr eigene Basisbeteiligung einzubringen. Ich bin damit angetreten, dass wir eine Mitmach-JU werden, und genau dafür stehe ich ein. Das Ganze wird natürlich auch bei uns intern sehr heiß diskutiert und jetzt gibt es einen Antrag von mehreren Bezirks- und Kreisverbänden, die einfordern, dass der nächste Kanzlerkandidat, nicht der nächste Parteivorsitzende in Urwahl gewählt wird. Darüber werden wir diskutieren. Es gibt noch weitere Anträge, die beispielsweise eine Befragung oder auch eine Urwahl von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur fordern, aber da gibt es natürlich schon noch einen gewissen Unterschied.
"Die Urwahl jetzt das richtige Instrument"
Schulz: Sie werden darüber diskutieren. Aber Sie haben ja die Sympathie für so eine Urwahl schon anklingen lassen. Warum?
Kuban: Ich persönlich habe immer gesagt, dass das eine Entscheidung ist, die genauso, wie ich mir das auf CDU-Ebene wünsche, die Parteibasis mitnimmt und dass wir dort darüber diskutieren. Ob die Urwahl jetzt das richtige Instrument ist, ob wir eine Befragung, ob wir eine Abstimmung brauchen, darüber werden wir diskutieren. Ich werde persönlich keine Meinung vorgeben, sondern ich will einen offenen Prozess, weil ich finde, dass dieser geführt werden muss auch gerade von denjenigen, die vor Ort in den Kreis- und in den Bezirksverbänden die Verantwortung haben.
"Wir fordern ein klares Verfahren ein"
Schulz: Aber es sagen jetzt ja viele, dass so eine Urwahl, dass die nur Selbstbeschäftigung bringt. Die Sozialdemokraten, die kennen sich damit ein bisschen besser aus. Das fürchten Sie nicht?
Kuban: Die Sozialdemokraten zeigen gerade, wie man ein chaotisches Verfahren führt, indem man erst mal über Wochen darüber diskutiert, wer von den Spitzenpolitikern die Reise nach Jerusalem eigentlich verliert und wer dann antreten muss. Am Ende muss es dann Herr Scholz sein. Wir haben hingegen beim letzten Mal gezeigt, nämlich im Herbst, dass wir ein sehr geordnetes Verfahren haben, dass nach zwei Tagen feststand, wer die drei Kandidaten sind, dass wir anschließend acht anstatt 23 Regionalkonferenzen gemacht haben, und genau so einen geordneten Prozess, den kann man führen, wenn man ein klares Verfahren hat, und genau das fordern wir ein.
Rückenwind von Stoiber, zu Guttenberg
Schulz: Aber Sie haben ja die CDU-Parteispitze gerade nicht per Urwahl besetzt. – Wenn wir jetzt noch mal auf die kritischen Stimmen auch aus CDU und CSU gucken, speziell auf die CSU. Ist denen das überhaupt als faires Verfahren zu verkaufen, einem Landesverband, der nur in einem Bundesland antritt?
Kuban: In der CSU wird es mit Sicherheit auch starke Stimmen geben, die eine Urwahl einfordern. Wir kennen die Stimmen von Edmund Stoiber, auch von Karl-Theodor zu Guttenberg – alles Persönlichkeiten, die am Ende auch sehr beliebt waren innerhalb der CDU. Und ein CSU-ler wird mit Sicherheit auch kein Kanzler, wenn er nicht eine breite Rückendeckung innerhalb der CDU hat. Deswegen halte ich das nicht für falsch, sondern sehe das als Ansporn, auch gemeinsam als CDU und CSU voranzugehen. Die Junge Union Bayern hat im Übrigen auch schon einen Antrag zur Urwahl bei ihrer letzten Landesversammlung beschlossen und wird den auch beim CSU-Parteitag einbringen.
"... dass AKK unsere Parteivorsitzende ist oder eben nicht"
Schulz: Jetzt braucht es nicht wahnsinnig viel, um darauf zu kommen, dass Sie mit dieser Initiative eigentlich Ihre Parteivorsitzende oder die CDU-Parteivorsitzende treffen wollen. Warum müssen Sie da über Bande spielen? Warum äußern Sie Ihre Kritik da nicht direkt?
Kuban: Dass wir ein Verfahren einfordern, wie der nächste Kanzlerkandidat bestimmt wird, und dass wir momentan merken, dass es gerade an der Parteibasis immer mehr Wünsche gibt, auch mitzusprechen, auch dabei zu sein, sich einzubringen, das hat nichts damit zu tun, dass Annegret Kramp-Karrenbauer unsere Parteivorsitzende ist oder eben nicht. Sie ist gewählt worden in Hamburg, sie hat sich in einem innerparteilich-demokratischen Prozess durchgesetzt, und wir unterstützen Sie dabei, die große Aufgabe zu bewerkstelligen, dass sie die Partei nach 14 Jahren Kanzlerschaft Angela Merkels erneuert und dass wir auch in Zukunft die Kanzlerin, den Kanzler in Deutschland stellen.
Unterstützung für AKK "als Verteidigungsministerin"
Schulz: Und was jetzt verschiedentlich gesagt wurde, dass Sie so unzufrieden seien mit Annegret Kramp-Karrenbauer – da haben Sie jetzt hier die Chance, das richtig oder klarzustellen -, das stimmt dann gar nicht?
Kuban: Annegret Kramp-Karrenbauer hat aus meiner Sicht einen sehr guten Start hingelegt als Parteivorsitzende. Sie hat mit der Versöhnung von CDU und CSU einen starken Schritt getan. Sie hat mit dem Werkstattgespräch die Partei geeint. Anschließend hat sie, wie sie selbst gesagt hat, einige Hürden nicht so elegant genommen. Wir werden sie dabei unterstützen, dass sie jetzt als Verteidigungsministerin einen guten Job macht, und wir werden sie dabei unterstützen, dass die Erneuerung der CDU vorangeht, was sicherlich eine der größten Aufgaben ist, die vor uns steht als Union.
"Wir werden erst einmal ein Verfahren festlegen"
Schulz: Warum unterstützen Sie sie dann nicht dabei, Kanzlerkandidatin zu werden?
Kuban: Sie kann ja Kanzlerkandidatin werden. Das ist im Endeffekt ein offener Prozess. Die Frage ist nur, wie wir…
Schulz: Ich habe nach Ihrer Unterstützung gefragt. Hat sie die?
Kuban: Die Unterstützung – wir werden erst einmal ein Verfahren festlegen. Ich halte nichts davon, dass ich persönlich die Meinung vorgebe, und sage, das ist jetzt unser Kandidat, hinter dem müsst ihr euch alle versammeln, sondern wir werden ein offenes Verfahren führen. Wir werden darüber diskutieren, welches wir wählen wollen, und genau das wünsche ich mir auch von der CDU und CSU.
Schulz: Was ist das Problem bei der JU, wenn ein Vorsitzender eine Präferenz, eine Einschätzung abgibt? Dann können die Delegierten, dann können die anderen Mitglieder da nicht mehr frei reden? Oder warum drücken Sie sich da um diese Festlegung jetzt herum?
Kuban: Ich persönlich wünsche mir, dass jeder für sich erst mal frei entscheiden kann und dass jeder für sich eine Debatte darüber führen kann, wie er das Ganze oder sie das Ganze einschätzt. Dafür sind die Delegierten da bei diesem Deutschlandtag. Deswegen freue ich mich auf die Diskussionen und ich persönlich muss nicht von oben eine Meinung vorgeben, wohinter sich möglichst viele versammeln sollen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.