Gott existiert, denn ich denke an ihn. So jedenfalls dachte es sich der französische Philosoph und Rationalist René Descartes. Aber kann man wirklich von der Existenz naturgegebener, angeborener Vorstellungen ausgehen? Die englischen Empiristen, allen voran John Locke, hatten ihre Zweifel: "No innate ideas!", heißt Lockes berühmt gewordene Formel: Es gibt keine angeborenen Ideen. Stattdessen gilt:
Der Geist ist ein weißes Blatt Papier.
Doch wie konstituiert sich das Bewusstsein, wie entstehen Ideen, Vorstellungen, Weltbilder? In seinem Hauptwerk, "An essay concerning human understanding", "Versuch über den menschlichen Verstand", aus dem Jahr 1690 bringt Locke einen für die Moderne zentralen Begriff ins Spiel: die "sensation", die Wahrnehmung der äußeren Welt. Sie, so die Philosophin Elisabeth Ströker, ist vornehmste Grundlage des Locke´schen Erkenntnisprozesses, die Voraussetzung all dessen, was je nur "Erkenntnis" genannt werden kann.
Was wir überhaupt im Bewusstsein haben, das schreibt die Erfahrung mit ihrem Griffel ein, und die Eigentätigkeit der Vernunft wurde bei Locke expressis verbis im Grunde darauf beschränkt, dass der Verstand nur ein kombinierendes Vermögen ist.
Ideen verdanken sich der Kombinationsfähigkeit des Verstandes. Eben darum sind sie aber auch nichts real Existierendes. Sehr real hingegen sind die Wörter, mit denen der Verstand operiert. Und Locke wird zu einem Vordenker der modernen Sprachphilosophie, indem er davon ausgeht, …
… dass unsere Erkenntnis zu den Wörtern in einer so engen Beziehung steht, dass nur wenige klare und zutreffende Aussagen über die Erkenntnis möglich sind, ohne vorher genau zu erforschen, was die Wörter leisten und nach welcher Art sie die Dinge bezeichnen. Denn die Erkenntnis, deren Gegenstand die Wahrheit ist, hat es stets mit Sätzen zu tun.
In den Jahren um 1690, in denen Locke seine "Two treatises of Government", "Zwei Abhandlungen über die Regierung" verfasst, ist England dabei, seine wirtschaftliche und politische Weltvormachtstellung zu erringen, eine Kraft zu entfalten. Treibende Kraft dieser Entwicklung ist das Bürgertum, für dessen Freiheitsrechte Locke entschlossen eintritt. Und diese Entschlusskraft hat ihren Grund auch in der Biographie des 1632 geborenen Philosophen: Zweimal, in den 1670er und 1680er Jahren musste er aufgrund politischer Wechselfälle ins Ausland emigrieren, zunächst nach Frankreich, dann in die Niederlande.
Basis der in den "Abhandlungen" formulierten Freiheitsrechte aber ist das Eigentum. Begründet, so Locke, wird es einzig durch des Menschen Arbeit.
Über seine Person hat niemand ein Recht als nur der Mensch allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände sind im eigentlichen Sinne sein. Was immer er also jenem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und hat ihm etwas hinzugefügt, was sein eigen ist – es folglich zu seinem Eigentum gemacht.
Was aber, wenn die Eigentumsverhältnisse ungleich sind? Das, führt Locke aus, erklärt sich mit dem gottgefälligen Fleiß der Friedsamen, der "honest industry". Wer viel arbeitet, darf auch viel besitzen, und darum …
… liegt es klar auf der Hand, dass sich die Menschen mit ungleichem Grundbesitz einverstanden erklärt haben.
Das ist nichts anderes als die moralische Begründung des modernen Wirtschaftssystems. Locke, so Ernst Vollrath, Professor für politische Philosophie, hat …
… eine Konzeption entwickelt, die dann für den Hauptgang der Moderne entscheidend geworden ist, nämlich die Begründung des Rechtes auf Eigentum in Arbeit. Das ist gleichsam die Eröffnung eines Horizontes, der dann ausgefüllt werden kann von dem, was wir – nun ja, sagen wir mal abgekürzt: Kapitalismus nennen.
Kapitalismus gleich Wohlstand durch Arbeit. Locke hat das ökonomische Selbstverständnis des Westens auf eine ebenso schlichte wie gerechte Formel gebracht. Gut möglich, dass er darum wenig hielte von jener Logik, die heute zu großen Teilen das ökonomische Kalkül bestimmt: Wohlstand durch Kapital.
Der Geist ist ein weißes Blatt Papier.
Doch wie konstituiert sich das Bewusstsein, wie entstehen Ideen, Vorstellungen, Weltbilder? In seinem Hauptwerk, "An essay concerning human understanding", "Versuch über den menschlichen Verstand", aus dem Jahr 1690 bringt Locke einen für die Moderne zentralen Begriff ins Spiel: die "sensation", die Wahrnehmung der äußeren Welt. Sie, so die Philosophin Elisabeth Ströker, ist vornehmste Grundlage des Locke´schen Erkenntnisprozesses, die Voraussetzung all dessen, was je nur "Erkenntnis" genannt werden kann.
Was wir überhaupt im Bewusstsein haben, das schreibt die Erfahrung mit ihrem Griffel ein, und die Eigentätigkeit der Vernunft wurde bei Locke expressis verbis im Grunde darauf beschränkt, dass der Verstand nur ein kombinierendes Vermögen ist.
Ideen verdanken sich der Kombinationsfähigkeit des Verstandes. Eben darum sind sie aber auch nichts real Existierendes. Sehr real hingegen sind die Wörter, mit denen der Verstand operiert. Und Locke wird zu einem Vordenker der modernen Sprachphilosophie, indem er davon ausgeht, …
… dass unsere Erkenntnis zu den Wörtern in einer so engen Beziehung steht, dass nur wenige klare und zutreffende Aussagen über die Erkenntnis möglich sind, ohne vorher genau zu erforschen, was die Wörter leisten und nach welcher Art sie die Dinge bezeichnen. Denn die Erkenntnis, deren Gegenstand die Wahrheit ist, hat es stets mit Sätzen zu tun.
In den Jahren um 1690, in denen Locke seine "Two treatises of Government", "Zwei Abhandlungen über die Regierung" verfasst, ist England dabei, seine wirtschaftliche und politische Weltvormachtstellung zu erringen, eine Kraft zu entfalten. Treibende Kraft dieser Entwicklung ist das Bürgertum, für dessen Freiheitsrechte Locke entschlossen eintritt. Und diese Entschlusskraft hat ihren Grund auch in der Biographie des 1632 geborenen Philosophen: Zweimal, in den 1670er und 1680er Jahren musste er aufgrund politischer Wechselfälle ins Ausland emigrieren, zunächst nach Frankreich, dann in die Niederlande.
Basis der in den "Abhandlungen" formulierten Freiheitsrechte aber ist das Eigentum. Begründet, so Locke, wird es einzig durch des Menschen Arbeit.
Über seine Person hat niemand ein Recht als nur der Mensch allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände sind im eigentlichen Sinne sein. Was immer er also jenem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und hat ihm etwas hinzugefügt, was sein eigen ist – es folglich zu seinem Eigentum gemacht.
Was aber, wenn die Eigentumsverhältnisse ungleich sind? Das, führt Locke aus, erklärt sich mit dem gottgefälligen Fleiß der Friedsamen, der "honest industry". Wer viel arbeitet, darf auch viel besitzen, und darum …
… liegt es klar auf der Hand, dass sich die Menschen mit ungleichem Grundbesitz einverstanden erklärt haben.
Das ist nichts anderes als die moralische Begründung des modernen Wirtschaftssystems. Locke, so Ernst Vollrath, Professor für politische Philosophie, hat …
… eine Konzeption entwickelt, die dann für den Hauptgang der Moderne entscheidend geworden ist, nämlich die Begründung des Rechtes auf Eigentum in Arbeit. Das ist gleichsam die Eröffnung eines Horizontes, der dann ausgefüllt werden kann von dem, was wir – nun ja, sagen wir mal abgekürzt: Kapitalismus nennen.
Kapitalismus gleich Wohlstand durch Arbeit. Locke hat das ökonomische Selbstverständnis des Westens auf eine ebenso schlichte wie gerechte Formel gebracht. Gut möglich, dass er darum wenig hielte von jener Logik, die heute zu großen Teilen das ökonomische Kalkül bestimmt: Wohlstand durch Kapital.