Sie hatte eine Farm in Afrika. Und ich stehe nun vor ihrem alten Farmhaus, bekannt aus dem Film, Original-Schauplatz in "Out of Africa". Aus der Ferne grüßen tatsächlich die Ngong-Berge. Der Film mit Meryl Streep als Karen Blixen, Klaus-Maria Brandauer als Baron Bror Blixen und Robert Redford als Denys Finch-Hatton, Karens Geliebten, ist ein Klassiker. Sieben Oscars hat er gewonnen. Der tiefe Blick in die afrikanische Seele, die tapfer-romantische Karen, die auf einer Farm ihren Mann stehen muss, während der Gatte sich im Country Club mit Engländern betrinkt und schwarze Mädchen ins Bett zieht - die Syphilis griff um sich - der kritische Blick auf koloniales Gehabe, das Karen zuwider war, und schließlich die Romanze mit Robert Redford, auf Löwenjagd mit ihm und über den Wolken, bevor er selbst eine tödliche Bruchlandung machte - das gibt Tränen im Kino.
Das Landhaus ist nun ein Museum
Ngong heißt auf Massai "Handknöchel' und auf dem rechten der vier Hügel oder Knöchel in der Ferne erkenne ich im Dunst einen Obelisken über dem Grab von Karen's Geliebten. Das Landhaus ist jetzt Museum, eine gute halbe Stunde außerhalb Nairobis. Zugegeben: Meine Neugier gilt dem Platz von Meryl Streep und Robert Redford, die entgegen kolonialer Konvention und britischer Prüderie ihrer Liebe freien Lauf ließen – doch hält das Museum dem Film stand? Kann romantisches Fernweh hier geerdet werden? Karen - oder Tania - Blixen hat in ihrem Buch mit allen Sinnen Afrika erlebt, bis ins letzte Detail hat sie Blüten, Blätter, Dornbäume, Schlingpflanzen, wilde Tiere beschrieben, den Duft eingesogen, und immer wieder ist sie zu den Menschen in ihre Dörfer gegangen. Sie schrieb:
"Alles in dieser Natur strebt nach Größe, Freiheit und hohem Adel. Das wichtigste Element dieser Landschaft und des Lebens hier war die Luft."
Wenn man auf die Zeit im afrikanischen Hochland zurückblicke, bekäme man das Gefühl, als hätte man lange Zeit in der Luft gelebt, schreibt Blixen: früh morgens in den Bergen bei der Jagd, mittags bei der Feldarbeit.
Der Roman - eine Liebesgeschichte an Afrika
"In der Mittagshitze wurde die Luft über der Ebene lebendig wie eine brennende Flamme, sie funkelte, wogte und strömte wie Wasser und formte große Phantasmagorien. In dieser hohen Luft fiel das Atmen leicht, und man atmete eine wilde Hoffnung ein, die Flügeln glich."
Blixen's Buch ist eine Liebeserklärung an Afrika, gar nicht so sehr ein Liebesroman, doch als Vorlage für einen Hollywoodfilm wie gemacht.
Well, sagt mir Evand, der Museums Guide: Die Kenianer liebten sie und lieben sie, der große Stadtteil hier heißt "Karen", sie war eine reiche Frau, beschäftigte 800 Arbeiter auf ihrer Farm, baute eine Schule und sorgte dafür, dass die Kinder zum Unterricht kamen, und sie gab 1.000 Hektar Land an die Kikuyu, neben den Massai dem eingeborenen Volk der Region. "M'sabu" – "Gebieterin" nannten sie sie. Well, Karen was a nice lady, M'sabu - und in höheren Kreisen wohl bekannt. Mit Finch-Hatton ging sie auf die Jagd, und sie war Malerin, Schriftstellerin, Geschichtenerzählerin. Sogar Prinz Edward VIII., Anwärter auf den Thron in Windsor Castle, besuchte die bei den Engländern gerühmte Farm von Karen Blixen. 1928 war das.
Und M'sabu ließ von ihrem Kikuyu-Koch auftischen, das Dinner-Menü, handgeschrieben liegt es auf dem Esstisch: Clear soup with mallows, Mombasa vegetable hollandaise sauce – also: Malven-Suppe, Schinken mit Spinat, Rebhuhn an Erbsen, cremiger Maccaroni-Salat mit Erdbeeren. Früchte, Hochland-Kaffee. Königliche Hoheit soll es gefallen haben bei Karen Blixen.
Sehnsuchtsort - die Ngong-Berge
Das Landhaus, aus Feldstein gemauert, niedrig gehalten, eine überdachte Terrasse davor, ein gemauerter Tisch mit zwei Stühlen im Garten hinter dem Haus. Ja, ja Karen habe die selbst bauen lassen.
"Sie hat es genossen, hier zu sitzen mit dem guten Blick auf die Ngong Hills, wo der Geliebte begraben liegt. Sie schaute gern in die Nacht und pflegte hier die letzte Zigarette zu rauchen vor dem Zu-Bett-Gehen. "
Und dann im Inneren: Knarrende Dielen aus Zedernholz, Wandtäfelungen aus Mahagoni, viktorianische Möbel – die berühmte Kuckucksuhr, zu der die afrikanischen Kinder an die Salontür schlichen, um zur vollen Stunde dieses immer wiederkehrende Faszinosum der anderen Welt zu sehen: Schwarzwald in Afrika.
Ich gehe vorbei an gemalten Porträts von Karen und Bror Blixen, im Schlafzimmer ihr Sekretär mit dem Geheimfach für Juwelen – Karen liebte es zu tanzen, auf Partys, im Country Club Nairobi. Zwei große Kutscherlaternen, ein nicht erblindeter Ankleidespiegel, das Bett – oh ja, die Liebeszene hinter dem Moskitonetz – well, sagt Evand, mein guide - it's only a gift, das Bett ist nicht original, ein Geschenk von Universal Pictures nach den Dreharbeiten von Out of Africa. Ok., eine Illusion weniger.
Grammofon und Klänge von Mozart
Aber dann: Mozart ist keine Illusion. Das Grammophon. Echt. Original. Daneben ein verklärtes Bild von Karen.
"Das Grammophon"
Wenn Sie es jetzt einschalten, hören wir dann Mozart?
"Ja (Gelächter). Sie nutzte es, um ihre Gäste zu unterhalten. Es war ein Geschenk von ihrem Geliebten, Denys Finch-Hatton. "
"Er spielte Mozart."
War es nicht hier, wo die zwei Walzer getanzt haben, hier im Salon, dann auf der Terrasse hinein in die afrikanische Nacht, verloren im fahlen Licht der Kutscherlaternen? Sollte ich mich täuschen? Doch ich rieche sie förmlich, Meryl Streep und Robert Redford, den charming boy. Da kann mir der guide drei Mal erzählen, dass das meiste in den Universal Studios gedreht worden ist. Ich lass mir meine Illusion doch nicht zerstören. Ich rieche sie.
Sie haben Löwen und Antilopen gejagt, Karen, Baron Blixen und Denys Finch-Hatton waren eine Jagd-Gemeinschaft, und Denys handelte im großen Stil mit Elfenbein. Das war in der Zeit nichts Anstößiges.
Zinkbadewanne und Marmor in der Savanne
Auch das Bad - ein Schmuckstück. Ein Plumpsklo mit Becken im Untergeschoss, wo Hausdiener den Unrat entsorgten. Ein Plumpsklo mit Wasser. Karen mochte es mondän, wenn Mann oder Frau schon allein in der Wildnis lebt. Zinkbadewannen, ein Waschschrank aus Mahagoni mit Marmorschüssel.
Das Museum zieht Besucher aus aller Welt an: viele Briten, denen besonders die Küche gefällt. Ein Drahtschrank gegen die Fliegen, Kaffeemühlen und Fleischwölfe jedweder Größe, ein Handmixer, eine Federwaage. "Hier wird gut gekocht, M'sabu", den Kikuyu-Koch aus dem Film gab es wirklich, lange Jahre treu zu ihren Diensten, sagt mein Guide.
Überbleibsel aus der Kolonialzeit: Traktor mit Kurbelantrieb
Karen's Kaffeefarm brachte viel Arbeit, sie hatte Missernten, aber die alten Gerätschaften, viel Rost hat sich angesetzt, sind Zeugen der Kolonialzeit: Ein Traktor mit Kurbel für den Motor, mit Stahlrädern für die widerspenstige Ackerkrume - aber das war schon eine spätere Zeit.
"Dieser Holzwagen wurde mit zwölf schweren Kaffeesäcken bepackt und von 16 Ochsen gezogen. Der Kaffee wurde nach Nairobi gebracht, dann weiter in den Hafen von Mombasa und nach London in die Rösterei."
"Afrika, dunkel lockende Welt" hieß Blixen's Buch in der ersten deutschen Übersetzung, bevor später "Jenseits von Afrika" daraus wurde. Mit diesem Buch ging sie auf Weltreise. Fotos aus den USA hängen hier in ihrem Arbeitszimmer: Karen neben Marylin Monroe, Karen in New York. Karen, schon 74 Jahre alt, hager, zurückliegende Augen, im Safarilook, mit Halstuch, sie blieb im Outfit der Abenteurerin, aber die Strapazen und die Liebe der Tropen waren nicht spurlos vorübergegangen, obwohl sie 1938 nach Dänemark zurückkehrte. Aus einem Kasten im Schlafzimmer verabschiedet sie sich mit einem originalen Ton-Dokument: Karen's voice bei einer Lesung in New York:
"Oh, bemerkte der Fremde: Ich lebte zu lange im Busch, als dass ich Angst vor der Liebe haben könnte. Hat jemals einer über mich gesagt, dass ich ein Mensch bin, der vor Gefahr wegläuft?"