Trommelprobe im Kellerraum eines Jugendzentrums in Berlin-Charlottenburg. Gute Stimmung bei "Sapucaiu No Samba". Das war in den vergangenen Wochen nicht immer so. Mit einem offenen Brief hatten sich die Trommler und viele andere Gruppen an die zuständige Integrationssenatorin gewandt und vor einem "Aus" des Karneval der Kulturen gewarnt. Das bisherige Veranstaltungsbüro hatte die Leitung abgegeben, es fehlte ein Organisator. Vielen Gruppen waren Probenräume gekündigt worden, ein lang gefordertes Sicherheitskonzept gab es nicht. Zudem hatte sich die Berliner Senatsverwaltung lange geweigert, das Tanzspektakel finanziell zu unterstützen. Nicolas Mozelewski steht in der Trommelpause vor dem Jugendzentrum. Er kann es immer noch nicht glauben:
"Ja, das ist das, was wir uns auch fragen. Wieso geht das plötzlich, was wir seit Jahren erwünscht haben, dass wir da ein bisschen berücksichtigt werden?"
Seit zwanzig Jahren lockt das Tanzspektakel der Superlative fast eine Million Besucher an den Straßenrand. Einige tausend Tänzerinnen und Tänzer und etwa einhundert Wagen haben sich allein im vergangenen Jahr auf dem Umzug von Neukölln nach Kreuzberg bewegt. Jahr für Jahr haben sich die Gruppen monatelang in ihrer Freizeit ehrenamtlich auf den Karneval vorbereitet. Geld haben sie dafür keins bekommen. Für die Stadt kostenlose Berlin-Werbung vom Feinsten, mit bunten Bildern von fröhlichen Tänzern aus aller Welt.
"Uns kostet jeder Karneval jedes Jahr zwischen 12- und 15.000 Euro. Wir müssen also immer zusehen, dass wir Sponsoren bekommen, wir müssen von den Gästen, die wir einladen, Hutgeld sammeln. Wir müssen irgendwie Geld besorgen. Das Fass zum überlaufen brachte dann die Nachricht im letzten Herbst: Ihr kriegt jetzt gar nichts mehr, wir nehmen Euch auch noch die Probenräume weg.", erzählt Nicolas Mozelewski.
"Wir wollen den Karneval der Kulturen"
Im Herbst stand der Karneval auf der Kippe. Viele Gruppen haben abgesagt, andere stellen ihre Forderungen an den schwarz-roten Berliner Senat. Lager- und Probenräume stehen auf der Liste, außerdem ein Sicherheitskonzept und Wasserversorgung. Dass es geklappt hat, ist für Nicolas Mozelewski gelebte Basisdemokratie. Grüne Oppositionspolitiker haben die Gruppen beraten und so die zuständige Integrationssenatorin von der SPD politisch unter Druck gesetzt.
"Einen Tag vor diesem allerersten Treffen auf Einladung der Grünen, da reagierte plötzlich die Senatsverwaltung und hat für eine Woche später eingeladen. Sie hatte dann bis dahin unseren Forderungskatalog vorliegen und mich persönlich hat es nicht sonderlich überrascht, dass der im Wesentlichen schon in dieser ersten Sitzung abgenickt worden ist, weil das alles Dinge waren, wo wir wussten, das geht politisch und der Senat hat ja auch immer gesagt, wir wollen den KdK, sodass für mich klar war, das läuft jetzt in diese Richtung."
Die neue Überschrift lautet: "Karneval der Kulturen ist gerettet". Mit der Landesgesellschaft Kulturprojekte Berlin ist ein professioneller Veranstalter gefunden. Mit einem Fonds von 70.000 Euro sollen die Gruppen künftig unterstützt werden. Außerdem wird der Berliner Senat Geld für ein neues Sicherheitskonzept bereitstellen. Die zuständige Integrationssenatorin, die Sozialdemokratin Dilek Kolat:
"Für mich war das sehr wichtig, dass wir das auch 2015 realisieren können, weil ich der Meinung bin, dass "Karneval der Kulturen" für das alles steht, wofür auch Berlin steht. Für Vielfalt, für Toleranz, für Weltoffenheit und vor allem auch für gute Laune."
In der Krise sind die Gruppen zusammengerückt
Inhaltlich soll ein neues Konzept her. Wie, das steht noch in den Sternen. Erst mal freut sich auch der Künstler DaDa von der Samba Band Furiosa, dass die Zukunft des Karnevals für die nächsten Jahre gesichert ist. In der Krise sind die Gruppen zusammengerückt, haben sich kennengelernt, erzählt DaDa:
"Wir waren noch nie zusammen wie jetzt gerade. Manche Gruppen haben schon gesagt, wir brauchen kein Geld und manche Gruppen brauchen mehr als tausend Euro. Das finde ich, ist eine enorme Veränderung, dass die Gruppen, Geld kriegen, jetzt nach zwanzig Jahren."
Wahrscheinlich wird "Sapucaiu No Samba" wie in den letzten Jahren den Karnevalszug auch in diesem Jahr anführen.