Die 47-jährige Schwedin ist gelernte Modedesignerin und hat ihre Karriere als Einkäuferin im asiatischen Einzelhandel begonnen. Danach hat sie sich bei Ikea zur Topmanagerin hochgearbeitet, die Geschäfte des Möbelhauses in Japan und in den Niederlanden geleitet. Für den Karstadt-Kenner und Einzelhandelsexperten Gerd Hessert dürfte der Job in der Essener Karstadt-Zentrale allerdings ihre größte Herausforderung sein:
"Die Aufgaben, die auf die neue Karstadt-Chefin zukommen, sind ausgesprochen umfangreich. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass Frau Sjöstedt die schwierigste Aufgabe im deutschen Einzelhandel zur Zeit überhaupt übernommen hat."
Für ihn ist Karstadt immer noch ein Sanierungsfall mit offenem Ausgang. 29 der 83 Filialen hält Hessert sogar für nicht überlebensfähig. Auch das Karstadt-Management macht mittlerweile kein Geheimnis mehr daraus, dass die Warenhäuser nicht profitabel sind und sogar auf dem Prüfstand stehen. Im Frühjahr soll klar sein, ob und welche Standorte dichtgemacht werden.
Eine große Baustelle ist außerdem der Internethandel – aber damit kennt sich Eva-Lotta Sjöstedt im Gegensatz zum deutschen Einzelhandelsmarkt gut aus. Sie hat bereits bei Ikea das Online-Geschäft ausgebaut. Insgesamt ist die Palette ihrer Aufgaben groß: Kosten senken, herausfinden, was Kunden in einem Warenhaus kaufen wollen und das Internetgeschäft auf Vordermann bringen – alles möglichst schnell.
Als ihre wichtigste Aufgabe sieht Gerd Hessert allerdings an, die 20.000 Verkäuferinnen und Verkäufer auf ihre Seite zu bringen.
"Ohne die Mitarbeiter und den Einsatz dieser Mitarbeiter in die Zukunft von Karstadt wird sie keine Chance haben und scheitern."
Sjöstedt ist davon überzeugt, dass man ein Unternehmen über seine Mitarbeiter aufbaut. Das sagte sie im Dezember, als der Aufsichtsrat sie zur neuen Chefin berufen hat. Seitdem hat sie sich 47 Karstadt-Filialen angesehen, um die Basis kennenzulernen: die Ware, die Kunden und die Beschäftigten, die sie ausdrücklich lobte.
Aber es gibt auch einen Tarifkonflikt, den sie lösen muss. Die Beschäftigten sollen wieder auf Geld verzichten, Karstadt hat eine Tarifpause eingelegt. Die Gewerkschaft Verdi hofft nun darauf, dass Sjöstedt diesen Ärger so schnell wie möglich beendet, so die Sprecherin Christiane Scheller:
"Was die Beschäftigten von Karstadt brauchen, das sind sichere Arbeitsplätze und ein Ende der Tarifflucht. Und hier erwarten wir ganz klar von Frau Sjöstedt, dass sie ihren Teil dazu beiträgt, dass die aktuell laufenden Verhandlungen über ein Ende der Tarifflucht und eine Standort- und Beschäftigungsgarantie jetzt auch zügig zum Abschluss kommen."
Die nächsten Tarifgespräche soll es am 6. März geben – dann wird es sicher auch Fakten geben, und deutliche Zeichen für die Beschäftigten. Die meisten jedenfalls setzen große Hoffnung in die neue Chefin. Vor allem auch, weil Eva-Lotta Sjöstedt die erste Frau an der Spitze des Essener Warenhauskonzerns ist.