Kunden bedienen, beraten, kassieren, freundlich sein. Und gleichzeitig warten. Voller Anspannung, bedrückt von Ungewissheit und Angst. Rita Rodenbücher weiß, wie sich das anfühlt:
"Das ist ganz furchtbar. Wenn man das nicht erlebt, kann man das gar nicht beschreiben. Man darf nicht dauernd drüber nachdenken, sonst kann man seine Arbeit nicht machen. Aber die Gedanken kommen natürlich immer wieder: Geht es weiter. Welche Häuser überleben. Was ist mit dem Standort, in dem man beschäftigt ist. Man weiß es eben nicht."
Rita Rodenbücher ist Betriebsrätin bei Karstadt in Duisburg. Die Stimmung bei den Mitarbeitern ist gedrückt, denn morgen kommt der Aufsichtsrat zu Beratungen zusammen. Dass das Traditionshaus vor einer scharfen Sanierung steht, daran lässt der neue Eigentümer, der österreichische Immobilienunternehmer René Benko keine Zweifel. Seit Jahren schon sorgen Meldungen, Schlagzeilen und Spekulationen immer wieder für Verunsicherung bei den Abgestellten, trotzdem versucht die Betriebsrätin aufzuklären, Mut zu machen und zu motivieren. Das ist schwer - nach zehn Jahren Dauerkrise bei Karstadt:
"Man muss den Gedanken verdrängen, man muss einfach morgens zur Arbeit gehen und seinen Job machen. Man muss das Positive in den Vordergrund holen, denn sonst sind die psychischen Belastungen so hoch, dass man es nicht aushält."
Neues Sanierungskonzept
So wie vor sechs Wochen. Damals wurde im Aufsichtsrat das neue Sanierungskonzept erstmals vorgestellt. Und diskutiert. Acht Stunden lang.
Es ist früher Abend, als vor der Karstadtzentrale in Essen eine improvisierte Pressekonferenz stattfindet. Auf dem Bürgersteig, zwischen dem Eingang der flachen, beige-grauen Hauptverwaltung und der Straße. Ein Pulk von Kamerateams, Fotografen und Journalisten drängt sich um den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates und die Gewerkschafts-Vertreterin:
"Es ist ein schwieriger Tag heute für die Beschäftigten. Es werden schwierige Wochen und Monate, das will ich hier nicht verheimlichen."
Betriebsratschef Hellmut Patzelt spricht in die Kameras, was die verbliebenen 17.000 Mitarbeiter schon ahnten:
"Und wir werden diese Sanierung natürlich mit den Verantwortlichen dieses Unternehmens auch durch verhandeln müssen. Und das wird mit Sicherheit ein schwieriges Thema werden."
Patzelt weiß, dass seit Wochen Schließungsgerüchte die Runde machen. 23 der 83 Filialen sollen auf der Kippe stehen. Noch sei das nicht sicher, sagt Verdi-Bundesvorstand Stefanie Nutzenberger selbstbewusst in die Mikrofone.
"Es wurde keine Schließungsliste bearbeitet und es wurde keine Schließungsliste beschlossen."
Vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft soll das auch nicht mehr passieren, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. Proteste, womöglich Streiks in der umsatzstarken Vorweihnachtszeit wären verheerend fürs Image. Aber was passiert danach? In internen Papieren ist langfristig von einer Optimierung des Filialportfolios die Rede. Ein anderer Ausdruck für Schließungen?
Das Unternehmen äußert sich an diesem Abend nur schriftlich. In der Erklärung wird aber unverblümt darauf hingewiesen, dass die Konkurrenz mit 20 Prozent weniger Mitarbeitern deutlich erfolgreicher ist. 20 Prozent - das würde bedeuten, dass bei Karstadt fast 3.500 Stellen gefährdet sind. Wie dramatisch es um den über 130 Jahre alten Traditionshändler steht, das geht aus vertraulichen, internen Papieren hervor. Wörtlich heißt es darin:
"Verfehlte Investitionen, mangelnde Marktkenntnis, laufende Strategiewechsel und hausinterne Fehlentscheidungen haben den anhaltenden Niedergang beschleunigt."
Unter der Rubrik "Schwächen" wird an anderer Stelle selbstkritisch analysiert:
"Keine Ausrichtung der Sortimente an den lokalen Kundenbedürfnissen. Kunden reagieren zum Teil nur noch auf Preisimpulse, Investitionsstau in nahezu allen Häusern, hohe Zentralkosten."
Zur finanziellen Lage schreibt das Management:
"Liquide Mittel sind noch ausreichend, wären aber ab März 2016 ohne Gegenmaßnahmen aufgebraucht."
Einst ein stolzer Traditionshändler
Droht nach Quelle und Neckermann, nach Schlecker und Praktiker womöglich die nächste große Handelspleite in Deutschland? Seit zehn Jahren schon ist vom angeschlagenen Kaufhauskonzern Karstadt die Rede. In dieser Zeit mussten 25.000 Mitarbeiter gehen oder wechselten zu neuen Eigentümern, weil ihre Sparten verkauft wurden. Viele verloren später ihren Job. Wer blieb, verzichtete auf Gehalt, auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Insgesamt 700 Millionen Euro, sagt die Gewerkschaft, haben die Mitarbeiter so ins Unternehmen gesteckt - und trotzdem bangen sie noch immer um ihre Arbeitsplätze beim einst so stolzen Traditionshändler:
"Alles, was zur Frau gehört, alles, was der Mann begehrt, gibt's bei Karstadt immer dar, alles geht drum zu RK."
Frech, unkonventionell, innovativ und konkurrenzlos günstig. Ein Gesprächsthema in der Stadt. Mit fantastischen Warenpräsentationen und Erlebnisshopping. All das war Karstadt einmal.
Aus dem ersten Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft, das RK, Rudolf Karstadt, 1881 in Wismar gründete, wurde ein Kaufhausgigant, der Innenstädte geprägt hat:
"Karstadt kenne ich schon von Kindheit an. Da bin ich schon mit meinen Eltern rein, und da bin ich mit meiner Tochter rein, das ist einfach so."
In den 1960er- und 1970er-Jahren sind die Karstadt-Filialen meist erste Adressen, vor Konkurrenten wie Wertheim und Horten, Hertie und Kaufhof. Fest verankert bei den Kunden:
"Früher wusste man, wenn ich meinen ersten Anzug brauche und mir einer beibringen muss, wie man eigentlich eine Krawatte bindet, dann gehe ich in die Herrenabteilung, zum Abschlussball oder beim Abiball. Wenn wir einen Hochzeitstisch haben, dann machen wir den bei Karstadt, " sagt der Werbe- und Markenfachmann Frank Dopheide von der Agentur Deutsche Markenarbeit:
"Und das ist irgendwie verloren gegangen. Karstadt hat nicht mehr eine ganz klare Rolle im Leben der Menschen."
"Ja, wir gehen da schon rein, aber dass mir das unbedingt fehlen würde, kann ich nicht sagen. Ich bin selten bei Karstadt. Also ich kaufe da noch immer regelmäßig ein. Ich habe jetzt erst eine Winterjacke gekauft, ein paar Schuhe. Aber ich weiß, dass ganz viele von den Arbeitskollegen, Auszubildende, die um die 20 sind, da sagten die mir, denen würde das nicht fehlen, weil die gehen da gar nicht mehr einkaufen."
Ausbleibende Kunden, in die Jahre gekommene Filialen, in die zu wenig investiert wurde, schlecht ausgewählte Sortimente, zu viel eingekaufte Ware, die anschließend verramscht werden musste und ein verschlafenes Online-Geschäft. Selbst im Karstadt-Management ist heute von "hausinternen Fehlern" die Rede. Der Schwung aus dem Neustart nach der Insolvenz 2010 ist verpufft.
"Ich finde es für die Mitarbeiter sehr schade, wenn Stellen gestrichen werden und auch für die Kundschaft ist es nicht vorteilhaft, weil bei Karstadt ist es jetzt schon so, dass Beratung hinten ansteht und das würde ja noch schlimmer werden und das ist ja nicht zum Wohle des Unternehmens. Schrecklich finde ich, dass so große Betriebe das soweit runter wirtschaften können, dass dann so gestrichen wird. Schwierige Lage im Moment und der Kundenstrom ist zurückgegangen im Laufe der Jahre, das merkt man einfach, weil auch das Angebot nicht mehr in dem Maße da ist wie früher."
Milliardär Nicolas Berggruen, anfangs von den Mitarbeitern bejubelt, hat in vier Jahren viel versprochen, wenig gehalten und Geld aus dem kranken Unternehmen gezogen. Im Sommer verabschiedete er sich. Und hinterließ frustrierte Beschäftigte:
"Also ich persönlich bin jetzt seit 2004 wieder im Unternehmen und seitdem geht das ja rauf und runter. Die Stimmung ist nicht besonders gut. Ich glaub, da ist auch eine Menge Wut mit im Spiel. Diese Krise ist sicher zum großen Teil auch selbst gemacht. Durch das Management."
Strukturwandel der Warenhäuser
Wenn am Donnerstag wie erwartet der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der frühere Rewe- und Walmart-Manager Stephan Fanderl zum neuen Geschäftsführer ernannt wird, dann ist er der achte Karstadt-Chef in zehn Jahren. Er übernimmt den vielleicht schwersten Job im deutschen Einzelhandel. Denn die Krise bei Karstadt ist auch ein Spiegelbild für einen tief greifenden Strukturwandel der Warenhäuser. Die Konkurrenz ist brutal hart geworden: Die Verkaufsfläche im deutschen Einzelhandel hat sich in den vergangenen 30 Jahren fast verdoppelt. In keinem anderen großen europäischen Land gibt es pro Einwohner so viel Ladenfläche. Bundesweit gibt es inzwischen 450 Einkaufszentren, 50 weitere Arkaden, Galerien und Center sind bereits in der Planung. Das bekommen, die Warenhäuser zu spüren, besonders im Kerngeschäft mit Bekleidung, die für etwa 60 Prozent des Umsatzes sorgt.
"Der Filialisierungsgrad der Junge-Mode-Anbieter hat sich geändert. Und die meisten Junge-Mode-Anbieter, die vorher mit eigenen Flächen in den Kaufhäusern vertreten waren, haben eigene, größere Geschäfte gemacht", sagt Frank Emmerich, Einzelhandelsexperte bei der Immobilienberatung CB Richard Ellis.
"Nicht 100 Quadratmeter, sondern gerne auch mal 4, 5, 600 oder auch gar 1.000 Quadratmeter, und die sind als Mieter dann weggebrochen bei den Warenhäusern, und greifen die Frequenz ab, die auf der Fußgängerzone vorhanden ist."
Sehr viel billiger sind ohnehin Discounter und Internetversender. Und sehr viel mehr Auswahl bieten spezialisierte Fachmärkte - für Elektro, Spielzeug, Leuchten oder Drogerieartikel. Die Folge: Von 100 Euro, die heute beim Shopping ausgegeben werden, landen nur noch zwei Euro in den Kaufhäusern - 98 aber bei der Konkurrenz.
Kleine Städte und der Wegfall von Warenhäusern
Das ist ein Problem, besonders für kleinere Städte. Um die 20 Häuser hatte der designierte Karstadtchef Stephan Fanderl als problematisch gebrandmarkt. Welche das sind, ist noch geheim. Auch die Gewerkschaft weiß es nicht. In Branchenkreisen gelten aber kleinere Filialen etwa in Bottrop, Bremerhaven oder Siegen als besonders gefährdet. Für den Handel dort wäre das fatal: Es sind gerade die Fußgängerzonen kleiner Städte, die ihre Warenhäuser brauchen, sagt Immobilienprofi Frank Emmerich:
"In den Kleinstädten spielen die Warenhäuser definitiv noch eine große Rolle. Dienen als Magneten und werden auch von der Bevölkerung so angenommen, generieren Frequenz. In den Mittelstädten ist es so, dass die Warenhäuser eine abnehmende Bedeutung haben, weil immer mehr Filialisten auch in die Mittelstädte drängen und dort eigene Stores betreiben."
Was es für kleinere Städte bedeutet, wenn plötzlich mitten in der Einkaufsstraße in einem großen Gebäude die Schaufenster leer, die Fassade beschmiert, einzelne Scheiben eingeschlagen sind und Müll vor den Eingängen liegt, das haben 30 Bürgermeister von Görlitz bis Gronau und von Schleswig bis Tuttlingen schon erlebt.
"Wir setzten die Segel und geh'n auf ganz neuen Kurs. Allen Stürmen getrotzt. Jetzt geht es los: Zum Glück gibt es Hertie!"
2005 wurden sie verkauft, dann umbenannt. Doch schon nach drei Jahren war wieder Schluss. Hertie war pleite, viele Häuser stehen noch immer leer. Die Städte können dem Verfall nur zusehen. Denn so lange der Eigentümer Grundsteuer zahlt und das Gebäude nicht einzustürzen droht, kann eine Kommune nichts unternehmen. So wie in Herne:
"Wir haben da einen Schandfleck mitten in der Innenstadt stehen, man muss das mal schlicht und ergreifend so sagen. Das heißt, dass leer stehende Karstadthaus ist eins der Probleme. Das andere ist: Wir haben da etliche tausend Quadratmeter Einzelhandelsfläche, die ungenutzt herum stehen und für die sich auch niemand findet."
Eine lang gezogene Fußgängerzone mit Springbrunnen, Spielgeräten für Kinder, vielen Bänken und kleinen Läden: Auch in Iserlohn gibt es ein Karstadthaus, ganz am Ende der Einkaufsstraße, kurz vor dem Rathaus. Seit Jahren wird die Filiale als Schließungskandidat gehandelt: Auch der Bürgermeister macht sich keine Illusionen.
"Die Listen, die so kursieren, da ist Iserlohn eigentlich immer mit dabei. Es ist eben auch eine typische, eine von den kleineren Filialen im Karstadtkonzern, die auch nur in einer Mittelstadt sind. Und die deshalb vielleicht nicht genug Kaufkraft haben, um wirklich strahlend zu werden."
Iserlohn kaufte die Karstadtimmobilie
Trotzdem blickt der Peter Paul Ahrens ziemlich gelassen aus seinem Bürofenster. Die Karstadtimmobilie, direkt gegenüber vom Rathaus, gehört ihm. Sozusagen. Iserlohn, die 95.000-Einwohnerstadt im Sauerland, hat das gut 40 Jahre alte, dreigeschossige heimische Karstadthaus im Juli gekauft. Als einzige Stadt deutschlandweit. Vorsichtshalber:
"Weil wir handlungsfähig sein wollten im Falle beispielsweise einer Schließung der Filiale, damit wir eben hier auch diesen Bereich städtebaulich neu gestalten können... Wenn Karstadt eben kurzfristig gehen würde, dann hätten wir die Handlungsmöglichkeiten, um eine Nachfolgenutzung an diesem zentralen, innerstädtischen Bereich unterzubringen."
Der Kauf ist kreditfinanziert, die Rede ist von knapp 10 Millionen Euro. Im Kommunalparlament gab es keine Gegenstimme, der örtliche Einzelhandel steht hinter der Entscheidung. Iserlohn hat einen ausgeglichenen Haushalt. Der Bürgermeister rechnet vor: Wenn Karstadt noch sechs Jahre lang den vollen Mietpreis zahle, sei das Gebäude schon bezahlt. Und wenn Karstadt nicht so lange durchhält? Dann will der Bürgermeister das 10.000-Quadratmeter-Warenhaus aber nicht selbst betreiben:
"Ich könnte mir vorstellen, dass man in einem Neubau oder in der Nachnutzung des Gebäudes noch 6 bis 8.000 Quadratmeter Verkaufsfläche unterbringen könnte und ansonsten eben auch Büronutzungen."
Der Bürgermeister denkt an städtische Ämter oder die Sparkasse. Eine Kommune als Warenhausbesitzer: Ist das eine Blaupause für andere Karstadt-Standorte, die ebenfalls als gefährdet gelten? Kollegen in anderen Rathäusern haben schon nachgefragt, erzählt Bürgermeister Ahrens. Und Immobilienprofi Frank Emmerich verrät: Auch professionelle Immobilieneigentümer wie Fonds prüfen bereits Alternativ- und Notfallpläne für ihre Karstadt-Gebäude. Emmerich kennt die deutschen Innenstädte in- und auswendig. Mindestens einmal in der Woche ist er mit ausländischen Einzelhändlern unterwegs, die hierzulande Filialen eröffnen wollen. Er zeigt ihnen dann Einkaufsstraßen und mögliche Standorte. Leer stehende Kaufhäuser in Kleinstädten, die könne er nur schwer vermitteln, erzählt er.
"Ein Warenhaus hat im Regelfall drei bis vier Etagen Verkaufsfläche. Und wenn Sie sich heutige Handelskonzepte anschauen, gehen die maximal über drei Ebenen: Untergeschoss, Erdgeschoss und erstes Obergeschoss. Gerne aber auch nur über zwei Ebenen: Erdgeschoss in Kombi mit Untergeschoss oder aber erstem Obergeschoss."
Was darüber liegt, ist nicht mehr profitabel zu betreiben:
"Weil die Personalkosten in Relation zum Umsatz zu hoch sind. Und die Kunden nicht mehr geneigt sind, zwei oder drei Etagen hochzufahren. Das gelingt nur noch einigen wenigen Konzepten. Gutes Beispiel dafür ist das KaDeWe in Berlin - wo in der Tat die Kunden bereit sind, weil das Angebot extrem spannend ist, sechs, sieben Etagen hochzufahren."
Es sind denn auch nicht die Großstädte, um die sich Emmerich mit Blick auf Karstadts Sparkurs und mögliche Filialschließungen Sorgen macht.
"In den größeren Städten würden Sie es kaum bemerken, weil sofort entsprechende Nutzer bereit stehen, die diese Flächen übernehmen. Beispielsweise Primark, H&M, großflächige Einzelhändler. Und in den kleineren Städten sind diese Unternehmen halt verhalten."
Kleinfilialen zu Shoppingcentern umbauen?
Die Krise bei Karstadt, sie droht längst auch viele Kleinstädte mit in eine Abwärtsspirale zu ziehen. Dass der neue Eigentümer, der österreichische Immobilientycoon René Benko, nun viele Kleinfilialen in zukunftsträchtige Shoppingcenter umbaut, glaubt Fachmann Emmerich er nicht. Er ist aus seinem Düsseldorfer Büro mitgekommen zu einer Karstadtfiliale und blickt auf Fassade und Hauseingang: Nein, sagt er, aus einem Kaufhaus ein Einkaufscenter zu machen, das klinge einfacher als es sei:
"Leider ist es häufig so, dass die Kaufhäuser, wie sie stehen und liegen, nicht ohne Weiteres den Anforderungen entsprechen, die heutzutage Nutzer haben. Und bei Shoppingcenter-Entwicklung wird es aller Wahrscheinlichkeit nach darauf hinaus laufen, dass wir über einen Abriss und Neubau nachdenken müssen."
Das würde teuer. Ist aber nicht einmal das Haupthindernis:
"Bei Einkaufscentern sprechen wir immer von einer kritischen Größenordnung, die 20 bis 25.000 Quadratmeter sein muss. Und das bedeutet, dass letztendlich 100, 120, 140 neue Stores auf den Markt kommen. Und nicht jede Stadt kann so ein Nachfragepotenzial liefern. Das heißt, es kann durchaus passieren, dass es Umverlagerung innerhalb der Stadt gibt. Und dass dann Leerstände an anderen Standorten in der gleichen Stadt zutage treten."
Den kleinen Städten bleiben deshalb vor allem zwei Hoffnungen: Zum einen, dass es sich die neuen Karstadtmanager gut überlegen, eine Filiale zu schließen. Denn das ist nicht billig. Schätzungsweise fünf bis 15 Millionen Euro werden pro Standort fällig, für Sozialpläne, den Ausstieg aus Mietverträgen und Warenabschreibungen. Tatsächlich sollen die defizitären Standorte wohl eine Art letzte Chance bekommen, heißt es. Zum anderen zeigt Konkurrent Kaufhof ja, wie man Warenhäuser durchaus profitabel betreiben kann. Nämlich schlanker, regionaler und mit weniger Personal. Das will Karstadt jetzt nachmachen. Wareneinkauf, Sortiment, weniger Kassen, höhere Parkgebühren, weniger Sonderangebote: An allem soll laut dem internen Sanierungspapier gearbeitet werden. Der Abbau von 1.600 Stellen in den Filialen und 400 in der Zentrale gilt als ausgemacht, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Reicht das für die Wende?
Am Donnerstag will der Aufsichtsrat das Sanierungskonzept formell beschließen. Die Sitzung ist bis in den Abend angesetzt. Wieder werden Kamerateams und Journalisten warten. Genauso wie die Mitarbeiter, wie Betriebsrätin Rita Rodenbücher und ihre Kolleginnen:
"Was fordere ich? Ein gutes Konzept, dass es weiter geht, dass die Kollegen wieder ein Stückchen Sicherheit bekommen, dass sie nicht jeden Morgen fürchten müssen in der Zeitung oder im Fernsehen zu hören: Karstadt steht wieder vor dem Abgrund. Es ist fünf vor zwölf. Und lesen müssen, was da irgendwelche selbst ernannten Experten sagen, das Warenhaus hat keine Zukunft mehr. Wir hoffen natürlich, dass Karstadt als Warenhaus weiterhin erhalten bleibt. Ob es so weiter geht, wie wir es heute kennen. Also, keiner kann in die Zukunft blicken."