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Kassenärztliche Bundesvereinigung
Gröhe droht Ärzte-Verband

Betrugsvorwürfe, dubiose Immobiliengeschäfte, Grabenkämpfe in der Führungsspitze der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Die Selbstverwaltung der Kassenärzte funktioniert nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nicht mehr. Jetzt droht er ihr mit Entmachtung und hat eine Frist gesetzt.

Von Gerhard Schröder |
    Hermann Gröhe
    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe reichen die Eskapaden bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. (dpa / Kay Nietfeld)
    Undurchsichtige Immobiliengeschäfte, überhöhte Versorgungsleistungen, Grabenkämpfe im Vorstand – Gesundheitsminister Hermann Gröhe will sich das nicht länger bieten lassen. Und droht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jetzt mit staatlicher Zwangsverwaltung. Gröhe hat der KBV jetzt eine letzte Frist gesetzt. Bis zum kommenden Montag, bis zur nächsten Sitzung der Vertreterversammlung, dem obersten Parlament der organisierten Ärzteschaft, hat die Führungsspitze Zeit, den Laden in Ordnung zu bringen, sonst übernimmt ein Staatsbeauftragter die Geschäfte. Das hat Gröhe dem Vorstand der KBV jetzt in einem Brief angekündigt, wie Ministeriumssprecherin Katja Angeli heute bestätigte:
    "Ein Beauftragter wird eingesetzt nach Androhung. Diese Androhung ist jetzt erfolgt. Frist ist auch gesetzt, und wenn diese Frist verstreicht, dann wird ein Beauftragter eingesetzt werden."
    Auf vier Seiten hat Gröhe in seinem Brief die Verfehlungen der KBV aufgelistet. Im Mittelpunkt steht dabei der frühere Vorstandschef der Kassenärzte, Andreas Köhler, der 2014 aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste. Zuvor hatte er sich aber noch ein üppiges Ruhestandsgeld gesichert. Zu Unrecht, findet Gröhe und hat Strafanzeige gegen den früheren Ärztechef wegen Betrugs gestellt. Jetzt fordert er außerdem: Köhlers Nachfolger sollen alle rechtswidrig gezahlten Leistungen an den früheren KBV-Chef zurückfordern und alle Ansprüche für die Zukunft streichen. Sonst, so droht der Gesundheitsminister, werden Vorstand und Vertreterversammlung entmachtet und ein Staatskommissar übernimmt die Geschäfte.
    Angeli: "Wir verlangen von der KBV, dass diese Beschlüsse umgesetzt werden, die in diesen Verfahren angemahnt sind. Ziel ist es, Rechtsverletzungen zu beheben und die Funktionsfähigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung dauerhaft sicherzustellen."
    KBV-Chef gibt sich gelassen
    Nach Sozialgesetzbuch fünf kann der Staat die KBV-Führung entmachten, wenn – Zitat – die Vertreterversammlung oder der Vorstand die Funktionsfähigkeit der Körperschaft gefährden, die Auflösung betreiben oder das Vermögen gefährdende Entscheidungen treffen. Dazu zählt Gröhe auch überhöhte Ruhestandsgelder an weitere frühere Beschäftigte und dubiose Immobiliengeschäfte, mit denen die KBV die neue Zentrale in Berlin finanziert hatte. Die damalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer hatte den Neubau untersagt. Der Grund: zu teuer. Ein Gesamtkonzept, wie der Schaden behoben werden könnte, liege bis heute nicht vor, klagte Gröhe. KBV-Chef Andreas Gassen gibt sich gelassen, das Ärzteparlament werde die nötigen Entscheidungen am Montag treffen, sagte er:
    "Desweiteren haben wir einen geschlossenen Teil, in dem auch Beschlüsse anstehen, die mit Vorgängen zu tun haben, die wir seit Monaten bearbeiten und wo einfach nach gewissen Fristen auch Entscheidungen anstehen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die auch entsprechend getroffen werden, so dass ich keine wirkliche Sorge hab, dass der Staatskommissar in die KBV kommt."
    Gröhe hat da ganz offensichtlich Zweifel. Grund sind auch die Grabenkämpfe in der Führungsspitze der KBV, wo sich Haus- und Fachärzte seit Monaten inbrünstig bekämpfen. Gröhe spricht von einer internen Spaltung, die die Funktionsfähigkeit der KBV erheblich beeinträchtige. Auch deshalb fährt der Minister jetzt schweres Geschütz auf.