Ein Ferkel schreit. Kastration ohne Betäubung ist Alltag in deutschen Ställen, dabei sollte sie doch längst verboten sein. Die Schweinebauern argumentieren, die Kastration sei notwendig, um den unangenehmen Ebergeruch von Fleisch zu vermeiden. Außerdem herrsche dann Ruhe im Stall, weil kastrierte Schweine friedlicher sind. In England, Irland, Spanien und Portugal verzichten die Bauern trotzdem auf die Kastration und ziehen die Eber groß.
"Der Vorteil ist: Die akuten Schmerzen fallen weg, und die Bauern haben weniger Arbeit. Andererseits gibt es auch Nachteile für das Tierwohl: Aggressives Verhalten. Die Tiere unten in der Hierarchie werden ständig belästigt. Das muss man abwägen."
Impfung als Alternative zur Kastration
Und das ist alles andere als einfach, meint Michel Bonneau vom französischen Institut für Schweineforschung nahe Rennes. Neben dem Tierwohl spielen auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Kastrierte Eber wachsen zwar langsamer, liefern dafür aber hochwertigeres Fleisch. Alles hängt davon ab, in welcher Form das Schwein am Ende auf dem Teller landen soll.
"Wenn sie preiswertes Massen-Fleisch produzieren wollen, Kochwürste oder Kochschinken, dann sind Eber eine gute Lösung. In diesen Produkten fällt der Ebergeruch kaum auf, und das Fleisch ist billiger. Wenn sie aber luftgetrockneten Schinken oder Dauerwürste produzieren, die über Wochen reifen, dann sind Eber nicht geeignet, weil ihr Fett schneller ranzig wird und zu weich ist. "
Dann ist die Kastration besser. Die kann auch unter Betäubung stattfinden, doch das ist teuer, vor allem wenn ein Tierarzt erforderlich ist. Alternativ gibt es auch eine Impfung gegen männliche Hormone. Diese Immunokastration ist eigentlich ideal. Die Spritzen tun kaum weh, die behandelten Tiere wachsen schneller, liefern eine gute Fleischqualität und es gibt keine Probleme mit aggressiven Ebern. Schwierig ist allein die Umsetzung: Es werden zwei Impfungen benötigt. Die eine müsste schon bei der Ferkelaufzucht gegeben werden, die zweite im Mast-Betrieb. Der Ansatz verlangt also Koordination. Vielleicht gibt ja das endgültige Verbot der Kastration ohne Betäubung den nötigen Anstoß, das 2021 in Kraft tritt.
Alternative zum Bolzenschussgerät
Klar ist: Am Ende ihres Lebens werden alle Schweine geschlachtet, und auch im Schlachthof gibt es neue Entwicklungen, die versuchen, das Tierwohl soweit wie möglich mit den Wünschen der Menschen in Einklang zu bringen. Am McMaster Laboratory im Australischen Armidale erprobt Alison Small eine Alternative zum Bolzenschussgerät bei der Schlachtung von Rindern.
"Wir nutzen elektromagnetische Energie, Mikrowellen, um das Gehirn und nur das Gehirn zu erhitzen. Das geht sehr, sehr schnell. Noch bevor die Tiere Hitzestress erleben, werden sie bewusstlos."
Mikrowellen erlauben das Ausbluten der Tiere
Das zeigen Messungen der Hirnströme und der Stresshormone, sowie eine aufwändige Analyse von Videos der Mikrowellenschlachtung. Das Verfahren wird derzeit im Großmaßstab erprobt. Anstoß für die Entwicklung gab die Nachfrage durch die große islamische Gemeinschaft in Australien. Damit Fleisch als halal gilt, müssen die Tiere ausgeblutet werden. Andere Formen der Tötung sind nicht erlaubt.
"Bolzenschussgeräte verursachen so große Schäden, dass das Fleisch nicht halal ist. Eine Alternative ist die Betäubung durch Strom, doch das wirkt nur kurzfristig und gibt wenig Zeit für das Ausbluten. Mit der Mikrowellenmethode bleiben die Tiere drei, vier Minuten bewusstlos, so wird das Ausbluten mit dem Tierwohl vereinbar."
Es gibt viele unterschiedliche Ansätze, wie Tiere gehalten und getötet werden können. Die Wissenschaft kann ihre Vor- und Nachteile prüfen. Was am Ende aber umgesetzt wird, entscheiden vor allem die Wünsche der Verbraucher.