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Katalonien
Die Unabhängigkeit als Traum

Spanische Zwangsverwaltung statt Unabhängigkeit: Für die Befürworter einer katalanischen Republik waren die vergangenen Tage ein Dämpfer. Nötig wäre ein Dialog der beiden zerstrittenen Lager, doch der kam bislang nicht zustande. Entscheidend für den weiteren Fortgang könnten die Neuwahlen im Dezember sein.

Von Burkhard Birke und Hans-Günter Kellner |
    Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit demonstrieren am 27. Oktober 2017 in Barcelona.
    "Katalonien ist nicht Spanien": Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit während einer Demonstration in Barcelona (imago stock & people / Victor Serri)
    Friedlich und ohne Zwischenfälle verlief bisher die Machtübernahme in Katalonien. Die Parlamentspräsidentin sagte eine Präsidiumssitzung für morgen ab und akzeptiert damit die Auflösung der Regionalvertretung durch Madrid.
    Auch das Wochenende war relativ friedlich in Katalonien. Bis Freitag spät in die Nacht feierten die Separatisten die Resolution des Parlamentes, die den Weg zur Unabhängigkeit ebnen sollte. Sie trotzten der angekündigten Entmachtung der Regierung durch Madrid, nachdem sie tagelang Druck auf die Regierung gemacht hatten, doch endlich die Unabhängigkeit zu erklären.
    "Zum vierten Mal schon demonstriere ich schon, um unsere Grundrechte zu verteidigen. Mit dem Artikel 155 werden unserer Regierung, den Medien, der Polizei, unserer Informatik alle Rechte genommen. Das spanische Finanzministerium kontrolliert alle katalanischen Einnahmen. Wir glauben, wir verlieren."
    Für den Studenten Jordi, für viele seiner Kommilitonen und auch für Vertreter der älteren Generationen gab und gibt es deshalb nur einen Ausweg: Unabhängigkeit.
    Der Jubel war dann riesig in und vor dem katalanischen Parlament, als kurz vor halb vier am Freitagnachmittag Parlamentspräsidentin Carme Forcadell das Ergebnis der Abstimmung verkündete: Mit 70 Ja und 10 Nein Stimmen bei zwei Enthaltungen hat das katalanische Parlament eine Resolution verabschiedet, in der die Regierung Kataloniens aufgefordert wird, die nächsten Schritte zur Errichtung einer katalanischen Republik als unabhängigen, souveränen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat einzuleiten.
    Ein Dämpfer für den Enthusiasmus der Unabhängigkeitsbefürworter
    Die Antwort aus Madrid ließ nicht lang auf sich warten. Der Senat gab grünes Licht für die Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung. Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy beschloss noch am Abend die Umsetzung. Absetzung des Regionalpräsidenten und seines Stellvertreters sowie der gesamten Regierung, Auflösung des Parlamentes mit der Ankündigung von Neuwahlen für den 21. Dezember, Ablösung des Chefs der 17.000 Polizisten der Mossos de Escudra.
    Demonstranten protestieren am 21.10.2017 in Barcelona gegen die Inhaftierung von zwei führenden Aktivisten der separatistischen Bewegung. 
    Demonstranten beim Protest gegen die Inhaftierung zweier führender Aktivisten der separatistischen Bewegung (DPA, Nicolas Carvalho Ochoa)
    Ein Dämpfer für den Enthusiasmus der Unabhängigkeitsbefürworter. Nachdem sie mehrfach zu Hunderttausenden für Unabhängigkeit und die Freilassung der Separatistenführer Jordi Sanchez und Jordi Cruixart demonstriert hatten, gehörte gestern die Straße den Unionisten.
    "Wir demonstrieren, um zu zeigen, dass wir die schweigende Minder- oder Mehrheit sind. Die nennen uns die Minderheit, aber wir sind die schweigende Mehrheit!"
    Sagt Maria und Betty ergänzt:
    "Ich bin Spanierin und Katalanin. Ich werde jedoch nicht von einem Herrn repräsentiert, der nur für ein paar Katalanen spricht, die noch nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung ausmachen."
    Einen Tag später spaziert der Präsident der neugegründeten katalanischen Republik durch seine Heimatstadt Girona im Norden der Region. Zeitgleich strahlt der regierungsnahe öffentliche Fernsehsender TV3 eine Erklärung von Carles Puigdemont aus, offenbar aufgezeichnet am Vortag in Barcelona auf den Treppen seines bisherigen Arbeitsplatzes, dem gotischen Palast der Generalitat Kataloniens.
    "Gestern haben wir einen historischen Tag erlebt, voller demokratischer Vernunft und Bürgersinn. Das katalanische Parlament hat die Anweisung ausgeführt, den ihm die Bürger am 27. September 2015 bei den Wahlen erteilt haben. Als eine aus den Urnen hervorgegangene Mehrheit das Parlament beauftragte, die Unabhängigkeit zu erklären."
    "Gemeinsam für das Ja"
    Der Politiker bezieht sich auf die Parlamentswahlen, die die Nationalisten vor zwei Jahren kurzerhand zu einem Plebiszit erklärten, nachdem das spanische Verfassungsgericht bereits schon einmal ein Referendum über die Unabhängigkeit verboten hatte. Dafür schlossen sich die bürgerlichen Nationalisten, denen auch Puigdemont angehört, und die Linken Republikaner Kataloniens zu einem Wahlbündnis zusammen. Sie nannten sich "gemeinsam für das Ja". Wer für die Unabhängigkeit ist, sollte für sie stimmen.
    Doch das Bündnis kam auf nur 40 Prozent. Zum Regieren benötigten sie einen Partner. Die Wahl fiel auf die Kandidatur der Volkseinheit, abgekürzt CUP, die in der Tradition des katalanischen Anarchismus steht. Zählt man ihre Wählerstimmen hinzu, kam der separatistische Block zwar auch nur auf 48 Prozent der abgegebenen Stimmen bei den zum Plebiszit erklärten Wahlen, also auf keine Mehrheit für die Unabhängigkeit. Aber aufgrund des katalanischen Wahlgesetzes erreichte das Bündnis so eine Mehrheit im Parlament zu Barcelona.
    "Die Separatisten hatten 2015 nach den Regionalwahlen die Möglichkeit, sich politisch neu zu positionieren", sagt Oriol Bartomeus, Politikwissenschaftler an der Autonomen Universität von Barcelona.
    "Aber da entschlossen sie sich ganz deutlich für die Unabhängigkeit. Das war der Bruch. Das Separatistenbündnis aus bürgerlichen Nationalisten und den Linken Republikanern hätte da auch mit den übrigen linken Kräften koalieren können, statt mit den Anarchisten. Damit hätten sie auf einen schnellen Weg in die Unabhängigkeit verzichtet. Der Block der Sezessionisten hat den Weg zu einem Abkommen mit Madrid damit verschlossen."
    Wie ein solches Abkommen überhaupt aussehen könnte, wurde bisher nicht geklärt. Seit Jahren sprechen zahlreiche spanische Juristen von einer Verfassungsreform. Der rechtliche Rahmen von 1978 sei ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten mit der Dezentralisierung des Landes: die spanischen Regionen haben weitreichende Kompetenzen, etwa bei der Justiz, in Bildung und Gesundheit, manche auch in Fragen der inneren Sicherheit oder Finanzen.
    Die Collage zeigt Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy und den bisherigen katalanischen Regionalpräsident Carles Puigdemont.
    Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy (l) und der bisherige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont: Ohne Kompromisse wird es keine Lösung geben (dpa)
    Doch an den Gesetzen, die das Parlament in Madrid verabschiedet, haben sie kein Mitspracherecht. Es fehle ein Bundesrat, sagt Verfassungsrechtler Javier García Roca. Diese Debatte werde seit den 1990er Jahren geführt, ohne dass sich etwas getan habe, meint er frustriert:
    "Dafür müsste man Kompromisse schließen. Eine Verfassung ist der Pakt mit dem Feind, oder zumindest mit dem, der eine andere Position hat. Eine Verfassung ist die Suche nach Gleichgewichten bei sich widersprechenden Interessen. Föderalismus bedeutet Gleichgewicht, das müssen wir finden. Spaniens Regierungschef Rajoy und der katalanische Ministerpräsident Puigdemont müssen sich verständigen. Ohne Kompromisse wird es keine Lösung geben. Das ist in jeder Familie so."
    Kein wirklicher Föderalismus in Spanien
    Allerdings: Die Debatte um eine Föderalismusreform hat auch die katalanischen Nationalisten nie wirklich begeistert. Sie zogen es stets vor, ihre Anliegen bilateral mit der spanischen Regierung zu besprechen. Etwa, um im Parlament in Madrid die spanische Regierungspartei zu unterstützen. So geschehen bei den Ministerpräsidenten Felipe González, später José María Aznar und zuletzt José Luis Rodríguez Zapatero. Wäre Spanien wirklich föderal, würden die Angelegenheiten des Landes mit allen Regionen diskutiert, erklärt Jurist García Roca:
    "Föderalismus ist Multilateralismus. Wenn wir über Finanzierung sprechen, müssen alle miteinander sprechen. Es ist absurd, so etwas bilateral lösen zu wollen. Was Katalonien bekommt, bekommt am Ende Aragón nicht. Die Finanzierung oder die Kompetenzen sind klare Beispiele für die Notwendigkeit eines Föderalstaats. Wenn wir über eine Bildungsreform sprechen, müssen die Regionen daran beteiligt werden. Sonst passiert uns das, was beim letzten Bildungsgesetz der Volkspartei passiert ist. Die Regionen, die diese Reform ausführen müssten, haben sie schlicht ignoriert. Dieses Gesetz ist als ein völlig unnützes Gesetz in die Geschichte eingegangen."
    Eine solche Föderalismus-Reform könnte mit einer klaren Abgrenzung der Kompetenzen auch die ständigen Meinungsverschiedenheiten beilegen, die die Regionen mit der Zentralregierung immer wieder vor dem Verfassungsgericht ausfechten. Fragen etwa wie die, ob ein Verbot, sozial Bedürftigen den Strom abzustellen, in die Kompetenz des spanischen Parlaments oder in die der regionalen Parlamente fällt.
    Ein weiteres -zumindest bislang - zentrales Anliegen der katalanischen Nationalisten wird in Madrid hingegen längst verhandelt – ohne die Katalanen allerdings. Im Februar trafen sich die Ministerpräsidenten der Regionen mit Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, um Gespräche über eine Reform der Verteilung der Steuergelder zwischen Regionen, Kommunen und Zentralregierung in Gang zu bringen. Doch die katalanische Regierung blieb dem Treffen fern. Daran erinnerte Rajoy am 11. Oktober in der Parlamentsrede zu Katalonien.
    "Kann man in einer solchen Situation noch einen Dialog führen? Ohne jeden Zweifel, ja! Etwa über die Zahl und Qualität der öffentlichen Dienstleistungen, über ihre Finanzierung, über eine Verbesserung der Autonomie, darüber, wie Effizienz und Solidarität besser miteinander in Einklang zu bringen sind oder wie wir Rechenschaft über unser Handeln ablegen. Kann der Rahmen unseres Zusammenlebens verbessert werden? Natürlich! Mit uns allen und im Rahmen der vorgesehenen Organismen, vor allem in der Ministerpräsidentenkonferenz, an der die katalanische Regierung nicht teilnehmen möchte."
    Rajoy ging in seiner Rede noch weiter. Auch ein Dialog über eine Verfassungsreform sei nicht ausgeschlossen. Selbst die fundamentalen Artikel könnten verändert werden – aber eben nur im spanischen Recht dafür vorgesehenen Rahmen, im Parlament. Allerdings:
    Puigdemont: Werden einen Weg zur Lösung finden
    "Ein Dialog ist das Gegenteil von der Absicht, die Gesetze völlig außer Acht zu lassen, den Gesprächspartner zu bedrohen oder vor vollendete Tatsachen zu stellen."
    "Geschätzter Ministerpräsident Rajoy,…"
    … beginnt der katalanische Regierungschef Puigdemont seinen Antwortbrief an Rajoy:
    "… die Priorität meiner Regierung ist es, so intensiv wie nur möglich einen Weg zum Dialog zu finden. Wir wollen sprechen, wie es in den konsolidierten Demokratien üblich ist, über das Problem, das die Mehrheit des katalanischen Volks ihnen unterbreitet: Dass es den Weg zu einem unabhängigen Land im europäischen Rahmen beschreiten möchte. Lassen wir nicht zu, dass die Situation sich weiter verschärft. Mit gutem Willen, und mit Mut, die Probleme offen anzusprechen, bin ich mir sicher, dass wir einen Weg zur Lösung finden werden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Carles Puigdemont i Casamajó
    Präsident der Generalität von Katalonien
    Barcelona, 16. Oktober 2017"
    Das Ergebnis ist bekannt. Es kam nicht zum Dialog. Trotz der angeblichen Bereitschaft beider Seiten, miteinander zu sprechen, wie das überraschende Angebot Rajoys zur Verfassungsdebatte, der sich der Konservative bis dahin verschlossen hatte.
    Stattdessen intervenierte die spanische Regierung erstmals in der jüngeren Geschichte Spaniens in einer autonomen Region, entließ die Regierung und löste das Parlament auf. Dazu mag sie der berüchtigte Verfassungsartikel 155 berechtigen, der dem sogenannten Bundeszwang im deutschen Grundgesetz entlehnt ist. Aber: Warum kamen die beiden trotz ihrer erklärten Dialogbereitschaft nicht zusammen? Politologe Bartomeus dazu:
    "Puigdemont wollte einen Dialog über die Unabhängigkeit. Über die Frage, auf welchem Weg sie erklärt werden könnte. Oder zumindest über ein Referendum über die Unabhängigkeit. Sonst über nichts. Und Rajoy wollte, dass Puigdemont vor Aufnahme der Verhandlungen gerade auf diese Unabhängigkeit verzichtet. Aber zu keinem Zeitpunkt gab es eine echte Gelegenheit dazu - dass sich beide hätten zusammensetzen und miteinander sprechen können."
    Vor dem Sitz der katalanischen Regionalregierung in Barcelona, der "Generalitat", werden am 30.10.17 die katalanische und die spanische Flagge geschwenkt. 
    Vor dem Sitz der katalanischen Regionalregierung in Barcelona, der "Generalitat", werden am 30.10.17 die katalanische und die spanische Flagge geschwenkt. (AFP / LLUIS GENE)
    Puigdemont weiterhin Präsident Kataloniens?
    Stattdessen haben die katalanischen Separatisten die Unabhängigkeit erklärt und die katalanische Republik ausgerufen. Doch wer heute mit dem Auto von Frankreich nach Katalonien fährt, sieht weiterhin spanische Zollbeamten an der Grenze, auf dem Flughafen von Barcelona arbeiten die spanische Policía Nacional und die spanische Guardia Civil und auf dem Regierungspalast der katalanischen Generalität in Barcelona weht weiterhin neben der katalanischen auch die spanische Fahne.
    "Die Separatisten leben in einer Fiktion. In der katalanischen Republik. Das Problem sind nicht die politischen Anführer. Es sind die Leute, die ihnen folgen. Anderthalb bis zwei Millionen von Menschen glauben, dass dies die Wirklichkeit ist, dass es ein alternatives legitimes Parlament geben könne, das den authentischen Willen des Volks repräsentiert. Und wenn sie aufgerufen werden, die Wahlen am 21. Dezember zu boykottieren, werden sie das machen. Sie werden weiterhin glauben, dass Puigdemont weiterhin der Präsident Kataloniens ist."
    Bis zum vergangenen Donnerstag hätte Puigdemont noch einen Notausgang nehmen können. Hätte er das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen, hätte er die spanische Zwangsverwaltung Kataloniens verhindert. Neuwahlen hätten auch die Ermittlungen abgewendet, die die Staatsanwaltschaft nun gegen Puigdemont und seine Minister angekündigt hat. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie der Rebellion und des Aufruhrs und will sie zum Ermittlungsgericht am Nationalen Gerichtshof zitieren.
    "Das hängt nicht nur von der Regierung ab, sondern von der Staatsanwaltschaft, die autonom vorgeht. Und eine mögliche Verhaftung hängt vor allem vom zuständigen Untersuchungsgericht ab, das von der Regierung in Madrid unabhängig ist. Weigert sich Puigdemont, einer Vorladung zur Aussage zu folgen, würde er verhaftet werden. Das würde die Sezessionisten weiter radikalisieren und die Aussichten für eine Verhandlungslösung weiter verschlechtern."
    Die Regierung Rajoy habe das Problem jahrelang ignoriert, sagt der Politologe, nicht ernst genommen. Viel früher hätte sie aktiv werden müssen. Er hat aber auch Lob für Rajoy. Zum ersten Mal in seiner politischen Karriere habe der konservative Politiker schnell gehandelt.
    "Die Entscheidung der Volkspartei von Rajoy, so schnell wie möglich Neuwahlen abzuhalten, ist ein kluger Schachzug. Sie haben damit die Separatisten wieder unter Zugzwang gesetzt. Sie müssen entscheiden, ob sie sich an den Wahlen beteiligen oder nicht. Damit müsste ein Dialog in Gang kommen. Nehmen sie nicht an den Wahlen teil, öffnet sich die Tür zur Hölle."
    Eine Verfassungsreform als Lösung?
    Die Separatisten scheinen sich unterdessen mit der neuen Situation zu arrangieren. Parlamentspräsidentin Carme Forcadell hat zum Beispiel eine Sitzung des Vorstands abgesagt. Sie erkenne damit die Auflösung des Parlaments an, meinen spanische Zeitungen. Die bürgerlichen Nationalisten haben inzwischen auch schon angekündigt, bei den Wahlen am 21.Dezember anzutreten. Und Vizeregierungschef Oriol Junqueras von der zweiten großen sezessionistischen Partei Republikanische Linke hat in einer katalanischen Zeitung einen vieldeutigen Satz veröffentlicht: Wir werden Entscheidungen treffen müssen, die nicht leicht zu verstehen sind.
    Gemeint ist damit vor allem: Eine Teilnahme an den Wahlen würde bedeuten, dass die Separatisten den spanischen Verfassungsrahmen zumindest vorläufig anerkennen. Eine bittere Pille für ihre Anhänger. Denn die katalanische Republik bliebe damit – vorerst – ein Traum.
    Eine Verfassungsreform, die Katalonien - und später vielleicht auch anderen Autonomieregionen mehr Selbstbestimmung in Form eines bindenden Referendums gewährt: Das ist der Wunsch der überwiegenden Mehrheit der Katalanen – gleich welchem Lager sie angehören. Und das scheint auch die einzige realistische Chance zu sein, das Problem dauerhaft zu lösen.
    Kurzfristig freilich müssen sich die Separatisten entscheiden: Nehmen sie am 21. Dezember an der von Madrid angeordneten Neuwahlen teil oder nicht. Es bleiben nur noch wenige Tage, um Listen und Kandidaten zu melden. Puigdemonts Generalsekretarin deutete an, dass dessen Partei an den Regionalwahlen am 21. Dezember teilnehmen werde.
    Beobachter sind der Meinung, dass eine Wahlteilnahme der separatistischen Parteien die Wahrscheinlichkeit von Unruhen in Katalonien in den nächsten Wochen erheblich reduziert.
    Wäre da nicht die Ankündigung der unabhängigen Justiz, die gesamte Regierung und das Parlamentspräsidium jetzt vorm Staats- beziehungsweise Obersten Gericht anzuklagen.
    Rebellion, Aufruhr, Veruntreuung – so lautet die Anklage insbesondere gegen die Regierung. Haftstrafen von 30 Jahren und mehr drohen dem abgesetzten Regionalpräsidenten Puigdemont und seinen Mitstreitern. Einige von ihnen – so wird gemeldet – sollen in Belgien um politisches Asyl nachgesucht haben. Darunter auch Carles Puigdemont.