Größer hätte der Kontrast nicht sein können - und das sollte er wohl auch nicht. Während der König am Dienstag in scharfem Ton die katalanischen Politiker kritisiert hatte, gab sich der dortige Ministerpräsident betont sanft.
"Frieden, Dialog und Einigung sind Teil der Kultur unseres Volkes. Aber leider haben wir nie eine positive Antwort des Staates auf irgendeine der Vermittlungsoptionen bekommen, die auf dem Tisch liegt."
Ansprache ohne Provokationen
Puigdemont ging es mit seiner Ansprache sichtlich darum, die Katalanen zusammenzuschweißen - und um einen Vermittler zu werben. Das Wort "Dialog" fiel dabei häufig, das Wort "Unabhängigkeit" interessanterweise kein einziges Mal. Puigdemont verzichtete bewusst auf gröbere Provokationen. Allerdings nicht ohne eine Breitseite gegen den König loszulassen - auf Katalanisch:
"Ich möchte mich direkt an Seine Majestät richten, in einer Sprache, von der ich weiß, dass er sie versteht und spricht: So nicht! Mit Ihrer Entscheidung von gestern haben Sie viele Menschen enttäuscht, die sie schätzen. Die Menschen haben von Ihnen einen anderen Ton erwartet, einen Appell an Dialog und Eintracht."
Unabhängigkeit sofort - oder später?
Die spanische Vize-Regierungschefin Saénz de Santamaría wartete mit ihrer Antwort kaum fünf Minuten.
"Die Mehrheit der Katalanen hat die Botschaft des Königs wie einen Balsam für die Seele empfunden, angesichts von so viel Unsicherheit und Unruhe. Nie zuvor waren Spanien und Katalonien so gespalten. Die Rechte der Katalanen werden von der Regionalregierung komplett missachtet."
Am Montag hat das Regionalparlament in Barcelona das Thema Unabhängigkeit auf der Tagesordnung. Besonders die linksextreme Separatisten-Partei Cup möchte, dass in dieser Sitzung auch schon die Unabhängigkeit verkündet wird. Ob das so passiert, ist aber alles andere als sicher: Die bürgerlichen Kräfte unter den Separatisten, zu denen auch Puigdemont gehört, haben es offenbar nicht ganz so eilig.
Rajoy lehnt Gespräche ab
Puigdemont stößt mit der Idee eines Vermittlers auch in den Reihen der Europäischen Kommission auf taube Ohren. Sie betrachtet den Konflikt als internes Problem Spaniens. Dafür machte heute Pablo Iglesias, Chef der Linkspartei Podemos die Initiative. Er möchte Rajoy und Puigdemont an einen Tisch bringen.
"Wir möchten die beiden bitten, sich in einer Vermittlung zu einigen. Sie sollen sich zusammensetzen und miteinander sprechen - zunächst einmal allein darüber, wer vermitteln könnte, um einen politischen Dialog zu beginnen, der leider abgerissen ist."
Rajoy lehnte Gespräche mit Puigdemont daraufhin aber ab. Man könne nicht mit jenen verhandeln, die den Staat brutal erpressen, wurde Rajoy in Regierungskreisen zitiert. Von Entspannung zwischen Barcelona und Madrid kann also noch keine Rede sein. Das zeigt sich auch an der Börse: Der spanische Aktienindex Ibex verzeichnete gestern die größten Verluste seit dem Tag des Brexits.