Puigdemont betonte, dass die katalanische Bevölkerung mit dem Referendum der Regierung den Auftrag gegeben habe, einen eigenen Staat zu gründen. "Ich bitte das Parlament, dass es die Unabhängigkeitserklärung aussetzt, damit in den kommenden Wochen ein Dialog in Gang gesetzt werden kann", sagte er.
Es gebe den Ruf nach einem Dialog in Europa, um den Konflikt friedlich lösen zu können. Puigdemont rief die Zentralregierung in Madrid auf, sich einer Mediation nicht zu verschließen. Es gelte nun Spannungen abzubauen und eine politische Lösung zu suchen.
Der Regionalpräsident verwies auf mehrere, seriöse internationale Vermittlungsangebote. Unter anderem habe sich der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan als Mediator angeboten. Wenn sich jeder Beteiligte verantwortungsbewusst verhalte, könne man die Lage lösen, erklärte Puigdemont.
Die an der katalanischen Regierungskoalition beteiligte Linkspartei CUP kritisierte die Rede Puigdemonts und forderte eine Unabhängigkeitserklärung. Später wurde im Parlament doch noch ein Dokument zur Loslösung von Spanien unterzeichnet, dem vorerst aber wohl nur symbolische Bedeutung zukommt.
Spanische Regierung warnt
Die spanische Regierung wies die Erklärung Puigdemonts zurück. Die "implizite" Erklärung der Unabhängigkeit Kataloniens sei "unzulässig", erklärte ein Regierungssprecher in Madrid. Vize-Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria kündigte für Mittwochvormittag eine Sondersitzung des Kabinetts an. Dabei solle über das weitere Vorgehen entschieden werden.
EU-Ratspräsident Tusk hatte Katalonien vor der Rede dazu aufgerufen, sich nicht von Spanien abzuspalten. Eine Unabhängigkeitserklärung werde nicht nur schwerwiegende Folgen für Katalonien und Spanien haben, sondern für ganz Europa, sagte Tusk in Brüssel. Die aktuelle Krise könne nur durch Dialog gelöst werden.
Demonstrationen für Unabhängigkeit
Hunderte Befürworter der Unabhängigkeit verfolgten in der Nähe des Parlaments auf Großbildschirmen das Geschehen in und um das Parlament. Um Ausschreitungen sowie Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern der Unabhängigkeit zu verhindern, hatte die Polizei ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Am 1. Oktober hatte Katalonien ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten lassen. Dabei stimmten rund 90 Prozent für die Abspaltung. Die Beteiligung lag jedoch bei nur 43 Prozent.
(fwa/jasi)