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Katalonien
Unternehmer träumen von der Unabhängigkeit

In Katalonien werden am Nationalfeiertag wieder Hunderttausende für die Loslösung von Spanien demonstrieren - knapp zwei Wochen vor den vielleicht entscheidenden Wahlen. Die Unternehmer der finanzstarken Region befürworten die katalanische Unabhängigkeit, hoffen aber auf eine freundschaftliche Trennung.

Von Julia Macher |
    Katalanen tanzen Sardana in Barcelona mit der Fahne der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung
    Jedes Jahr am 11. September schwenken die Katalanen die gelb-rot-gestreiften Fahnen und demostrieren für ihre Unabhängigkeit. (picture alliance / dpa / Robert B. Fishman)
    Eine Papierwarenfabrik in Manlleu, in der Nähe von Vic, tief im katalanischen Hinterland. Die Kordeln, die hier gedreht werden, kleben an Tragetüten in Deutschland, Portugal, Shanghai. 60 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen über den Export, zu einem Großteil in die EU und nach Asien, Tendenz steigend.

    Joan Rovira führt durch die Fabrikanlage am Ufer des Flusses Ter, verweist stolz auf die Inschrift an der Mauer, die den Widerstand der ursprünglichen Besitzer der alten Mühle gegen die Bourbonen attestiert. Der Geschäftsführer der Mim Group ist überzeugter Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit. Gemeinsam mit dem Großteil der katalanischen Handelskammern und Unternehmervereinigungen hat er sich in einer Erklärung hinter den separatistischen Kurs der katalanischen Regionalregierung gestellt.
    Optimistische Stimmung in Katalonien
    Sorgen um seine exportabhängige Firma macht er sich keine, selbst ein möglicher Ausschluss aus der EU schreckt Rovira nicht:

    "Ein unabhängiges Katalonien könnte sofort das Freihandelsabkommen EFTA abschließen, für den freien Waren- und Personenverkehr reicht ein unilaterales Abkommen. Mehr brauchen wir nicht, um funktionieren zu können. Außerdem kann uns die EU ja nicht einfach rausschmeißen: Ich habe einen europäischen Pass, selbst Spanien kann mir meine spanische Staatsbürgerschaft nicht entziehen. In einer Übergangszeit könnte ich immer noch als Spanier arbeiten. Es kann nur eine freundschaftliche Trennung geben, andernfalls verlieren beide Seiten."

    So viel Optimismus ist symptomatisch für die Stimmung in Katalonien, knapp zwei Wochen vor der entscheidenden Wahl. Eine Diskussion über die Chancen und Risiken eines eigenen Staates wird kaum geführt. Kritische Stimmen wie die der katalanischen und spanischen Arbeitgeberverbände, die vor Verteuerung der Exporte, ausbleibenden Investitionen warnen, redet man in der öffentlichen Debatte klein.
    Natürlich werde man "Mautgebühren" zahlen müssen für den Traum von der Unabhängigkeit, sagt Joan Rovira, aber die seien allenfalls vorübergehend, langfristig rechne sich die Investition. Nur mit eigenen staatlichen Strukturen, einer eigenen Investitionspolitik könne Katalonien seine Wirtschaftskraft erhalten. Das ist auch der offizielle Diskurs der Einheitsliste Junts pel si, zu der sich Artur Mas' Convergència, die Linksrepublikaner und Vertreter von Bürgerorganisationen zusammen geschlossen haben.

    "Wir haben doch alles versucht: Fiskalpakt, Strukturreformen, Föderalismus. Aber die andere Seite, Madrid, Spanien, will einfach nicht."
    Hoch pokern, um mit Madrid ganz neu zu verhandeln
    Es gebe keinen Weg zurück, sagt Raül Romeva von Junts pel Si. Friedemann Hoffmann macht dieses Vorpreschen Sorge. Der deutsche Unternehmer fertigt und verkauft LED-Anlagen in Gavà, einem Industriegebiet nahe Barcelonas. Befände sich seine Firma MCI plötzlich auf dem Gebiet eines neuen Staates, müsste er sich für den Handel mit Spanien neue Vertreter suchen, neue Verträge aushandeln. Auch eine Umsiedlung seines 80-köpfigen Unternehmens in einen anderen Teil Spaniens schließt er nicht aus:

    "Nichts ist vorbereitet, wie man damit umgehen soll mit dieser Unabhängigkeit, weder in Barcelona noch in Madrid. Es ist eine bizarre Situation, keiner blickt richtig durch. Alle hoffen, dass es am Ende doch zu einer Übereinkunft kommt, zu einem starken Entgegenkommen von Madrid und Katalonien in Spanien verbleibt. Das ist der Grundtenor der Unternehmer."

    Hoch pokern, um mit Madrid ganz neu verhandeln zu können: Das scheint die Strategie zu sein. Nur mit einer überwältigenden Mehrheit im Rücken könne man auf Gesten der Zentralregierung hoffen, sagt Raül Romeva auf einer seiner Veranstaltungen. Und auch Joan Rovira, der Papierfabrikant aus Manlleu, meint beim Gang durch die Produktionshallen: Am Ende werde sich der katalanische "seny" durchsetzen, die unternehmerische Vernunft – etwa in Form einer Konföderation zwischen Katalonien und Spanien. Aber dazu brauche man erst einmal ein staatsähnliches Gebilde.