„Das erste Störgefühl ist das Thema Weihnachten, also Vorweihnachtszeit und WM, das passt fast für die Hälfte der Teilnehmer nicht zusammen“, sagt POSpulse-Chefin Elena Bergmann-Eggeling. Das Marktforschungsunternehmen hat im Frühjahr und Sommer Umfragen zur WM in Katar durchgeführt.
„Das andere Thema sind die Menschenrechte und die Menschenrechtssituation. Da haben wir aktiv nachgefragt und da ist das Störgefühl sogar größer. Also fast 60 Prozent lehnen es ab oder befinden es für nicht gut, dass der Austragungsort Katar ist.“
Die Haltung der Konsumenten hat Konsequenzen für den Einzelhandel. Viele Discounter machen nur kleine oder gar keine WM-Sonderaktionen. Statt Fußballfieber herrscht Weihnachtsstimmung in den Läden. Der Konsumrausch mit Trikots, Fanartikel und bei bestimmten Lebensmitteln bleibt aus. Stefan Hertel, Sprecher des Handelsverbands Deutschland HDE:
„Für den Einzelhandel wäre es sicherlich einfacher und schöner gewesen, das wie immer im Sommer durchzuführen. Ganz einfach, weil dann die Stimmung eine ganz andere ist als jetzt im kalten Herbst, beginnenden Winter, wo wir sicherlich nicht so viele öffentliche Public Viewings erleben werden, die unter freiem Himmel Massen bewegen.“
Viele verzichten auf Public Viewing und Live-Übertragungen
Die 20 größten deutschen Städte verzichten auf Public Viewing, viele Gastwirte wollen die Live-Übertragungen der WM nicht zeigen. Gerade für diese Events werden sonst Trikots, Fanartikel, Lebensmittel und Getränke stark nachgefragt. Dazu kommt: Eine WM-Sonderkonjunktur braucht eine entsprechende Stimmung im Land, erläutert Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln:
„Ich glaube, im Moment überwiegt in den Medien natürlich auch die negative Berichterstattung über die Fußball-WM. Wir haben noch keine Begeisterung. Das kann sich sehr schnell aber auch drehen, wenn die Ergebnisse der deutschen Nationalmannschaft stimmen.“
Im Bereich Unterhaltungselektronik waren große Fußballturniere oft der Anlass, sich einen neuen Fernseher zu kaufen. Doch die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar lässt die TV-Geräte zu Ladenhütern werden, beobachtet Kai Hudetz:
„Der Handel hat sich auf eine stärkere Nachfrage eingestellt, die Lieferketten funktionieren wieder. Und jetzt ist doch die Nachfrage gerade auch nach diesem Produkt vergleichsweise gedämpft.“
Auch Brauereien erwarten keine höheren Umsätze
Neben dem Handel ist auch für die Brauereien das Geschäft gelaufen. Sie erwarten dieses Jahr keine Umsatzsteigerung. In der Vergangenheit waren Welt- und Europameisterschaften immer wieder stabile Umsatzmotoren.
„Beispiel: Mai 2018 vor der Fußball-WM, da gab es ein enormes Wachstum auf dem Biermarkt", meint Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes.
„Fußball-WM, das wird von vielen Fans gleichgesetzt mit Sommer, Sonne, Biergarten und Grillpartys. Mit einer WM im Winter haben wir in Deutschland aber wenig Erfahrung. Von diesem Event erwartet sich unsere Branche keine Impulse.“
Die WM in Katar hat die deutsche Wirtschaft weitgehend abgehakt. Die große Hoffnung der Händler liegt jetzt bei der EURO 2024 in Deutschland.