Eine Wüstenrose besingt der junge Mann – und die Zeit, als seine Vorfahren noch in Zelten wohnten - die Vergangenheit. Aber das Gebäude, vor dem er musiziert, weist in die Zukunft: das neue Nationalmuseum in Katar setzt architektonisch neue Maßstäbe. Es wirkt, als bestehe es nur aus Scheiben, und erinnert an Blätter – an die Blätter einer Wüstenrose.
Der französische Star-Architekt Jean Nouvel hat das Museum entworfen – und mit der gigantischen Wüstenrose ein neues Wahrzeichen für das kleine Emirat geschaffen.
"Ich habe nach einem Symbol gesucht, ein nationales Gebäude ist immer ein Symbol, das gleichzeitig erkennbar ist. Die Rose erzählt vom Meer und von der Wüste. Und die Technik, die angewandt wurde, drückt Wissen, Geschick und Modernität aus."
Das gigantische Gebäude bietet Platz für elf Dauerausstellungsräume. Eineinhalb Kilometer müssen die Besucher zurücklegen, wenn sie alle Objekte sehen wollen. Viel Raum für die Geschichte Katars – einem noch sehr jungen Land.
"Warum bauen wir Museen?, fragt der Emir, Tamim bin Hamad Al-Thani, bei der Eröffnung. "Wir tun das weder um die Kunstwerke darin zu lagern, noch um die Geschichte zu veranschaulichen, sondern um die Menschen in Katar, Bürger und Gäste über unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unseren Status in der Welt aufzuklären. Und daher gilt das Museum als Ausdruck unserer arabischen kulturellen Identität."
Katar lässt sich nicht einschüchtern
Mit dem neuen Nationalmuseum und dem Kauf von Kunst in großem Stil will Katar zeigen, was es kann – finanziell, organisatorisch, aber auch kulturell. Die internationale Aufmerksamkeit für Mega-Projekte wie das neue Museum wirkt dabei wie eine Versicherung. Seit knapp zwei Jahren blockieren Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate den kleinen Nachbarn am Golf. In ihren Augen ist Katar zu oft eigene Wege gegangen. Aber: Das Emirat lässt sich von der Blockade nicht einschüchtern:
"Katar ist nun viel stärker geworden, als es vor Juni 2017 der Fall war. Katarische Bürger und Gastarbeiter arbeiten zusammen, um das Land aufzubauen, die Wirtschaft zu stärken, die Würde des Menschen zu bewahren und die Wahrheit zu verteidigen. Die Menschen lernen sich dabei kennen und begegnen einander mit Liebe und großem Respekt."
Kritik am Umgang mit Gastarbeitern oder der Rolle des Emirats im Syrien-Krieg lassen die Katarer von sich abprallen – öffentliche Kritik ist Tabu. Was Katar ausmacht – das können Besucher im neuen Museum erleben, sagt Karen Excell. Sie hat die Dauerausstellung mitgestaltet:
"Als junge Nation ist es wichtig, zu definieren, wer man sein will. Es geht um die Zukunft. Katar ist eine junge Nation – offiziell 40 Jahre alt. Und die Leute denken darüber nach: Was ist unsere Geschichte, und wie erzählen wir sie?"
Das Museum - ein Ort der Findung
In der Ausstellung kommen Menschen in Videos zu Wort. Sie erzählen von früher. Als jeder jeden kannte und Besuch oft wochenlang blieb. Als für die Gäste ein Extra-Zelt aufgestellt und der Kaffee noch von Hand zubereitet wurde. Ein starker Kontrast zu dem Tempo, das Katar heute vorlegt. Hotels, eine High-Tech Metro, Stadien – bis zur Fußball-WM 2022 hat das Emirat noch viel vor.
"Katar hält sich an die Pläne, die vorgegeben wurden, um die Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2022 auszurichten. Dieses Ereignis gilt als das Fest des Sports, der Kunst und der Kultur, sowie des Teamgeistes und der Solidarität, das alle Fußballfans und alle Menschen mit guten Willen aus der ganzen Welt verbindet."
Das Nationalmuseum: ein Ort der Begegnung - und der Findung. Aber dabei soll es nicht bleiben. Längst schmiedet Katar Pläne für das größte Museum der Welt.