Ein nüchterner Besprechungsraum in einem fabrikähnlichen Gebäude in einem Vorort von Kaufbeuren. Auf dem Tisch liegt eine große Nepal-Karte, mit allerlei Markierungen darauf. Bei der Diskussion mit dabei: Susanne Merkel, Leiterin für Internationale Projekte bei der Allgäuer Hilfsorganisation "Humedica e.V."
"Wenn ich bei der Alarmierung anfange: Wir haben etwa zwei Stunden nach dem Erdbeben Bescheid gewusst. Innerhalb von zwei Stunden sind wir also hier im Büro und versuchen ein Einsatzteam zusammenzustellen. Innerhalb von einem halben Tag oder einem Tag können wir die losschicken."
Im Katastrophenfall blitzschnell medizinisches Fachpersonal aus Deutschland an den Unglücksort zu schicken, darum geht es bei "Humedica" als allererstes. Dazu verfügt die Organisation über eine so genannte Notfall-Datenbank. Die besteht aus 500 Adressen von Ärzten, Krankenschwestern und Krankenpflegern in ganz Deutschland, die sich bereit erklärt haben, im Katastrophenfall innerhalb kürzester Zeit ins Flugzeug zu steigen – Richtung Einsatzort.
"Wir schicken in einem solchen Fall eine Notfall-SMS raus. Und wer gehen kann, wer los kann, der meldet sich bei uns sofort zurück. Wir haben innerhalb von ein, zwei Stunden schon an die 30, 40 Leute. Aus denen stellen wir ein Team zusammen."
Im Notfall schnell Ersatz organisieren
Ärzte und Pfleger, die dazu ihre Bereitschaft erklärt haben, haben vorgesorgt: Im Notfall müssen sie blitzschnell eine Vertretung organisieren können, sei es in der eigenen Praxis oder im OP eines Krankenhauses, in dem sie arbeiten. Zu denen, die im Auftrag von Humedica in die nepalesische Hauptstadt Katmandu geflogen sind, gehört der Heidelberger Notarzt Dr. Oliver Emmler:
"Meine Hauptmotivation war, dass sich als Arzt, als Unfall-Chirug mit Humedica sehr schnell an den Ort des Geschehens komme. Sehr schnelle, kleine mobile Teams."
Die Leitung nach Kathmandu ist denkbar schlecht. Dass Emmler nur wenige Stunden nach dem Erdbeben bereits im Flugzeug saß, ist dagegen die Stärke der Katastrophenhilfe aus dem Allgäu. Die sieht sich als sinnvolle Ergänzung zu den ganz großen Hilfsorganisationen, so Steffen Richter, Sprecher von Humedica:
Die Leitung nach Kathmandu ist denkbar schlecht. Dass Emmler nur wenige Stunden nach dem Erdbeben bereits im Flugzeug saß, ist dagegen die Stärke der Katastrophenhilfe aus dem Allgäu. Die sieht sich als sinnvolle Ergänzung zu den ganz großen Hilfsorganisationen, so Steffen Richter, Sprecher von Humedica:
"Wir haben halt den Vorteil, dass wir sehr schnell und sehr mobil sind. Und das ist gerade bei medizinischer Katastrophenhilfe sehr wichtig. Wir können sehr flexibel helfen. Aber es braucht trotzdem auch die anderen Organisationen, die, wenn sie denn da sind, vielfältigere Möglichkeiten haben und sich zum Beispiel im Bereich der Operationen einbringen können."
Steffen Richter führt seine Besucher gerne durch die riesigen Lagerhallen der Allgäuer Hilfsorganisation.
"Wir haben wir ganz viele unterschiedliche Hilfsgüter gelagert. Wir sehen zum Beispiel medizinische Bedarfe. Das kann ein Rollstuhl sein. Es kann ein Rolator sein, klassische medizinische Bedarfe. Aber es können auch gut erhaltene Matratzen sein."
Damit wird klar: Die Vermittlung von medizinischem Fachpersonal ist das eine, die Belieferung mit Hilfsgütern aller Art das andere. Eine Organisation wie Humedica habe vielfältige Aufgaben zu erfüllen, betont Sprecher Steffen Richter
"Das können konkrete Wiederaufbauprojekte sein, auch konkrete Bauprojekte. Das hatten wir konkret im Falle des Erdbebens von Haiti. Das können aber beispielsweise auch Familien-Patenschaftsprogramme sein."
Etat zwischen 12 und 17 Millionen
Seit 1979 organisiert Humedica vom Allgäu aus Katastrophenhilfe; in Kaufbeuren arbeiten derzeit 80 Mitarbeiter an den Projekten mit. Der Jahresetat liegt zwischen 12 und 17 Millionen Euro – je nachdem, ob gerade eine größere Katastrophe passiert ist oder nicht. Dann steigen Spendengelder und Zuschüsse an. Humedica darf das so genannte DZI-Siegel des Deutschen Sozialinstitutes für soziale Fragen führen, das für eine effektive Verwendung von Spendengeldern steht. Obwohl das mediale Interesse an der Erdbebenkatastrophe von Nepal derzeit abflaut, ist dort Hilfe nach wie vor bitter nötig. Raphael Marcus, Leiter der Not- und Katastrophenhilfe, ist gerade aus Nepal zurück gekommen.
"Die Katastrophe ist vor allem außerhalb Katmandus. Dort in den Dörfern sind 90 Prozent der Häuser zerstört. Die Leute sind schon so sehr arm, haben jetzt noch viel mehr verloren. Und zudem ist auch der Zugang noch viel schwieriger."
Solche Eindrücke motivieren die Helfer aus dem Allgäu immer wieder aufs Neue, nicht nachzulassen in ihrer Arbeit. Alexandra Vlantos, Koordinatorin der Nepal-Hilfe:
"Ich glaube einfach, das wir sehr, sehr viel Glück haben, hier in Deutschland geboren zu sein, ohne dass wir irgendetwas dafür können. Und andere Leute haben dieses Glück nicht. Und ich finde, das ist wichtig, dass man versucht, so viel wie möglich davon zu teilen."