Von einer Flutkatastrophe historischen Ausmaßes im Westen und Südwesten Deutschlands spricht NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Viele Menschen sind ums Leben gekommen, Hunderte obdachlos durch die Überflutungen. Soldaten helfen, der militärische Katastrophenalarm wurde ausgerufen. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk sind im Dauereinsatz.
"Müssen weiter mit solchen Extremwetterlagen rechnen"
Die Menschen in Deutschland hätten solche Bilder, solche Szenarien, "wie wir es jetzt ganz real in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen erlebt haben", bisher nur aus dem Fernsehen gekannt, aus weiter entlegenen Regionen der Welt, sagte Wolfram Geier, Leiter der Abteilung Risikomanagement und internationale Beziehungen im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, im Dlf. "Noch ist es nicht im Bewusstsein der Menschen so richtig angekommen, dass ihr kleiner Bach, ihr kleiner Fluss um die Ecke, dass der innerhalb kürzester Zeit anschwellen kann."
Das sei ein Problem der Sensibilisierung für solche noch relativ neuen Extremwetterlagen. "Ich bin der Überzeugung, dass wir hier eine große Sensibilisierungskampagne brauchen in den nächsten Jahren, denn wir werden weiter mit solchen Extremwetterlagen rechnen müssen. Der Klimawandel schlägt an der Stelle voll zu."
"Unsere Gesellschaft macht noch nicht den entscheidenden Schritt"
Es sei noch nicht im Bewusstsein der Menschen, "welche physische Gewalt solche Wassermassen tatsächlich ausüben können", sagte Geiger. "Nach wie vor macht unsere Gesellschaft an der Stelle noch nicht den entscheidenden Schritt, zu sagen, da tut sich was. Da ist eine neue Qualität." Darauf müssten wir uns künftig viel deutlicher vorbereiten, sowohl die Bürger durch Eigenvorsorge, als auch die Behörden durch eine veränderte Ressourcenausstattung, durch verändertes Risikomanagement im Vorfeld, durch präventive Maßnahmen, so der Katastrophenschutz-Experte.
"Der Katastrophenschutz hat hier nicht versagt"
Von einem Versagen des Bevölkerungsschutzes könne nicht die Rede sein, erklärte Geiger. Der Katastrophenschutz habe hier nicht versagt. "Der Deutsche Wetterdienst hat vor entsprechenden Starkregenereignissen auch sehr genau geografisch beschrieben gewarnt. Die entsprechenden Warn-Apps, NINA beispielsweise und auch andere Warn-Apps, die die Menschen auf ihr Smartphone und iPhone hätten laden können oder geladen haben, haben entsprechend gewarnt, auch mit entsprechenden Hinweisen, wie man sich verhalten soll."
Aber es sei so wie bei vielen Problemen im Zusammenhang mit Warnung vor extremen Ereignissen, gerade wenn es heißt Starkniederschlag, Starkregen. "Da sagen sich viele Leute immer noch, naja, dann regnet es halt. Ich guck raus. Ich sehe schon wenn‘s regnet. Dann überlege ich mir, ob ich rausgehe oder nicht. Die Dimension dieser Ereignisse sind schlicht und ergreifend nicht im Bewusstsein der Menschen verankert."
"Im Prinzip müssten Starkregen-Risikokarten erstellt werden"
An den verschiedenen Flussläufen seien die Menschen zwar mit Hochwasserlagen vertraut, aber das seien Hochwasserlagen, die sich meistens in der Vergangenheit verhältnismäßig langsam aufgebaut haben, sodass man dann Hab und Gut noch in Sicherheit bringen konnte und sich sowieso." Aber diese extreme Situation, darauf haben sich die Menschen so nicht vorbereitet." Es gebe zwar schon Hochwasser-Risikokarten für die größeren Flussläufe, wo es um die Bebauung und Nutzung gehe, sagte Geiger. Angesichts der neuen Lage durch diese Extremregen, durch diese Sturzfluten, müssten im Prinzip Starkregen-Risikokarten erstellt werden, sodass man dann auch erkennen kann und den Bürger mitteilen kann, an welchen Stellen zum Beispiel ein Haus ein Wohnhaus gefährdet ist. Dabei sei es auch nicht auszuschließen, dass im Einzelfall bestimmte Ortschaften oder Wohnlagen aufgegeben werden müssen.