Beethoven hat mit seinem Opus Nr. 84 Goethes Trauerspiel "Egmont" vertont, das von derselben Zeit und denselben Kämpfen handelt wie Schillers "Don Karlos": der 80-jährige Befreiungskrieg der Niederlande gegen die spanische Herrschaft. Unsere beiden Großdichter hatten sich nicht von ungefähr dieses Themas angenommen. Der Konflikt zwischen Spanien und den Niederlanden war von höchster weltgeschichtlicher Bedeutung.
In der Tat ging es bei diesem Kampf nicht bloß um Ländereien und Ressourcen, nicht nur um Freiheit von der spanischen Krone, sondern auch um die richtige Religion. Spanien war vor einem halben Jahrtausend die katholische Großmacht schlechthin. Die Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli hatten jedoch im 16. Jahrhundert eine andere Lesart der Bibel propagiert, und das Papsttum reagierte darauf wie immer in der Geschichte mit schärfster Repression.
Diese Entzweiung der christlichen Kirche wurde zum zentralen Konflikt der damaligen Welt. So wie am Ende der Antike die Römer mit den Barbaren rangen, so wie im 20. Jahrhundert die NATO und der Ostblock einander gegenüberstanden, so sah es zu Beginn der Neuzeit mit Spanien und den Niederlanden aus. Übrigens zeigt schon die Bezeichnung "Achtzigjähriger Krieg", wie labyrinthisch-kompliziert die Auseinandersetzung verlief.
Letzteres lag vor allem daran, dass die niederländischen Provinzen kein einiges und einheitliches Team bildeten: während der Norden überwiegend calvinistisch wurde, blieb der Süden katholisch. Der spanische König Philipp II., der dem Papst geschworen hatte, die Welt vom Protestantismus zu reinigen, richtete zwar von Brüssel bis Amsterdam und von Antwerpen bis Haarlem grässliche Blutbäder an (oder ließ sie von seinen Statthaltern ausführen), aber sowohl er als auch seine Nachfolger scheiterten an der Zähigkeit der niederländischen Freiheitskämpfer sowie an deren Wirtschaftskraft.
Für Friedrich Schiller war es keine Frage, auf wessen Seite er bei dieser Konfrontation stand. In seiner 1788 veröffentlichten "Geschichte des Abfalls der Niederlande", ließ er schon im Vorwort keinen Zweifel daran, dass seine Sympathie den Niederländern gehörte. "Das Volk, welches wir hier auftreten sehen", schrieb er, "war das friedfertigste dieses Weltteils und weniger als alle seine Nachbarn jenes Heldengeists fähig, der auch der geringfügigsten Handlung einen höhern Schwung gibt." Und dann fügte Schiller eine Bemerkung hinzu, die für dieses Volk vielleicht auch beim Fußball-Finale zutrifft: "Der Drang der Umstände überraschte es mit seiner eigenen Kraft und nötigte ihm eine vorübergehende Größe auf, die es nie haben sollte und vielleicht nie wieder haben wird."
Dieser 80-jährige Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden war gewissermaßen die westeuropäische Langversion des 30-jährigen Krieges, der unseren Kontinent so tief greifend verwüstete. Beide Kriege gingen mit dem Westfälischen Frieden zu Ende, der auch das Gründungsdatum der "Republik der Vereinigten Niederlande" setzte. Von da an respektierten die beiden Staaten einander, aber sie konnten verschiedener kaum sein: hier die von calvinistischem Gewerbefleiß geprägte Bürgergesellschaft, dort die höfische Pracht eines schon zur Dekadenz neigenden Reiches; hier Rubens, van Dyck und Rembrandt, dort El Greco, Velázquez und Goya, hier Tee und Kaffee, dort Schokolade und Kakao, hier Kapitalismus, dort Mystik, hier die Selbstbestimmung als Grundwert, dort die Unterwerfung. Spanien und die Niederlande: zwei Chiffren, in denen sich die ganze Zerrissenheit Europas widerspiegelt.
In der Tat ging es bei diesem Kampf nicht bloß um Ländereien und Ressourcen, nicht nur um Freiheit von der spanischen Krone, sondern auch um die richtige Religion. Spanien war vor einem halben Jahrtausend die katholische Großmacht schlechthin. Die Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli hatten jedoch im 16. Jahrhundert eine andere Lesart der Bibel propagiert, und das Papsttum reagierte darauf wie immer in der Geschichte mit schärfster Repression.
Diese Entzweiung der christlichen Kirche wurde zum zentralen Konflikt der damaligen Welt. So wie am Ende der Antike die Römer mit den Barbaren rangen, so wie im 20. Jahrhundert die NATO und der Ostblock einander gegenüberstanden, so sah es zu Beginn der Neuzeit mit Spanien und den Niederlanden aus. Übrigens zeigt schon die Bezeichnung "Achtzigjähriger Krieg", wie labyrinthisch-kompliziert die Auseinandersetzung verlief.
Letzteres lag vor allem daran, dass die niederländischen Provinzen kein einiges und einheitliches Team bildeten: während der Norden überwiegend calvinistisch wurde, blieb der Süden katholisch. Der spanische König Philipp II., der dem Papst geschworen hatte, die Welt vom Protestantismus zu reinigen, richtete zwar von Brüssel bis Amsterdam und von Antwerpen bis Haarlem grässliche Blutbäder an (oder ließ sie von seinen Statthaltern ausführen), aber sowohl er als auch seine Nachfolger scheiterten an der Zähigkeit der niederländischen Freiheitskämpfer sowie an deren Wirtschaftskraft.
Für Friedrich Schiller war es keine Frage, auf wessen Seite er bei dieser Konfrontation stand. In seiner 1788 veröffentlichten "Geschichte des Abfalls der Niederlande", ließ er schon im Vorwort keinen Zweifel daran, dass seine Sympathie den Niederländern gehörte. "Das Volk, welches wir hier auftreten sehen", schrieb er, "war das friedfertigste dieses Weltteils und weniger als alle seine Nachbarn jenes Heldengeists fähig, der auch der geringfügigsten Handlung einen höhern Schwung gibt." Und dann fügte Schiller eine Bemerkung hinzu, die für dieses Volk vielleicht auch beim Fußball-Finale zutrifft: "Der Drang der Umstände überraschte es mit seiner eigenen Kraft und nötigte ihm eine vorübergehende Größe auf, die es nie haben sollte und vielleicht nie wieder haben wird."
Dieser 80-jährige Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden war gewissermaßen die westeuropäische Langversion des 30-jährigen Krieges, der unseren Kontinent so tief greifend verwüstete. Beide Kriege gingen mit dem Westfälischen Frieden zu Ende, der auch das Gründungsdatum der "Republik der Vereinigten Niederlande" setzte. Von da an respektierten die beiden Staaten einander, aber sie konnten verschiedener kaum sein: hier die von calvinistischem Gewerbefleiß geprägte Bürgergesellschaft, dort die höfische Pracht eines schon zur Dekadenz neigenden Reiches; hier Rubens, van Dyck und Rembrandt, dort El Greco, Velázquez und Goya, hier Tee und Kaffee, dort Schokolade und Kakao, hier Kapitalismus, dort Mystik, hier die Selbstbestimmung als Grundwert, dort die Unterwerfung. Spanien und die Niederlande: zwei Chiffren, in denen sich die ganze Zerrissenheit Europas widerspiegelt.