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Katholische Kirche
Papst Franziskus entlässt Kardinal Müller

Papst Franziskus hat sich von seinem obersten Glaubenswächter getrennt. Der 69-jährige Kardinal Gerhard Müller ist nicht länger Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Doch auch wenn die Nachricht einem Erdbeben im Vatikan gleicht, ganz so überraschend kommt die Entscheidung nicht.

Von Sarah Zerback |
    Kardinal Gerhard Müller, bis vor kurzem Präfekt der römischen Glaubenskongregation.
    Er gehört zu den meist gelesenen Theologen der Welt: Jetzt ist Kardinal Gerhard Müller seinen Job los. (dpa/picture-alliance/Armin Weigel)
    Es lässt immer aufhorchen, wenn eine Audienz beim Papst länger dauert, als erwartet. Und so waren die Vaticanisti, die Papstkenner und Beobachter schon in heller Aufregung als genau das geschah – beim Gespräch zwischen dem Heiligen Vater und seinem obersten Glaubenswächter bevor sich die Gerüchte dann verdichteten. Kardinal Gerhard Müller ist nicht länger Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Sein Amt, das zum 2. Juli regulär ausläuft, wird damit nicht, wie erwartet, verlängert.
    Spekulationen darüber, dass der mächtige Mann im Vatikan angezählt ist, gab es zuletzt immer wieder. Das Verhältnis des 69-jährigen Deutschen zu Papst Franziskus gilt als unterkühlt. Besonders in der moraltheologischen Debatte um Familie und das nachsynodale Schreiben "Amoris Laetitia" verfolgen beide einen konträren Kurs. Direkte Kritik am Kirchenoberhaupt übte der Kardinal nicht. Zuletzt sorgte er doch für Aufsehen in einem Fernsehinterview vergangenen Monat:
    "Ich bin darüber nicht sehr glücklich: Die Bischöfe interpretieren den Papst, der Papst interpretiert die Bischöfe. Wir haben Regeln in der katholischen Kirche. Die Synode kommt zusammen und der Papst mit seiner Autorität macht dann die Zusammenfassung. Und dann diese Interpretation der Interpretation vorzunehmen – das ist nicht gut für die Kirche, sage ich als katholischer Theologe."
    "Es gibt nur den Gehormsam gegenüber dem Wort Gottes"
    Lehre und Praxis müssen übereinstimmen, so Müllers Überzeugung. Der springende Punkt: Dürfen geschiedene Wiederverheiratete zur Kommunion zugelassen werden –so wie es der Papst immer deutlicher signalisiert, oder nicht. Im selben Interview kritisierte Müller außerdem, dass Franziskus drei Mitarbeiter des Kardinals gegen dessen Willen entlassen hatte. Es war ein Protest für mehr Macht, der nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass ihm die Einheit der Kirche am Herzen liegt.
    "Es darf in der Kirche keine liberale oder konservative Seite geben. Es gibt nur den Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes und die Aufmerksamkeit zur Lehre der Kirche. Wir wollen in der Pastoral allen Menschen, auch denen in besonderen Schwierigkeiten, helfen. Aber auf dem Weg, den Christus uns vorangegangen ist. Und das ist der Weg der Kirche auch in die Zukunft."
    Gedanken, die durchaus Widerhall finden. Müller, der streitbare Kirchenmann, gehört zu den meistgelesenen Theologen unserer Zeit. Seine katholische Dogmatik gilt als Pflichtlektüre für angehende Pfarrer. Zum engeren Kreis um Franziskus gehörte er, der bereits im Juni 2012 von dessen Vorgänger Papst Benedikt XVI. an die Kurie berufen wurde, jedoch nie. Einen Schatten auf das Verhältnis werfen dürften außerdem Vorwürfe, Müller habe die Aufklärung des Missbrauchsskandals bei den Regensburger Domspatzen in seiner Zeit als Bischof nicht hinreichend mit aufgeklärt. Vorwürfe, die er bestreitet:
    "Die Verantwortung für eine Tat gegen das Gesetzbuch oder gegen das Strafrecht trägt der Täter. Ich bin nicht verantwortlich für alles das, was unsere Geistlichen oder sonst unsere Mitarbeiter in diesem Bereich tun."
    Nachfolge noch ungeklärt
    Dass sich der Papst nun von ihm trennt, hat der Vatikan noch nicht offiziell bestätigt. Es ist eine Nachricht, die einem Erdbeben gleicht und doch mit einigem Vorlauf kommt. Welche auf ihn folgt und welche Folgen die Personalie haben wird, für das sorgsam austarierte Gleichgewicht im Vatikan – das weiß zur Stunde wohl nur der liebe Gott.