Hintergrund der Kritik ist ein Gutachten zum eigenen Umgang mit dem Missbrauchsskandal in Köln. Das dortige Erzbistum selbst hatte eine Münchner Anwaltskanzlei damit beauftragt, dann aber eine Veröffentlichung kurzfristig zurückgezogen.
"Die Verantwortlichen für Vertuschung von Missbrauch, Täterschutz und mangelnder Opferfürsorge müssen sich dem stellen, was sie getan oder unterlassen haben", erklärte deshalb nun die Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP). Die Öffentlichkeit habe ein Recht "auf die ganze Wahrheit".
Wie "presserechtliche Bedenken" verschwanden
Mit dieser Forderung meine die GKP vor allem eine ethische Ebene, sagte Christiane Florin, Redakteurin für Religion und Gesellschaft im Deutschlandfunk. Denn der Kölner Erzbischof Woelki habe in der Vergangenheit Transparenz bei der Aufklärung von Missbrauch angekündigt. Anders als beispielsweise im Bistum Aachen habe man in Köln jedoch entschieden, das beauftragte Gutachten nicht zu veröffentlichen.
Begründet hatten die Verantwortlichen ihre Verweigerung zunächst mit "presserechtlichen Bedenken". Doch davon sei nicht mehr die Rede, so Florin. Inzwischen verweise das Erzbistum auf methodische Mängel.
"Oft mit Juristen konfrontiert"
"Man ist als Journalistin in Köln sehr oft mit Juristen konfrontiert", beschreibt Florin die Hürden für Journalisten bei ihren Recherchen. "Ich denke, dass das auch eine einschüchternde Wirkung haben soll." Grundsätzlich funktioniere das System Kirche nach einer anderen Logik als Politik oder Wirtschaft.
"Es ist sogar so, dass Bischöfe, die von Medien besonders kritisiert werden, es besonders weit bringen", beobachtet die Journalistin. Beispiele dafür seien der verstorbene Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner sowie der emeritierte Papst Benedikt XVI. Diese seien in der katholischen Kirche "als Kämpfer für die Wahrheit und gegen den Zeitgeist" sowie "als Medienmärtyrer" wahrgenommen worden.
Wichtig Aufklärungsarbeit von Journalisten
Andererseits zeige das Beispiel des Missbrauchsskandals auch, wie wichtig die Aufklärungsarbeit von Journalistinnen und Journalisten sei, unterstreicht Florin. "Man spürt, dass dieses Hartnäckigbleiben der Medien die Institutionen nicht unbeeindruckt lässt." Ein Beispiel hierfür sei der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der in dieser Woche in einem Interview mit der "Zeit" persönliche Schuld eingeräumt habe.
Doch nicht nur bei der katholischen Kirche erlebe sie Hürden für ihre Arbeit, so Florin: "Ich kann nicht sagen, dass die Recherche bei der Evangelischen Kirche einfach ist." Auch dort habe sie "unangenehme Erfahrungen" gemacht. Außerdem gebe es keine vergleichbare Studie über das genaue Ausmaß des Skandals dort.