Heute jährt sich zum 25. Mal jenes apostolische Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis", in dem Papst Johannes Paul II. bekräftigte, dass nur Männern die Priesterweihe zustehen könne. Ein Diktum, das gerade wieder durch die Aktion des Projektes Maria 2.0 heftig kritisiert wurde. Michael Hollenbach erläutert, was das päpstliche Schreiben Ordinatio Sacerdotalis, also Priesterweihe, bedeutet:
Schon in der Einleitung seines dreiseitigen apostolischen Schreibens macht Papst Johannes Paul II. deutlich, worum es ihm geht. Dort heißt es:
"Die Priesterweihe, durch welche das von Christus seinen Aposteln anvertraute Amt übertragen wird, die Gläubigen zu lehren, zu heiligen und zu leiten, war in der katholischen Kirche von Anfang an ausschließlich Männern vorbehalten."
Wen weihte Jesus?
Für Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster, ist die Botschaft des apostolischen Schreibens eindeutig:
"Es geht im Kern um die klare lehramtliche Festlegung, dass der Kirche, das heißt dem Papst zusammen mit seinem Bischofskollegium nicht gestattet ist aufgrund der Offenbarung, also der Handlungen Jesu, die man authentisch auslegt, und der Tradition, das heißt der Geschichte der katholischen Kirche, jemals zu irgendeinem Zeitpunkt Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Die Kirche sieht sich dazu nicht ermächtigt."
In dem Schreiben betont Papst Johannes Paul II., die Entscheidung Jesu, nur Männer zu berufen, habe nichts mit sozio-kulturellen Motiven in der damaligen Zeit zu tun:
"Wenn Christus nur Männer zu seinen Aposteln berief, tat er das völlig frei und unabhängig. Er tat es mit derselben Freiheit, mit der er in seinem Gesamtverhalten die Würde und Berufung der Frau betonte, ohne sich nach den herrschenden Sitten und nach der auch von der Gesetzgebung der Zeit gebilligten Tradition zu richten."
Dazu Thomas Schüller: "Das heißt, dass es eine bewusst freie Entscheidung des Gottessohnes gewesen ist - und damit Gottes, nur Männer in diesen inner circle zu holen, und dass sich Kirche daran gebunden fühlt, egal was in den Jahrhunderten an gesellschaftlichen und sonstigen Entwicklungen stattfindet. Hier sieht die Kirche sich durch das Zeichenhandeln Jesu selbst gebunden, nur Männer zu Priester zu weihen."
Heilige, Märtyrerinnen, Jungfrauen, Mütter
In seinem Schreiben verweist Papst Johannes Paul II. auch auf seinen Vorgänger Papst Paul VI.. Der hatte 1977 erklärt, es liege nicht in der Vollmacht der Kirche, Frauen zu Priesterinnen zu weihen:
"Der wahre Grund liegt darin, dass Christus es so festgelegt hat, als er die Kirche mit ihrer grundlegenden Verfassung und ihrer theologischen Anthropologie ausstattete, der dann in der Folge die Tradition der Kirche stets gefolgt ist"
In der theologischen Anthropologie geht es im Kern um das Wesen des Menschen und die Bestimmung des Menschen vor Gott. Und die ist – bis heute – in der katholischen Kirche von Geschlechterstereotypen geprägt, sagt Thomas Schüller:
"Man möchte keine Nivellierung in der Anthropologie, sondern man möchte aufgrund des Schöpfungshandelns Mann und Frau unterschiedliche Handlungsweisen zuweisen, und damit meint die katholische Kirche sagen zu können, was das Frausein der Frau und was das Mannsein des Mannes ist."
In dem apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis heißt es, die Rolle der Frau "im Leben und in der Sendung der Kirche" bleibe absolut notwendig und unersetzbar. Die katholische Kirche wünsche sich, "dass die christlichen Frauen sich der Größe ihrer Sendung voll bewusst werden: ihre Aufgabe ist heutzutage von höchster Bedeutung sowohl für die Erneuerung und Vermenschlichung der Gesellschaft als auch dafür, dass die Gläubigen das wahre Antlitz der Kirche wieder neu entdecken".
Besonders hervorgehoben werden Frauen als "heilige Märtyrerinnen, Jungfrauen, Mütter, die ihre Kinder im Geiste des Evangeliums erzogen und den Glauben der Kirche weitergegeben" hätten.
Franziskus liebt die italienische Oma
Thomas Schüller: "Das Frauenbild von Johannes Paul II - und der wurde dabei immer unterstützt von seinem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation Joseph Kardinal Ratzinger - war sehr stark mariologisch. Also in der Haltung zur Gottesmutter sah er den Kern dessen, was eine Frau zu tun hat: dass sie empfängt, dass sie diejenige ist, die das Leben schenkt, und das hielt er für einen großartigen Beitrag der Frauen zur Weiterentwicklung der Menschheit. Das sieht man auch bei Franziskus, dessen Frauenbild ist das der italienischen Oma, die den Glauben weiter gibt. In der Familie, im Privaten gibt die Frau den Glauben weiter, im amtlichen Dienst der Kirche (..) ist die Rollenzuweisung eine andere (..) und so wird das auseinanderdividiert. Und so wird gesagt: in jeder Art der Rollenzuweisung aus katholischer Sicht kommt der Mensch als Mann, als Frau zu seiner, zu ihrer eigentlichen Bestimmung."
Dass das Schreiben von Papst Johannes Paul II. gegen die Priesterweihe für Frauen im Mai 1994 veröffentlicht wurde, hatte u.a. mit den Debatten um die Frauenordination und die Weihe von Bischöfinnen in der anglikanischen Kirche zu tun.
Schüller deutet es so: "Dann war das ein bewusster Kontrapunkt im Sinne einer profilierten Ökumene: Da müssen wir ein bewusstes Zeichen setzen."
Papst Johannes Paul II. wendet sich in seinem Schreiben abschließend noch einmal dagegen, dass eine Weihe für Frauen überhaupt zur Diskussion stehen könnte.
"Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.
Nur ein Millimeter fehlt zum Dogma
Eineinhalb Jahre nach "Ordinatio sacerdotalis", im Oktober 1995, hat der damalige Präfekt der Glaubenskongregation das Schreiben des Papstes noch einmal kirchenrechtlich eingeordnet. Thomas Schüller:
"Joseph Ratzinger hatte in einem lehramtlichen Kommentar zu dieser Entscheidung festgestellt, dass es sich nicht um ein Dogma im Hochsinn des Wortes handelt, aber um eine Wahrheit aus dem Sekundärbereich des zu Glaubenden, (..) das heißt (..) es ist einen Millimeter unter dem Dogma und es kann auch jederzeit durch den Papst hochgestuft werden zu einem Dogma."
Und auch Papst Franziskus hat erklärt, dass er sich an das Votum seines Vorgängers gebunden fühle. Bei einer seiner Pressekonferenz im Flugzeug sagte er:
"Papst Johannes Paul hat das definitiv entschieden und erklärt, die Tür sei zu."
Eine Position, die auch der Leiter der Glaubenskongregation, Luis Ladaria, vor einem Jahr noch einmal bekräftigte. Beim Nein zur Priesterinnenweihe handele es sich "um eine Wahrheit, die zum Glaubensgut der Kirche gehöre.