Friedbert Meurer: Um ein Haar hätte die Quote für Frauen die Koalition in Berlin auf eine harte Belastungsprobe gestellt. Etwa 20 Frauen aus Union und teilweise FDP wollten für den Gesetzentwurf des Bundesrates stimmen, also der Opposition, Rot-Grün, und dieser Entwurf sieht eine feste Frauenquote für deutsche Aufsichtsräte vor. Wenn so viele Frauen aus der Union mit der Opposition gegen die eigene Koalition heute im Bundestag abstimmen würden, dann wäre das nach den üblichen Regeln fast die Basis für den Bruch der Koalition. Aber dazu wird es heute nicht kommen, die Union hat einen Kompromiss gefunden. Nach Auffassung der Opposition ist es allerdings ein fauler Kompromiss.
Noch dünner als in der Wirtschaft ist die Luft in den Führungsetagen des deutschen Fußballs. Bisher ist es erst einer einzigen Frau gelungen, Mitglied im Vorstand eines Bundesligavereins zu werden: Katja Kraus beim Bundesliga-Traditionsclub HSV, Hamburger Sportverein, war dort Mitglied im Vorstand.
Guten Morgen, Frau Kraus!
Katja Kraus: Guten Morgen!
Meurer: Finden Sie es schade, dass der Bundestag heute keine Quote beschließt?
Kraus: Ja, ich finde das sehr schade. Ich hätte mir gewünscht, dass tatsächlich der Bundestag mehrheitlich zu dem Ergebnis kommt, das sich gesellschaftlich auf diese Weise ganz eindeutig abbildet.
Meurer: Sie haben es doch auch ohne Quote geschafft. Warum sind Sie für diese Quote?
Kraus: Ja, das ist sicherlich ein Beispiel dafür. Aber wenn Sie sehen, wie die Fußballvorstände im Moment besetzt sind, dann ist das eher ein Beleg dafür, dass die Quote eingeführt werden sollte, weil natürlich gibt es immer wieder Einzelsituationen und Ausnahmen, in denen das auch so funktioniert, aber die Veränderungsbereitschaft insgesamt, die ist doch relativ gering, und ich glaube, da sollte man dann entsprechend nachhelfen.
Meurer: Sie mussten ja den Vorstand in Hamburg verlassen, weil es im Aufsichtsrat keine Mehrheit für Sie gab und damals für Bernd Hoffmann, den Vorsitzenden. Waren da im Aufsichtsrat des HSV nur Männer, die den Daumen bei Ihnen dann nach unten gesenkt haben?
Kraus: Ja, das war nicht mal eine Mehrheit, sondern sogar eine Minderheit, die allerdings dann satzungsmäßig ausreicht, um den Vertrag nicht ein weiteres Mal zu verlängern. Aber in der Tat waren da nur Männer, die darüber entschieden haben. Inzwischen ist auch eine Frau im Aufsichtsrat, also es bewegt sich sogar etwas, sehr, sehr, sehr langsam, aber tatsächlich haben das Männer entschieden.
Meurer: Was erwarten Sie denn von einer Quote in der Wirtschaft oder auch im Fußball?
Kraus: Ich bin überzeugt davon, dass gemischtgeschlechtliche Führungsteams und Unternehmensführungen zu größerem Erfolg führen. Das ist auf allen Ebenen so und darüber müssen wir, glaube ich, gar nicht mehr diskutieren. Das belegen Studien und das weiß man aus der Praxis, wenn man Management kennt und betreibt. Aber es geht natürlich auch ganz profan um die Gleichstellung von Männern und Frauen und die Gleichbehandlung, die auf dieser Ebene einfach immer noch nicht gegeben ist.
Meurer: Wenn diese gemischten Teams die besseren Teams sind, könnte man dann nicht auch sagen, die Wirtschaft soll selbst auf die Idee kommen und nicht gezwungen werden?
Kraus: Na ja, es gibt ja durchaus auch Wirtschaftsunternehmen, die das erkennen und auch den wirtschaftlichen Nutzen und unternehmerischen Nutzen erkannt haben und sich bewegen. Aber es sind einfach immer noch viel zu wenige. Das erleben wir, wie die Entwicklung seit der freiwilligen Selbstverpflichtung ist, und deshalb halte ich es für extrem notwendig, da weiter nachzuhelfen.
Meurer: Warum konzentriert sich eigentlich die Diskussion so sehr auf Aufsichtsräte? Was glauben Sie?
Kraus: Ja, das ist mir auch nicht klar. Ich glaube, dass es sehr wohl eben auch um Vorstände gehen sollte, aber auch wirklich um weitere Bereiche der mittleren Führungsebene, denn auch da ist es ja immer noch nicht so. Da entwickelt es sich schneller, aber eben auch noch immer nicht mit der Geschwindigkeit, die aus meiner Sicht nötig ist. Aber da ist es dann auch wiederum wichtig, alle Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es eben auch für Frauen möglich ist, sich selbst für solche Positionen zu bewerben und auch den eigenen Aufstieg entsprechend couragiert voranzutreiben.
Meurer: Frau Kraus, viele Personalchefs sagen oder behaupten, wir würden ja gerne mehr Frauen befördern, aber die wollen nicht wegen der Familie. Wollen die Frauen nicht? Zögern die Frauen, ganz nach oben vorzudringen, weil dann das Familienleben dabei draufgeht?
Kraus: Nein, ich glaube nicht, dass sie nicht wollen. Natürlich gibt es familienpolitisch noch immer nicht eine solche Unterstützung für Frauen, dass es einfach ist, beides miteinander zu vereinbaren. Und tatsächlich ist es auch so, dass Frauen in ihrer Bereitschaft und Neigung, sich sehr intensiv mit Dingen auseinanderzusetzen, die Problemstellung auch sehr bewusst machen und auch mit der Stigmatisierung berufstätiger Mütter sehr intensiv auseinandersetzen. Ich glaube, da ist durchaus auch eine Bewusstseinsmachung gefordert vonseiten der Frauen.
Meurer: Es gibt noch eins: Spitzenjobs sind ja häufig mit knallharten Machtkämpfen verbunden, auch mit harten Entscheidungen. Da sagt man, das liegt den Frauen nicht, die wollen das nicht. Wie haben Sie es erlebt?
Kraus: Ja, das ist bestimmt so, dass Frauen konsensualer sind, dass sie nachdenklicher sind, dass die sich nicht in jede Auseinandersetzung stürzen, auch als Selbstzweck, um mit Machtgewinn daraus hervorzugehen. Frauen sind wirklich sehr differenziert in der Auseinandersetzung mit sich selbst und weichen manchmal auch zum Schutz ihrer eigenen Integrität dann einer Auseinandersetzung aus, was sicherlich für die Führung eines Unternehmens sehr, sehr hilfreich und gut ist, aber auf dem Weg dorthin ist dann vielleicht auch manchmal ein bisschen weniger Auseinandersetzung gefragt mit sich selbst.
Meurer: Ganz kurz, Frau Kraus: Sind Sie für eine Quote auch im Sport, im Fußball, im Profifußball?
Kraus: Na ja, wenn es eine Quote gibt, dann soll es die am besten überall geben. Ich glaube auch tatsächlich, das ist natürlich ein sehr exponierter Bereich, aber ich bin überzeugt davon, dass auch die Fußball-Bundesliga und die Bundesligaklubs gut weiblichen Einfluss gebrauchen könnten, umso mehr, da sich immer mehr Frauen für diesen Sport interessieren, aber da Themen wie Kommunikation, wie Marketing, Vermarktung auch immer wesentlicher werden für die Bundesliga-Vereine und es überhaupt gar keinen Grund gibt, dass diese Vereine nur von ehemaligen Fußballprofis geführt werden.
Meurer: Katja Kraus war Mitglied beim Hamburger Sportverein im Vorstand und heute entscheidet der Deutsche Bundestag über die Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten. Frau Kraus, schönen Dank nach Hamburg, auf Wiederhören.
Kraus: Ich danke Ihnen – schönen Tag – tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Noch dünner als in der Wirtschaft ist die Luft in den Führungsetagen des deutschen Fußballs. Bisher ist es erst einer einzigen Frau gelungen, Mitglied im Vorstand eines Bundesligavereins zu werden: Katja Kraus beim Bundesliga-Traditionsclub HSV, Hamburger Sportverein, war dort Mitglied im Vorstand.
Guten Morgen, Frau Kraus!
Katja Kraus: Guten Morgen!
Meurer: Finden Sie es schade, dass der Bundestag heute keine Quote beschließt?
Kraus: Ja, ich finde das sehr schade. Ich hätte mir gewünscht, dass tatsächlich der Bundestag mehrheitlich zu dem Ergebnis kommt, das sich gesellschaftlich auf diese Weise ganz eindeutig abbildet.
Meurer: Sie haben es doch auch ohne Quote geschafft. Warum sind Sie für diese Quote?
Kraus: Ja, das ist sicherlich ein Beispiel dafür. Aber wenn Sie sehen, wie die Fußballvorstände im Moment besetzt sind, dann ist das eher ein Beleg dafür, dass die Quote eingeführt werden sollte, weil natürlich gibt es immer wieder Einzelsituationen und Ausnahmen, in denen das auch so funktioniert, aber die Veränderungsbereitschaft insgesamt, die ist doch relativ gering, und ich glaube, da sollte man dann entsprechend nachhelfen.
Meurer: Sie mussten ja den Vorstand in Hamburg verlassen, weil es im Aufsichtsrat keine Mehrheit für Sie gab und damals für Bernd Hoffmann, den Vorsitzenden. Waren da im Aufsichtsrat des HSV nur Männer, die den Daumen bei Ihnen dann nach unten gesenkt haben?
Kraus: Ja, das war nicht mal eine Mehrheit, sondern sogar eine Minderheit, die allerdings dann satzungsmäßig ausreicht, um den Vertrag nicht ein weiteres Mal zu verlängern. Aber in der Tat waren da nur Männer, die darüber entschieden haben. Inzwischen ist auch eine Frau im Aufsichtsrat, also es bewegt sich sogar etwas, sehr, sehr, sehr langsam, aber tatsächlich haben das Männer entschieden.
Meurer: Was erwarten Sie denn von einer Quote in der Wirtschaft oder auch im Fußball?
Kraus: Ich bin überzeugt davon, dass gemischtgeschlechtliche Führungsteams und Unternehmensführungen zu größerem Erfolg führen. Das ist auf allen Ebenen so und darüber müssen wir, glaube ich, gar nicht mehr diskutieren. Das belegen Studien und das weiß man aus der Praxis, wenn man Management kennt und betreibt. Aber es geht natürlich auch ganz profan um die Gleichstellung von Männern und Frauen und die Gleichbehandlung, die auf dieser Ebene einfach immer noch nicht gegeben ist.
Meurer: Wenn diese gemischten Teams die besseren Teams sind, könnte man dann nicht auch sagen, die Wirtschaft soll selbst auf die Idee kommen und nicht gezwungen werden?
Kraus: Na ja, es gibt ja durchaus auch Wirtschaftsunternehmen, die das erkennen und auch den wirtschaftlichen Nutzen und unternehmerischen Nutzen erkannt haben und sich bewegen. Aber es sind einfach immer noch viel zu wenige. Das erleben wir, wie die Entwicklung seit der freiwilligen Selbstverpflichtung ist, und deshalb halte ich es für extrem notwendig, da weiter nachzuhelfen.
Meurer: Warum konzentriert sich eigentlich die Diskussion so sehr auf Aufsichtsräte? Was glauben Sie?
Kraus: Ja, das ist mir auch nicht klar. Ich glaube, dass es sehr wohl eben auch um Vorstände gehen sollte, aber auch wirklich um weitere Bereiche der mittleren Führungsebene, denn auch da ist es ja immer noch nicht so. Da entwickelt es sich schneller, aber eben auch noch immer nicht mit der Geschwindigkeit, die aus meiner Sicht nötig ist. Aber da ist es dann auch wiederum wichtig, alle Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es eben auch für Frauen möglich ist, sich selbst für solche Positionen zu bewerben und auch den eigenen Aufstieg entsprechend couragiert voranzutreiben.
Meurer: Frau Kraus, viele Personalchefs sagen oder behaupten, wir würden ja gerne mehr Frauen befördern, aber die wollen nicht wegen der Familie. Wollen die Frauen nicht? Zögern die Frauen, ganz nach oben vorzudringen, weil dann das Familienleben dabei draufgeht?
Kraus: Nein, ich glaube nicht, dass sie nicht wollen. Natürlich gibt es familienpolitisch noch immer nicht eine solche Unterstützung für Frauen, dass es einfach ist, beides miteinander zu vereinbaren. Und tatsächlich ist es auch so, dass Frauen in ihrer Bereitschaft und Neigung, sich sehr intensiv mit Dingen auseinanderzusetzen, die Problemstellung auch sehr bewusst machen und auch mit der Stigmatisierung berufstätiger Mütter sehr intensiv auseinandersetzen. Ich glaube, da ist durchaus auch eine Bewusstseinsmachung gefordert vonseiten der Frauen.
Meurer: Es gibt noch eins: Spitzenjobs sind ja häufig mit knallharten Machtkämpfen verbunden, auch mit harten Entscheidungen. Da sagt man, das liegt den Frauen nicht, die wollen das nicht. Wie haben Sie es erlebt?
Kraus: Ja, das ist bestimmt so, dass Frauen konsensualer sind, dass sie nachdenklicher sind, dass die sich nicht in jede Auseinandersetzung stürzen, auch als Selbstzweck, um mit Machtgewinn daraus hervorzugehen. Frauen sind wirklich sehr differenziert in der Auseinandersetzung mit sich selbst und weichen manchmal auch zum Schutz ihrer eigenen Integrität dann einer Auseinandersetzung aus, was sicherlich für die Führung eines Unternehmens sehr, sehr hilfreich und gut ist, aber auf dem Weg dorthin ist dann vielleicht auch manchmal ein bisschen weniger Auseinandersetzung gefragt mit sich selbst.
Meurer: Ganz kurz, Frau Kraus: Sind Sie für eine Quote auch im Sport, im Fußball, im Profifußball?
Kraus: Na ja, wenn es eine Quote gibt, dann soll es die am besten überall geben. Ich glaube auch tatsächlich, das ist natürlich ein sehr exponierter Bereich, aber ich bin überzeugt davon, dass auch die Fußball-Bundesliga und die Bundesligaklubs gut weiblichen Einfluss gebrauchen könnten, umso mehr, da sich immer mehr Frauen für diesen Sport interessieren, aber da Themen wie Kommunikation, wie Marketing, Vermarktung auch immer wesentlicher werden für die Bundesliga-Vereine und es überhaupt gar keinen Grund gibt, dass diese Vereine nur von ehemaligen Fußballprofis geführt werden.
Meurer: Katja Kraus war Mitglied beim Hamburger Sportverein im Vorstand und heute entscheidet der Deutsche Bundestag über die Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten. Frau Kraus, schönen Dank nach Hamburg, auf Wiederhören.
Kraus: Ich danke Ihnen – schönen Tag – tschüss!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.