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Katrin Lompscher (Die Linke)
"Abkühlungssignal an den Wohnungsmarkt senden"

Zu hohe Mieten sollen mit Hilfe des Mietpreisdeckels verboten werden, das plant der Berliner Senat. Das Vorhaben unterstützt Linken-Politikerin Katrin Lompscher. "Mit dem Einziehen einer Mietobergrenze wollen wir überhöhte Mieten wieder in eine angemessene Höhe bringen", sagte Lompscher im Dlf.

Katrin Lompscher im Gespräch mit Jasper Barenberg |
Protest gegen Mieterhöhungen im städtischen Raum, Berlin, 2019
Protest gegen Mieterhöhungen im städtischen Raum, Berlin, 2019 (imago / Janine Schmitz)
Jasper Barenberg: Marktwirtschaft hat im Moment in der Wohnungspolitik jedenfalls wenig Fürsprecher. Um etwas zu tun gegen ansteigende Mieten, gerade in den Städten, sind andere Instrumente angesagt, die Mietpreisbremse zum Beispiel. Noch weiter geht der sogenannte Mietpreisdeckel, ein Verbot, die Mieten in den nächsten Jahren zu erhöhen. Dieser Plan wird gerade vom Berliner Senat vorangetrieben.
Jetzt ist Katrin Lompscher am Telefon, die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen. Schönen guten Morgen.
Katrin Lompscher: Schönen guten Morgen!
Barenberg: Frau Lompscher, jetzt zeichnet sich ja schon ab, dass viele Mieten noch steigen werden, bevor das Verbot greifen kann. Bewirkt Ihr Plan, kann man das jetzt schon festhalten, genau das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich wollen?
Lompscher: Die Mieterhöhungserklärungen, die wir aktuell sehen, die haben eher was mit dem Mietspiegel zu tun, der im Mai erneuert worden ist. Das ist ein relativ übliches Verfahren, dass man danach Mieterhöhungen sieht. Dass die jetzt so umgedeutet werden, das ist eher interessengeleitet und wird, wenn wir am Dienstag uns tatsächlich einigen, auch nicht zum gewünschten Ergebnis führen.
"Es wird natürlich gerne als Kampfmittel eingesetzt"
Barenberg: Ob das umgedeutet wird, das ist ja die Frage. Die Kollegen der Süddeutschen Zeitung haben zum Beispiel ja Mails vorliegen und Schreiben, Ankündigungen von Vermietern mit Hinweis auf genau den Mietdeckel, den Sie planen. Ist der Effekt, Mieter müssen mehr bezahlen als bisher?
Lompscher: Wie gesagt, Mieterhöhungsverlangen müssen geprüft werden. Mieter haben dafür Zeit. Sie sollen erst mal gucken, ob es zulässig ist. Wenn wir diese Ankündigung jetzt nicht gemacht hätten, dann hätten sie mit Verweis auf den neuen Mietspiegel die Mieterhöhungsverlange rausgeschickt. Was ich damit sagen will: Sie hätten sie so oder so rausgeschickt. Aber in der Debatte wird es natürlich gerne als Kampfmittel eingesetzt.
Katrin Lompscher (Die Linke), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, besucht die erste Berliner Flüchtlingsunterkunft in modularer Bauweise am 27.01.2017 in Berlin.
Katrin Lompscher: "Es geht darum, die Mieten, die unangemessen hoch sind, durch dieses Instrument der Mietobergrenze in den Griff zu bekommen" (picture alliance / Jörg Carstensen / dpa)
Barenberg: Es gibt ja schon die Forderung an Sie, genau das jetzt zu verhindern, diese Welle, die auch der Mieterverein in Berlin erwartet, eine Welle an Mieterhöhungen. Sie könnten das verhindern oder sollten das verhindern, so die Forderung, indem Sie etwa diesen geplanten Mietdeckel rückwirkend in Kraft setzen können. Planen Sie das? Ist das eine gute Lösung aus Ihrer Sicht?
Lompscher: Ich will jetzt mal der Senatsentscheidung nicht vorgreifen. Aber natürlich haben wir vorgesehen eine Regelung, die vermeidet, dass jetzt hier lauter vorgezogene Mieterhöhungen vorgenommen werden. Aber zunächst müssen wir erst mal im Senat beschließen.
Teure Mieten, wenig Wohnraum
Die Debatte um die allgemeine Wohnsituation in Deutschland hat sich in den letzten Wochen und Monaten verschärft. Die Politik versucht mit Gesetzesmaßnahmen dagegenzuhalten, in der Hauptstadt Berlin fordern die Menschen Enteignungen. Eine Übersicht.

Barenberg: Die ortsübliche Vergleichsmiete ist ja der Maßstab. Sie haben es schon angedeutet. Haben die Vermieter kein Recht dazu, jetzt noch mal die Miete zu erhöhen?
Lompscher: In der derzeitigen Rechtslage haben sie natürlich das Recht, wenn sie seit 15 Monaten die Miete nicht erhöht haben. Wenn sie unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, dann können sie Mieterhöhungsverlangen aussprechen. Und Mieterinnen und Mieter haben das Recht, die zu prüfen, und die haben dazu auch ein Weilchen Zeit, und ich empfehle, diese Zeit zu nutzen und die Rechtmäßigkeit von Mieterhöhungsverlangen zu prüfen.
Vermieter, die hier mit Augenmaß handeln, verschonen
Barenberg: Wenn das jetzt alles so kommt, wird dann Ihr Plan vor allem Mieter treffen, bei denen die Vermieter in den vergangenen Jahren nicht an der Preisschraube gedreht haben? Denn nur die haben jetzt noch die Chance, Mieten zu erhöhen.
Lompscher: Man muss mal sagen: Das, was wir vorhaben, ist ja nicht nur ein Mietstopp, sondern wir wollen ja auch eine Mietobergrenze einziehen, um insbesondere überhöhte Mieten uns anzuschauen, um dort bei Weitervermietungen abzusenken, oder vielleicht sogar auch in einem bestehenden Mietverhältnis. Das ist ein bisschen kompliziert. Uns geht es schon insbesondere darum, die Mieten, die unangemessen hoch sind, durch dieses Instrument in den Griff zu bekommen. Es geht uns explizit nicht darum, Vermieter, die hier mit Augenmaß handeln, zusätzlich unter Druck zu setzen.
Barenberg: Aber das Instrument selber trifft natürlich auch die Vermieter, die bisher mit Augenmaß vorgegangen sind, wie Sie das selber sagen?
Lompscher: Richtig. Aber es wird in dem Instrument auch einen Mechanismus geben, wo man Mieterhöhungen genehmigen kann, und die Chance, Mieterhöhungen genehmigt zu bekommen, haben natürlich vor allem die Vermieter, die bisher nicht so exorbitant vorgegangen sind.
Barenberg: Zu der Kritik, die laut geworden ist, gehört ja auch die der Wohnungsbaugenossenschaften, etwa der jungen Genossenschaften in Berlin, die sagen: Wenn dieser Mietdeckel, wenn dieser Mietstopp kommt, dann haben wir nicht mehr genug Geld für Unterhalt und für Neubau, das wir im Moment haben. Fällt das für Ihren Plan nicht ins Gewicht?
Lompscher: Wie gesagt, wir sind jetzt bei Eckpunkten. Der Gesetzesentwurf geht ja noch mal in eine Anhörung. Dann geht er ins Abgeordnetenhaus. Das heißt, wir sind am Anfang eines Prozesses, und natürlich werden solche Äußerungen von uns sehr ernst genommen und auch angeschaut. Aber da wir wie gesagt erst Eckpunkte haben, können die auch gar nicht solche umfassenden Wirkungen entfalten, wie hier befürchtet werden. Dass die Wirtschaftlichkeit der Bewirtschaftung von Wohngebäuden gesichert werden muss, das liegt doch auf der Hand, und dazu werden wir auch eine entsprechende Regelung finden.
Baugeschehen in Berlin ist auf einem sehr hohen Niveau
Barenberg: Welche Wirkung wollen Sie denn erzielen mit dieser Bestrafung und dieser unterschiedslosen Bestrafung aller Vermieter?
Lompscher: Wir wollen ganz klar ein Abkühlungssignal an den Wohnungsmarkt senden und wir wollen mit dem Einziehen einer Mietobergrenze insbesondere überhöhte Mieten wieder in eine angemessene Höhe bringen.
Barenberg: Was ist mit dem eigenen Ziel und mit der Alternative, die viele für den besseren Weg halten, nämlich selber mehr Wohnungen zu bauen?
Lompscher: Das machen wir ja außerdem. In Berlin wird ja immer sehr holzschnittartig diskutiert. Wir hatten im letzten Jahr knapp 17.000 fertige Wohnungen. Das waren dreimal so viele wie vor zehn Jahren. Das Baugeschehen in Berlin ist auf einem sehr hohen Niveau und konstant und wir tun alles, um auch Wohnungsbau zu realisieren. Aber klar ist: Wohnungsbau allein wird uns nicht helfen bei dieser Mietentwicklung. Wir müssen uns auch um den Schutz der preiswerteren Bestandsmieten kümmern.
Barenberg: Die Ziele, die Sie sich selbst gesteckt haben beim Wohnungsbau, die erreichen Sie selber nicht, oder?
Lompscher: Wir haben einen Prozess einer Aufwärtsentwicklung. Wenn man sich anschaut, was wird gebraucht, um prognostische Zahlen zu erreichen, und zwar nicht nur das Wachstum, was wir haben, sondern auch den Nachholbedarf, dann sind wir noch nicht an den 20.000, die wir bräuchten prognostisch. Aber wir bewegen uns genau in diese Richtung, und ich glaube, dass wir diesen Zuwachs ständig generieren können, das ist auch schon eine sehr, sehr große Leistung und das werden wir verstetigen.
Zeichen für eine aktive Wohnungspolitik
Barenberg: Sie haben eben gesagt, dass Sie quasi in einer Notlage handeln und ein angemessenes Signal der Abkühlung in den Markt geben wollen. Nun hat sich aber der Anstieg der Mieten gerade in Berlin im Schnitt fast halbiert. Zwischen 2015 und 2017 waren es noch 4,6 Prozent im Jahr Zuwachs und in den letzten zwei Jahren waren es nur noch zweieinhalb Prozent. Gibt es diese Notlage eigentlich, von der Sie sprechen?
Lompscher: Wir sehen sie so, auch vor dem Hintergrund des absoluten Miethöhen-Niveaus, des absoluten Einkommens-Niveaus. Dass wir beim letzten Mietspiegel eine reduzierte Steigerung gesehen haben – wir haben ja nicht irgendwie eine Senkung gesehen, sondern die Steigerung war nicht mehr so dynamisch -, das ist natürlich auch ein Zeichen dessen, dass wir hier eine aktive Wohnungspolitik machen. Aber es hat noch nicht ausgereicht und deshalb gibt es die Verabredung hier in dieser Koalition, dass wir mit diesem Instrument auf dem Wohnungsmarkt mit größerer Konsequenz dieser Mieterhöhungsdynamik den Raum nehmen wollen.
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