Schweden, Ende der 70er-Jahre. Auch im skandinavischen Königreich machen die Kernkraftgegner mobil, fordern die Abschaltung des Atomkraftwerks Barsebäck bei Malmö und den Einstieg in die Sonnen- und Windenergie. In einer Volksabstimmung sprachen sich die Schweden damals gegen die Atomkraft als Energieform der Zukunft aus, entsprechend beschloss das Parlament in Stockholm 1980, dass keine weiteren Kernkraftwerke mehr gebaut werden dürfen. Sechs Reaktoren befanden sich damals noch im Bau und wurden auch fertiggestellt.
Bis 2000 sollte der Ausstieg abgeschlossen sein, aber je näher diese Frist rückte, um so weniger fühlte sich die Politik ihren damaligen Beschlüssen gegenüber verpflichtet. Anfang Februar 2009 war es schließlich dem heutigen Ministerpräsidenten Fredrick Reinfeldt vorbehalten, nicht ohne Pathos den Ausstieg aus dem Ausstieg zu verkünden:
"Die Regierung hat einen historischen und in der Welt wohl einzigartigen Beschluss über Umwelt-, Klima- und Energiepolitik gefasst. Eine Welt, die in diesen Fragen nach politischer Führung sucht, kann sich an Schweden orientieren. Wir haben den Grundstein dafür gelegt, Arbeitsplätze zu sichern und Wohlstand zu sichern. Wir haben langfristige Voraussetzungen geschaffen, um Investoren nach Schweden zu locken, weil wir Versorgungssicherheit auf dem Energiesektor schaffen. Und außerdem weisen wir den Weg zur künftigen Vermeidung von CO2."
Sozialdemokraten, Linke und Grüne betonten postwendend, dass sie am Ausstieg aus der Kernenergie festhalten würden, wenn sie bei den Reichstagswahlen in gut einem Jahr an die Macht kämen. Doch sie vertreten eine Minderheitenposition: Deutlich über 50 Prozent der Bevölkerung sind mit der energiepolitischen Wende der Regierung einverstanden und für einen Ausbau der Kernenergie. Dabei hätten die Schweden Grund genug, der Kernkraft weniger wohlwollend gegenüberzustehen. In den letzten Jahren hatte es an allen drei Standorten immer wieder Pannen gegeben. Meist kleinere zwar, trotzdem war die Häufung auffallend.
Wer eine Antwort auf die Frage sucht, warum die Schweden beim Thema Atomkraft und Atommüll so erstaunlich gelassen sind, landet irgendwann in einem Versuchsstollen in Oskarshamn und lauscht den Worten von Jenny Rees. Sie ist Pressesprecherin des für die Endlagerung zuständigen Unternehmens "Svensk Kärnbränslehantering", kurz SKB, und mittlerweile fast so etwas wie eine Reiseleiterin. Fast täglich führt sie Journalisten, Touristen und Einwohner aus der näheren und ferneren Umgebung mit einem Aufzug 400 Meter in die Tiefe und versetzt ihren Besuch mit ein paar Zahlen in Erstaunen, die die geologischen Dimensionen dieses Ortes verdeutlichen:
"Hier unter also simulieren wir die Bedingungen eines Endlagers. Es ist ein sehr altes Feld, fast zwei Milliarden Jahre alt. Zum Vergleich: 100.000 Jahre müssten wir verbrauchte Brennstäbe sicher verwahren. Für uns Menschen eine extrem lange Zeit, wir reden von 4000 Generationen. Geologisch betrachtet ist das nur ein kurzer Augenblick."
Aber mit zugegebenermaßen aufregenden Fahrten in einen Bergstollen ist es nicht getan. Zuvor mussten die Menschen nicht nur in der näheren Umgebung von der Notwendigkeit eines atomaren Endlagers überzeugt werden. Und gerade in den Anfängen, als mehrere Standorte auf ihre Tauglichkeit überprüft wurden, hätte man große Fehler gemacht, so Saida Engström, die bei SKB für die – wie es etwas umständlich heißt – Gesellschaftskontakte zuständig ist:
"Wir haben eine große Tradition des Pragmatismus, wir reden viel miteinander, anstatt aufeinander loszugehen. Gerade für uns als kleines Land ist es wichtiger, Probleme zu lösen. In Deutschland kann man über diese Fragen ja nicht mal reden, weil sie politisiert worden sind. Natürlich kann und soll man darüber diskutieren, ob Kernkraft die Energieform der Zukunft ist. Aber den Atommüll, den gibt es bereits jetzt. Und wenn ich mit deutschen Kernkraftgegner darüber diskutiere, wo der denn hin soll, höre ich nur: Das wissen wir nicht."
Bis 2000 sollte der Ausstieg abgeschlossen sein, aber je näher diese Frist rückte, um so weniger fühlte sich die Politik ihren damaligen Beschlüssen gegenüber verpflichtet. Anfang Februar 2009 war es schließlich dem heutigen Ministerpräsidenten Fredrick Reinfeldt vorbehalten, nicht ohne Pathos den Ausstieg aus dem Ausstieg zu verkünden:
"Die Regierung hat einen historischen und in der Welt wohl einzigartigen Beschluss über Umwelt-, Klima- und Energiepolitik gefasst. Eine Welt, die in diesen Fragen nach politischer Führung sucht, kann sich an Schweden orientieren. Wir haben den Grundstein dafür gelegt, Arbeitsplätze zu sichern und Wohlstand zu sichern. Wir haben langfristige Voraussetzungen geschaffen, um Investoren nach Schweden zu locken, weil wir Versorgungssicherheit auf dem Energiesektor schaffen. Und außerdem weisen wir den Weg zur künftigen Vermeidung von CO2."
Sozialdemokraten, Linke und Grüne betonten postwendend, dass sie am Ausstieg aus der Kernenergie festhalten würden, wenn sie bei den Reichstagswahlen in gut einem Jahr an die Macht kämen. Doch sie vertreten eine Minderheitenposition: Deutlich über 50 Prozent der Bevölkerung sind mit der energiepolitischen Wende der Regierung einverstanden und für einen Ausbau der Kernenergie. Dabei hätten die Schweden Grund genug, der Kernkraft weniger wohlwollend gegenüberzustehen. In den letzten Jahren hatte es an allen drei Standorten immer wieder Pannen gegeben. Meist kleinere zwar, trotzdem war die Häufung auffallend.
Wer eine Antwort auf die Frage sucht, warum die Schweden beim Thema Atomkraft und Atommüll so erstaunlich gelassen sind, landet irgendwann in einem Versuchsstollen in Oskarshamn und lauscht den Worten von Jenny Rees. Sie ist Pressesprecherin des für die Endlagerung zuständigen Unternehmens "Svensk Kärnbränslehantering", kurz SKB, und mittlerweile fast so etwas wie eine Reiseleiterin. Fast täglich führt sie Journalisten, Touristen und Einwohner aus der näheren und ferneren Umgebung mit einem Aufzug 400 Meter in die Tiefe und versetzt ihren Besuch mit ein paar Zahlen in Erstaunen, die die geologischen Dimensionen dieses Ortes verdeutlichen:
"Hier unter also simulieren wir die Bedingungen eines Endlagers. Es ist ein sehr altes Feld, fast zwei Milliarden Jahre alt. Zum Vergleich: 100.000 Jahre müssten wir verbrauchte Brennstäbe sicher verwahren. Für uns Menschen eine extrem lange Zeit, wir reden von 4000 Generationen. Geologisch betrachtet ist das nur ein kurzer Augenblick."
Aber mit zugegebenermaßen aufregenden Fahrten in einen Bergstollen ist es nicht getan. Zuvor mussten die Menschen nicht nur in der näheren Umgebung von der Notwendigkeit eines atomaren Endlagers überzeugt werden. Und gerade in den Anfängen, als mehrere Standorte auf ihre Tauglichkeit überprüft wurden, hätte man große Fehler gemacht, so Saida Engström, die bei SKB für die – wie es etwas umständlich heißt – Gesellschaftskontakte zuständig ist:
"Wir haben eine große Tradition des Pragmatismus, wir reden viel miteinander, anstatt aufeinander loszugehen. Gerade für uns als kleines Land ist es wichtiger, Probleme zu lösen. In Deutschland kann man über diese Fragen ja nicht mal reden, weil sie politisiert worden sind. Natürlich kann und soll man darüber diskutieren, ob Kernkraft die Energieform der Zukunft ist. Aber den Atommüll, den gibt es bereits jetzt. Und wenn ich mit deutschen Kernkraftgegner darüber diskutiere, wo der denn hin soll, höre ich nur: Das wissen wir nicht."