Rechts und links stehen Scheinwerfer wie auf einem altmodischen Filmset. Eine schräge Bühnenplattform dazwischen hängt oben an Scharnieren wie eine Schaukel. Achtung, Hollywood!, sagt auch die schmalzige Salonmusik am Anfang.
Schillers Ballade von der Tugend der Treue, die sogar Tyrannen erweicht, hat Lothar Kittstein zu einem Genre-Stück mit aktuellem Inhalt gemacht. Ein Thriller, der ästhetisch Anleihen beim Gangsterfilm nimmt und dessen Figuren das "als ob" des Settings in schrillen Kostümen auch am Körper tragen.
Ein Banker und seine Frau haben in Osteuropa ein Kind adoptiert, er hat ohne ihr Wissen 85.000 Euro dafür bezahlt, eines Nachts steht der "Vermittler" vor der Tür und fordert das gestundete Geld zurück, wenn nicht, muss er Frau und Mann leider erschießen und das Kind weiter verkaufen.
"Das war ein beschissenes Jahr für Banker, du weißt ja, ganz schlecht gelaufen. Es wurden nicht mal Boni ausgezahlt."
"Aber du hast ein Haus gekauft."
"Das war billig. Ich dachte, ich könnte das schnell abbezahlen, wenn wieder Boni rein kommen. Es geht ja auch wieder aufwärts, läuft ja gut derzeit. Ich brauch nur etwas Zeit."
Der Banker beginnt eine vergebliche Odyssee durch die Nacht, zu ehemaligen Kunden, einem reichen Ehepaar, das er bedroht, zu seinem alten Vater. Zurück kehrt er mit mickrigen 12.000, die er einer jungen Ausreißerin geklaut hat. Zuhause wirft sich die Frau dem Unbekannten mehr oder weniger an den Hals, bis auch sie die Wahrheit erfährt.
Was dann folgt ist ein finaler Showdown ohne versöhnliches Ende. Die klugen Darsteller des Schauspiels Frankfurt, hervorzuheben sind hier vor allem die Frauen, halten den Psycho-Thriller schön in der Schwebe. Lothar Kittstein hat den edlen Bürgen und den sich übermenschlich anstrengenden Freund, der ihn auslöst, übertragen auf ein Ehepaar, der Tyrann ist ein Spielball seiner vermeintlichen Gläubiger, die Verantwortung wird ins Dickicht von Banken-Hypertonie und Osteuropa-Mafia gesteckt, und überhaupt: Es ist ja nur ein Spiel.
Das "als ob" des Settings relativiert Schillers Poem - und entspricht ihm zugleich. Denn als Schiller die Ballade schrieb, war der Terror der Französischen Revolution gerade mal vier Jahre alt. Die Gefährlichkeit von Idealen ist schon der Erzählung eingewoben.
Seinen "Demetrius" hat Schiller nicht fertig gestellt, die Geschichte vom falschen Zarensohn wurde als Fragment 1857 in Weimar uraufgeführt. Ruhrfestspiel-Intendant Frank Hoffmann hat sie jetzt russischen Puppenspielern anvertraut. Die "Welturaufführung" in Recklinghausen war allerdings biederstes Kunst-Handwerk, von ästhetischer Innovation im Puppentheater keine Spur, am aufregendsten noch die Tonspur voll russischer Weisen. Ähnlich unerheblich machte sich das Frankfurter Gastspiel von Michael Thalheimers "Maria Stuart". Schillers Sprachmacht und Textfülle gehen mit dem statisch-reduzierten Formenkanon Thalheimers nur schlecht zusammen. Kein Vergleich jedenfalls mit dem großartigen "Don Carlos" aus Dresden, den Roger Vontobel inszeniert hat, mit Burghart Klaußner als König von Spanien. Dass das Wort "Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!" immer noch ganz neu, ganz frisch klingen kann, war eine der Freuden dieser Aufführung.
Frank Hoffmann hat normalerweise eine gute Hand bei der Auswahl von Gastspielen. Sein Uraufführungsreigen präsentiert ein paar der jüngeren Dramatiker, die gerade am Start sind, wobei die Inszenierungen deutlich schwanken. Die Ruhrfestspiele haben aber nach wie vor ein Problem: Sie liefern zu viele bekannte Namen in letztendlich zu viel mittelmäßigem Theater. Für die Auslastung ist das gut, gerade wurde ein neuer Besucherrekord vermeldet. Für die Ausstrahlung, zumindest die überregionale, reicht das nicht.
Homepage Ruhrfestspiele
Schillers Ballade von der Tugend der Treue, die sogar Tyrannen erweicht, hat Lothar Kittstein zu einem Genre-Stück mit aktuellem Inhalt gemacht. Ein Thriller, der ästhetisch Anleihen beim Gangsterfilm nimmt und dessen Figuren das "als ob" des Settings in schrillen Kostümen auch am Körper tragen.
Ein Banker und seine Frau haben in Osteuropa ein Kind adoptiert, er hat ohne ihr Wissen 85.000 Euro dafür bezahlt, eines Nachts steht der "Vermittler" vor der Tür und fordert das gestundete Geld zurück, wenn nicht, muss er Frau und Mann leider erschießen und das Kind weiter verkaufen.
"Das war ein beschissenes Jahr für Banker, du weißt ja, ganz schlecht gelaufen. Es wurden nicht mal Boni ausgezahlt."
"Aber du hast ein Haus gekauft."
"Das war billig. Ich dachte, ich könnte das schnell abbezahlen, wenn wieder Boni rein kommen. Es geht ja auch wieder aufwärts, läuft ja gut derzeit. Ich brauch nur etwas Zeit."
Der Banker beginnt eine vergebliche Odyssee durch die Nacht, zu ehemaligen Kunden, einem reichen Ehepaar, das er bedroht, zu seinem alten Vater. Zurück kehrt er mit mickrigen 12.000, die er einer jungen Ausreißerin geklaut hat. Zuhause wirft sich die Frau dem Unbekannten mehr oder weniger an den Hals, bis auch sie die Wahrheit erfährt.
Was dann folgt ist ein finaler Showdown ohne versöhnliches Ende. Die klugen Darsteller des Schauspiels Frankfurt, hervorzuheben sind hier vor allem die Frauen, halten den Psycho-Thriller schön in der Schwebe. Lothar Kittstein hat den edlen Bürgen und den sich übermenschlich anstrengenden Freund, der ihn auslöst, übertragen auf ein Ehepaar, der Tyrann ist ein Spielball seiner vermeintlichen Gläubiger, die Verantwortung wird ins Dickicht von Banken-Hypertonie und Osteuropa-Mafia gesteckt, und überhaupt: Es ist ja nur ein Spiel.
Das "als ob" des Settings relativiert Schillers Poem - und entspricht ihm zugleich. Denn als Schiller die Ballade schrieb, war der Terror der Französischen Revolution gerade mal vier Jahre alt. Die Gefährlichkeit von Idealen ist schon der Erzählung eingewoben.
Seinen "Demetrius" hat Schiller nicht fertig gestellt, die Geschichte vom falschen Zarensohn wurde als Fragment 1857 in Weimar uraufgeführt. Ruhrfestspiel-Intendant Frank Hoffmann hat sie jetzt russischen Puppenspielern anvertraut. Die "Welturaufführung" in Recklinghausen war allerdings biederstes Kunst-Handwerk, von ästhetischer Innovation im Puppentheater keine Spur, am aufregendsten noch die Tonspur voll russischer Weisen. Ähnlich unerheblich machte sich das Frankfurter Gastspiel von Michael Thalheimers "Maria Stuart". Schillers Sprachmacht und Textfülle gehen mit dem statisch-reduzierten Formenkanon Thalheimers nur schlecht zusammen. Kein Vergleich jedenfalls mit dem großartigen "Don Carlos" aus Dresden, den Roger Vontobel inszeniert hat, mit Burghart Klaußner als König von Spanien. Dass das Wort "Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!" immer noch ganz neu, ganz frisch klingen kann, war eine der Freuden dieser Aufführung.
Frank Hoffmann hat normalerweise eine gute Hand bei der Auswahl von Gastspielen. Sein Uraufführungsreigen präsentiert ein paar der jüngeren Dramatiker, die gerade am Start sind, wobei die Inszenierungen deutlich schwanken. Die Ruhrfestspiele haben aber nach wie vor ein Problem: Sie liefern zu viele bekannte Namen in letztendlich zu viel mittelmäßigem Theater. Für die Auslastung ist das gut, gerade wurde ein neuer Besucherrekord vermeldet. Für die Ausstrahlung, zumindest die überregionale, reicht das nicht.
Homepage Ruhrfestspiele