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Kein Durchblick, nirgends

Die anhaltenden Verzögerungen bei der Einführung eines sogenannten Dialogorientierten Zulassungsverfahrens für Studienplätze beschäftigen auch den Bundestag. In einem öffentlichen Fachgespräch informierte sich der Bildungsausschuss über die Probleme.

Von Jürgen König |
    In dem öffentlichen Fachgespräch sollte der "Sachstand" bei der Einführung des Dialogorientierten Zulassungsverfahrens ermittelt werden. Doch sehr bald schon - und danach sehr oft - wurde gesagt, es ginge nicht darum, jemandem hier den Schwarzen Peter zuzuschieben. Genau das aber hätte man doch erwarten sollen: in einem Gespräch über ein technisches System, das seit Jahren entwickelt wird und seit Jahren nicht funktioniert. Es war der CSU-Abgeordnete Albert Rupprecht, der das Entscheidende dazu sagte:

    "Mir reicht es nicht, dass Sie sagen, Schwarzer-Peter-Spielen ist nicht die Lösung. Natürlich möchte ich wissen, als Bundestagsabgeordneter, wenn wir 15 Millionen zur Verfügung stellen, wo die Ursache ist. Wenn sie sagen, 80 Prozent der Hochschulen haben dieses Problem, dann kann ich das bei dieser versammelten Mannschaft an Fachleuten nicht akzeptieren, dass die versammelte Mannschaft schlichtweg das nicht erkannt hat."

    Als Albert Rupprecht dieses sagte, waren die vorgesehenen zwei Stunden für die Aussprache fast vorbei. Zuvor hatten Vertreter der beteiligten Institutionen und Firmen wortreich ihre Sicht der Probleme erklärt und dabei immer wieder auf die Komplexität des Verfahrens verwiesen; zur wirklichen Ursachenforschung konnte - oder wollte? - die versammelte Mannschaft der Experten sich nicht durchringen. Über das Hauptproblem immerhin war man sich einig: Es gelingt nach wie vor nicht, die existierenden und sehr unterschiedlich ausgebauten Computersysteme der Hochschulen über "Konnektoren" mit der Software zum "Dialogorientierten Zulassungsverfahren" zu verbinden. Die von Bund und Ländern getragene HIS Hochschul-Informations-System GmbH - hatte sie entwickelt, ihr Vertreter Sven Gutow räumte Fehler ein.

    "Eine Konnektorenlösung zur Verbindung zwischen hochschulstart.de und dem heute in den Hochschulen im Einsatz befindlichen ZUL-GX, auf Basis dieser Generation, ist gescheitert."

    Seit es Andeutungen gibt, die IT-Sparte der HIS könne möglicherweise privatisiert werden, steht die "Datenlotsen-Informationssysteme GmbH" auf dem Sprung. Ihr Vertreter Stephan Sachse:

    "Den Datenlotsen wurde im Zuge der Beschäftigung mit der Frage, wie die Architektur des Konnektors sein muss, sehr schnell augenscheinlich, dass eine direkte Anbindung der HIS-GX-Systeme an das Dialogorientierte Serviceverfahren aufgrund der HIS-GX-Datenbankstruktur nicht gelingen kann."

    Seit zehn Jahren schon hätten die Datenlotsen ihr Campus-Management-System campus.net entwickelt,, auf der Basis dieses Systems habe man jetzt ein Lösungsszenario entwickelt,

    "dass auch die HIS-GX-Software an das zentrale Verfahren anbindet."

    Sven Gutow von der HIS hielt dagegen, man habe inzwischen selber ein System entwickelt, mit einem ganz ähnlichen Ansatz wie die Datenlotsen, das System sei an Hochschulen erprobt worden, wenn auch noch ohne "die Kommunikation mit dialogorientierten Zulassungsverfahren", Tests seien aber erfolgreich verlaufen. Stefan Jähnichen vom Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik - er plädierte für ein völlig neues System.

    "Meines Erachtens ist ohne eine Umstellung auf neue, moderne Systeme,und das betrifft nicht nur das Bewerbermanagement, ohne eine solche Umstellung werden die Hochschulen auch an anderen Stellen massive Probleme bekommen oder auch bereits haben."

    Wie lange wird es dauern, bis ein System funktioniert? Was könnte das kosten? Zwei Fragen, die immer wieder gestellt worden - ohne Antwort. Michael Teuscher, Vorsitzender im Rat der Stiftung für Hochschulzulassung verwies auf eine Stiftungsratssitzung am 25. Januar, dann werde man über das weitere Vorgehen beraten, zum vorgesehenen Pilotprojekt sagte er aber leider jetzt schon, dass es eigentlich gar nicht funktionieren kann.

    "Zum Pilotverfahren, das jetzt vorgesehen ist, ist natürlich sicherlich zu sagen, dass das, was wir als Kernlösung für das dialogorientierte Verfahren vorgesehen haben, nämlich der Mehrfachzulassungsabgleich, eigentlich voraussetzt, dass wenigstens 70 Prozent der Studienplätze im System verwaltet werden. Wenn wir 40 Hochschulen haben, müssen wir feststellen, dass ein voll funktionsfähiger Mehrfachzulassungsabgleich mit 40 Hochschulen im dialogorientierten Verfahren sicherlich nicht möglich sein wird."

    Der "Sachstand" bei der Einführung des "Dialogorientierten Zulassungsverfahrens" sollte heute festgestellt werden. Dieser "Sachstand" kann sehr knapp zusammengefasst werden: kein Durchblick, nirgends.