Ein hell erleuchteter Supermarkt in einem Einkaufszentrum am Stadtrand von Vilnius: In der Schlange an der Kasse wartet Ruta Radzvilas. Die Litauerin ist Ende 20, hat die feuerroten Haare zu einem Dutt aufgetürmt und trägt eine markante, schwarz gerahmte Brille im Gesicht. Gerade packt sie zwei Flaschen Sekt in ihre Einkaufstüte, allerhand Gebäck und sündhaft teure Weintrauben. Ruta will am Abend noch nach Riga, sie ist auf eine Party eingeladen.
"Ich muss mir lettische Lats besorgen. Wäre schön, wenn wir bald den Euro hätten. Ich reise viel, der ewige Umtausch geht mir auf die Nerven. Gestern im Fernsehen, da haben sie über den Euro diskutiert. Da gab es seltsam viele, die gegen die Einführung waren. Warum, das ist mir ein Rätsel. "
Als Geschäftsführerin einer kleinen Boutique verdient Ruta ein Vielfaches des üblichen Durchschnittslohns. Der liegt bei rund 400 Euro im Monat. Und doch kann es auch in ihrer Familie schon einmal eng werden, denn die Preise in Litauen sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen.
"Gut die Hälfte unseres Einkommens geben wir für die Wohnung aus, 30 Prozent für Lebensmittel und der magere Rest bleibt für das Vergnügen und die Klamotten."
Auch Janina Genzelis ist heute in das weitläufige Einkaufszentrum gekommen. Die gepflegte ältere Dame mit dem dezenten Halstuch ist jedoch eine Minderheit im neumodischen Konsumtempel: Die meisten Kunden sind deutlich unter 50 Jahre alt. Die Waren, die hier feilgeboten werden, sprechen vor allem die neureiche Jugend an. Janina Genzelis, die 40 Jahre lang als Lehrerin unterrichtete, kann sich von den aufgetürmten Luxuswaren kaum etwas leisten. Zaghaft öffnet sie ihre Stofftasche:
"Schauen Sie mal hier! Es gibt ein wenig Schokolade für die Enkel. Mehr ist heute nicht drin. Als ich den Bescheid bekam, habe ich geweint, so gering war meine Rente. Die wurde inzwischen erhöht, doch das Geld reicht nur noch für das Nötigste."
Dass die Waren deutlich teurer werden, hält Aidas Mackevizius jedoch für Unkenrufe. Für den Geschäftsführer einer litauischen Supermarktkette würde der Euro nur Gutes bedeuten: Seit dem EU-Beitritt 2004 habe sich in seinem Unternehmen die Einfuhr von Waren aus der EU auf 25 Prozent verdoppelt, erklärt der schlanke drahtige Mann in braunen Nadelstreifen. Durch eine gemeinsame Währung würden auch die Kosten für den Währungstausch entfallen. Doch eine kleine Träne würde auch er seiner nationalen Währung nachweinen:
"Es ist schon schmerzhaft, denn es geht um ein nationales Symbol. Aber ich denke praktisch: Wenn ich will, dass unser Land eine Zukunft hat, dann müssen wir verzichten. Denn der Euro wird viel besser für die Entwicklung Litauens sein als unsere heutige Währung."
Der Prachtboulevard Gediminas Prospekt ist das Pflaster der Reichen und Schönen: Elegante Damen stöckeln über das Pflaster der schicken Einkaufsmeile. In den Gassen und Winkeln der barocken Altstadt tun sich Baugruben auf, es wird gebaut, renoviert und restauriert. Doch vom vordergründig sichtbaren Aufschwung kommt bei vielen Familien so gut wie nichts an. Auch gut ausgebildete junge Leute brauchen zwei oder mehr Jobs, um halbwegs über die Runden zu kommen.
Ein rasantes Wachstum, steigende Investitionen: Für Gitanas Nauseda, Analyst und wirtschaftspolitischer Berater des Präsidenten, sind das gute Zeichen. Der Litauer bedauert, dass sich Brüssel bei der für 2007 eingeplanten Einführung des Euro in Litauen zunächst einmal quer gelegt hat:
"Die Inflationswerte in Litauen sind unbedeutend höher als es die Maastricht-Kriterien erlauben, allerdings reden wir hier von hundertsten Bruchteilen hinter der Kommastelle. Wenn man sich einmal anschaut, wie sich die Preissteigerung etwa in Luxemburg oder Spanien entwickelt hat, dann könnte man schon zu dem Eindruck gelangen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. "
Dass Litauen bald mit dem Euro bezahlen wird, da ist sich der Banker mit dem kalligraphischen Muster auf dem Schlips jedoch sicher: Wenn nicht im nächsten Jahr, dann 2008 oder 2009, sagt Gitana Nauseda.
"Ich muss mir lettische Lats besorgen. Wäre schön, wenn wir bald den Euro hätten. Ich reise viel, der ewige Umtausch geht mir auf die Nerven. Gestern im Fernsehen, da haben sie über den Euro diskutiert. Da gab es seltsam viele, die gegen die Einführung waren. Warum, das ist mir ein Rätsel. "
Als Geschäftsführerin einer kleinen Boutique verdient Ruta ein Vielfaches des üblichen Durchschnittslohns. Der liegt bei rund 400 Euro im Monat. Und doch kann es auch in ihrer Familie schon einmal eng werden, denn die Preise in Litauen sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen.
"Gut die Hälfte unseres Einkommens geben wir für die Wohnung aus, 30 Prozent für Lebensmittel und der magere Rest bleibt für das Vergnügen und die Klamotten."
Auch Janina Genzelis ist heute in das weitläufige Einkaufszentrum gekommen. Die gepflegte ältere Dame mit dem dezenten Halstuch ist jedoch eine Minderheit im neumodischen Konsumtempel: Die meisten Kunden sind deutlich unter 50 Jahre alt. Die Waren, die hier feilgeboten werden, sprechen vor allem die neureiche Jugend an. Janina Genzelis, die 40 Jahre lang als Lehrerin unterrichtete, kann sich von den aufgetürmten Luxuswaren kaum etwas leisten. Zaghaft öffnet sie ihre Stofftasche:
"Schauen Sie mal hier! Es gibt ein wenig Schokolade für die Enkel. Mehr ist heute nicht drin. Als ich den Bescheid bekam, habe ich geweint, so gering war meine Rente. Die wurde inzwischen erhöht, doch das Geld reicht nur noch für das Nötigste."
Dass die Waren deutlich teurer werden, hält Aidas Mackevizius jedoch für Unkenrufe. Für den Geschäftsführer einer litauischen Supermarktkette würde der Euro nur Gutes bedeuten: Seit dem EU-Beitritt 2004 habe sich in seinem Unternehmen die Einfuhr von Waren aus der EU auf 25 Prozent verdoppelt, erklärt der schlanke drahtige Mann in braunen Nadelstreifen. Durch eine gemeinsame Währung würden auch die Kosten für den Währungstausch entfallen. Doch eine kleine Träne würde auch er seiner nationalen Währung nachweinen:
"Es ist schon schmerzhaft, denn es geht um ein nationales Symbol. Aber ich denke praktisch: Wenn ich will, dass unser Land eine Zukunft hat, dann müssen wir verzichten. Denn der Euro wird viel besser für die Entwicklung Litauens sein als unsere heutige Währung."
Der Prachtboulevard Gediminas Prospekt ist das Pflaster der Reichen und Schönen: Elegante Damen stöckeln über das Pflaster der schicken Einkaufsmeile. In den Gassen und Winkeln der barocken Altstadt tun sich Baugruben auf, es wird gebaut, renoviert und restauriert. Doch vom vordergründig sichtbaren Aufschwung kommt bei vielen Familien so gut wie nichts an. Auch gut ausgebildete junge Leute brauchen zwei oder mehr Jobs, um halbwegs über die Runden zu kommen.
Ein rasantes Wachstum, steigende Investitionen: Für Gitanas Nauseda, Analyst und wirtschaftspolitischer Berater des Präsidenten, sind das gute Zeichen. Der Litauer bedauert, dass sich Brüssel bei der für 2007 eingeplanten Einführung des Euro in Litauen zunächst einmal quer gelegt hat:
"Die Inflationswerte in Litauen sind unbedeutend höher als es die Maastricht-Kriterien erlauben, allerdings reden wir hier von hundertsten Bruchteilen hinter der Kommastelle. Wenn man sich einmal anschaut, wie sich die Preissteigerung etwa in Luxemburg oder Spanien entwickelt hat, dann könnte man schon zu dem Eindruck gelangen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. "
Dass Litauen bald mit dem Euro bezahlen wird, da ist sich der Banker mit dem kalligraphischen Muster auf dem Schlips jedoch sicher: Wenn nicht im nächsten Jahr, dann 2008 oder 2009, sagt Gitana Nauseda.