"Ich zeig Euch noch einmal, wie das mit den Tellern geht, wenn man die andreht, dann dürft ihr das auch gerne ausprobieren ... ."
Dienstagmorgen in der Laurentius-Förderschule in Niederkassel bei Bonn. Die Schüler blicken gespannt auf Marion Ladich. Einmal in der Woche kommt die Pädagogin vom Spielezirkus Bonn-Rhein-Sieg, um mit den Kindern zu üben: Jonglieren, das Balancieren auf dem Seil oder wie jetzt: bunte Plastikteller, die die Schüler auf einem dünnen Stab in der Luft drehen sollen. Danilo springt aufgeregt auf und ab:
"Sieht das so aus wie eine, wie eine Satellitenschüssel?"
Ladich: "So ähnlich und aus der Satellitenschüssel machen wir jetzt einen Teller, auf den man Essen legen kann."
Bis zu den Sommerferien kommt Marion Ladich elf Mal in die Schule. Das Projekt wird von der örtlichen Bürgerstiftung "Wir für Niederkassel" finanziert:
"Die Kinder lernen viele motorische Dinge, aber auch, das gemeinsam zu tun, sich dabei zu unterstützen. Bei der Aufführung überlegen sie sich, welchen Trick kann ich gut, also ist auch Selbstreflexion dabei. Und dann bekommen sie natürlich auch den verdienten Applaus dafür."
Schulleiterin Marlies Röhrig legt ihren Fotoapparat zur Seite und erzählt. Die Bürgerstiftung hat die Schule schon in vielen Projekten unterstützt: Sie finanzierte ein Coolnestraining, Ausflüge in die Kletterhalle, aber auch Roller für die Pause und seit einigen Jahren das wöchentliche Schulobst.
450 Euro Zinsertrag im vergangenen Jahr
Das Zirkusprojekt kostet 1.500 Euro – Geld, dass die kleine Schule nicht hat. Im Rahmen der Inklusion werden viele Förderschulen geschlossen, auch die Laurentius-Förderschule ist betroffen und nimmt keine neuen Erstklässler mehr an. Zwar steht der endgültige Termin der Schließung noch nicht fest, aber die Auswirkungen sind bereits spürbar. Die Schule hat immer weniger Schüler, die finanzielle Unterstützung geht entsprechend zurück.
"Also wir sind da ganz dringend drauf angewiesen, von einer Stiftung oder durch andere Gelder unterstützt zu werden."
Doch erst einmal wird die Niederkassler Stiftung – die 2007 von engagierten Bürgern gegründet wurde - keine größeren Projekte mehr finanzieren können. Ihr Kapitalstock liegt bei 350.000 Euro. Schon in der Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre gab es für das Festgeldkonto bei der heimischen Sparkasse kaum Erträge. Aus diesen finanzieren aber Stiftungen ihre Projekte. 2014 lag der Zinsertrag für "Wir in Niederkassel" bei nicht ganz 670 Euro, im vergangenen Jahr sogar nur bei 450 Euro.
Nun hat die Europäische Zentralbank den Leitzins Anfang März auf null Prozent gesenkt. Europas Währungshüter Mario Draghi erhofft sich davon mehr Wachstum und eine höhere Inflation in der Eurozone. Wer einen Kredit aufnehmen will, freut sich über die Nullzinspolitik der Notenbank. Stiftungen dagegen stehen vor dem gleichen Dilemma wie jeder Sparer, dessen Vermögen auf dem Sparkonto nur noch minimal verzinst wird. Birgit Radow, stellvertretende Generalsekretärin des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, erklärt:
"Der Aufwand, den man betreiben muss für einen vernünftigen Vermögensertrag, der ist deutlich größer geworden."
Besonders für kleinere Stiftungen – wie eben die Niederkassler Bürgerstiftung. Und damit für Dreiviertel aller eigenständigen Stiftungen in Deutschland. Sie eint, dass sie allesamt ein Stiftungsvermögen unter einer Million Euro haben. Die meisten arbeiten sogar mit deutlich weniger, nämlich mit einem Vermögen zwischen 50.000 Euro und 100.000 Euro.
Das Gros der Stiftungen wird privat errichtet und dient gemeinnützigen Zwecken. Mehr als 21.000 dieser Stiftungen bürgerlichen Rechts werden von der staatlichen Stiftungsaufsicht kontrolliert. Bevor sie Mittel für ihren Stiftungszweck verwenden dürfen, müssen sie ihren Fortbestand sichern.
"Es gibt ja die Vorgabe, dass das Stiftungsvermögen erhalten werden muss. Das ist der oberste Grundsatz bei der Vermögensanlage. Aus den Vermögenserträgen soll die Arbeit bezahlt werden."
Wenn es um Geldanlagen geht, ist der Rat der Banken gefragt. Zur Kundschaft der genossenschaftlichen Bank für Kirche und Diakonie beispielsweise gehören etwa 400 Stiftungen. Bankchef Ekkehard Thiesler.
"Das sind insbesondere kirchliche Stiftungen, aber auch gemeinnützige Stiftungen und ganz wenige Familienstiftungen."
Man rate den Stiftungen meist, einen Teil des Kapitals in Aktien anzulegen. Ihre kirchlichen Kunden orientieren sich an den Empfehlungen der evangelischen Landeskirchen und der EKD hinsichtlich der Aufteilung der Anlagegelder .
"Dort können eben bis zu 30 Prozent auch in Sachwerte, in Aktien investiert werden und das empfehlen wir. Wenn man dem so folgt, dann waren die Erfolge nicht schlecht in den letzten Jahren, da waren wir 2015 so bei durchschnittlich 3,5 Prozent, 2014 bei über fünf Prozent, aber eben auch mal ein Wert in 2008 mit minus sechs Prozent."
Drohende Schmälerung des Stiftungskapitals
Sich mit Aktien und auch mit dem Kauf von Immobilien zu beschäftigen, überhaupt das Kapital breiter zu streuen, das rät auch der Bundesverband Deutscher Stiftungen seinen Mitgliedern. Für die Niederkassler Bürgerstiftung allerdings kommt das nicht in Frage. "Viel zu riskant", sagt Vorstandssprecher Herbert Prümper:
"Wenn ich einen Stiftungsstock von 300.000 oder 400.000 Euro hab, weiß ich auch nicht ernsthaft, was ich da groß streuen könnte. Wenn Stiftungen darauf aus sind, möglichst viel zu verdienen mit dem Stiftungskapital, dann muss man sich eben einen Finanzfachmann zulegen, der das hauptberuflich macht, aber dann entstehen Kosten, die auch wieder von den Erträgen abzuziehen sind."
Aber als Ehrenamtler ständig die Aktienkurse an der Börse zu verfolgen, dafür fehle es seinem Vorstand schlicht an Zeit, sagt Prümper. Deshalb bleibe das Geld, wo es ist: Bei der Niederkassler Hausbank.
Laut der "Stiftungsstudie 2016" der Wirtschaftsprüfer von PriceWaterhouseCooper hat jede dritte Stiftung im Jahr 2014 ihre Förderausgaben erhöhen können; bei 45 Prozent blieben sie gleich. Jede fünfte Stiftung hat die Förderausgaben aber gesenkt und neun von zehn der befragten Stiftungen verzichteten zuletzt darauf, den realen Wert des Stiftungskapitals zu erhalten.
"Darüber sprechen sie dann auch mit den Stiftungsaufsichten. Und die Stiftungsaufsichten stimmen dem auch oft zu, dass jetzt nicht auch noch der Inflationsausgleich zurückgelegt werden kann, damit die Projekte eben durchgeführt werden."
Die Niederkassler Bürgerstiftung möchte soweit nicht gehen. Sie macht, was sie immer schon tun musste: Spenden sammeln. 2014 kamen so 6.500 Euro zusammen, im vergangenen Jahr waren es dann nur noch 1.400 Euro. Mit Spenden die fehlenden Zinserträge auszugleichen, das versuchen derzeit viele kleine Stiftungen, beobachtet die stellvertretende Generalsekretärin des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Birgit Radow:
"Fast die Hälfte betreibt bereits Fundraising in irgendeiner Form, andere denken darüber nach und die geringen Zinseinnahmen und gleichzeitig der Wunsch, die Projekte aufrecht erhalten zu können, zwingen einfach zu mehr Einsatz in diesem Bereich."
Wie kleinere Stiftungen die Nullzinsphase überstehen können, wird auch Thema sein auf dem deutschen Stiftungstag, der vom 11. bis 13. Mai in Leipzig stattfindet. Doch in Niederkassel scheint man in Sachen Fundraising am Ende der Möglichkeiten angekommen. Die Stiftung macht gute Öffentlichkeitsarbeit, die regionalen Medien berichten auch regelmäßig über die Projekte. Die Schulleiterin der Laurentius-Schule, Marlies Röhrig, die auch im Kuratorium der Bürgerstiftung sitzt, erzählt, dass Vorstand und Kuratorium immer wieder zur selben Erkenntnis kämen:
" ... dass es schwierig ist, den Menschen klarzumachen, dass eine Stiftung nur funktioniert, wenn sie auch unterstützt wird. Also, dass man nicht nur im Blick hat: 'Ah toll, da ist eine Stiftung, die mich unterstützt', sondern die funktioniert ja nach bestimmten Rahmenbedingungen. Und die heißt halt Engagement auf der einen Seite und auf der anderen Seite auch finanzielle Unterstützung."
Auch die empfohlenen Benefizveranstaltungen brächten in einer Kleinstadt wenig.
"Zu den Galaveranstaltungen erschienen dann die Üblichen aus Kuratorium und Vorstand, die dann zwei, drei Bekannte, Ehefrauen und Ehemänner mitschleppten, dann auch noch Geld drauflegten und das Ganze organisierten. Das hatte also gar keine Breitenwirkung. Deswegen machen wir das auch nicht mehr. Da gibt es wohl in einer ländlich strukturierten Kommune wie Niederkassel keine Interessenten für."
Doch Not macht erfinderisch. Das gilt auch für Stiftungen, die sich bemühen, die Lücke zwischen sinkenden Einnahmen und als notwendig erachteten Ausgaben zu schließen. Mit der Suche nach Zustiftern etwa, die ihr Vermögen in das einer bestehenden Stiftung geben.
In Niederkassel setzt man seit einiger Zeit auf Bußgeldzuwendungen durch Gerichte und Staatsanwaltschaften. Vorstandsmitglied Herbert Prümper ist Strafrichter am Amtsgericht Siegburg – da habe es nahe gelegen, die Stiftung als möglichen Zuwendungsempfänger auf der Liste der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf eintragen zu lassen:
"Wenn im Ermittlungsverfahren ein Strafverfahren wegen geringfügigen Vergehens eingestellt wird, wird in der Regel eine Auflage gemacht, nämlich die Zahlung einer Buße, die dann an eine gemeinnützige Einrichtung gehen soll, die der Staatsanwalt auswählt. Ich gehe davon aus, dass der Staatsanwalt aus dem Grund eines örtlichen Bezugs entscheidet."
Wie viel dabei zusammenkäme, sei letztlich Glückssache, sagt Prümper. Die Höhe der Geldbußen sei sehr unterschiedlich: Mal sind es 50, mal 100, mal 1.000 Euro. Im vergangenen Jahr konnte die Stiftung so 3.000 Euro zusätzlich verbuchen. Dass seiner Stiftung in der Nullzinsphase die Puste ausgehen könnte, daran denkt Prümper nicht:
"Selbst wenn die Erträge Null sind. Solange wir ein halbwegs nennenswertes Spenden- und Bußgeldaufkommen haben, können wir weiter machen. Auch wenn wir dann keine großen Sprünge machen können, ist auch die Förderung von kleinen Angelegenheiten zielführend, weil man ja gerade auch in der Kommune helfen will."
Und die Kommune kann Unterstützung gebrauchen. Knapp 38.000 Einwohner zählt die Stadt. Erst kürzlich hat Niederkassel einen Nachtragshaushalt aufgelegt. So unterstützt die Stiftung die Kommune derzeit bei der Aufhübschung des Jugendzentrums - und bei den Ferienfreizeiten mit Taschengeldzuschüssen für bedürftige Kinder. Mittlerweile finanzieren Stiftungen viele Gemeindeaufgaben. Die Stiftungsgesetze der Länder besagen nur, dass es keine Pflichtaufgaben der Kommune sein dürfen, wie etwa der Unterhalt von Kindergärten oder die Abwasserbeseitigung. Bei den freiwilligen Aufgaben jedoch – vor allem im Bereich Kultur – sind Stiftungen feste Größen, sagt der Niederkassler Bürgermeister Stephan Vehreschild, CDU:
"Bürgerstiftungen sind für uns immer ganz wichtig, weil die Stiftungen immer ganz nah am Bürger dran sind. Also die kennen die Gegebenheiten vor Ort, die wissen, welcher Bedarf in einer Kommune ist, und die kennen auch die handelnden Personen, die dahinter stecken."
Stiftungen bürgerlichen Rechts sind für die Ewigkeit angelegt. Wenn jedoch die Ausgaben für die Verwaltung und die Geldanlage die Erträge auffressen, können sie nichts bewirken. Das Stiftungsvermögen ist dann totes Kapital, wirkt nicht im Sinne des Gründers. Die einzigen, die sich dann noch über das angelegte Geld freuen dürften, sind die Banken und deren Berater. Schließlich verfügen die Stiftungen in Deutschland schätzungsweise über ein Vermögen von insgesamt 100 Milliarden Euro.
Geldknappheit von Stiftungen kann jedoch auch hausgemacht sein. Gerade junge Stiftungen bräuchten in der Aufbauphase eine breite Unterstützung, findet Christian Müller aus dem Vorstandsstab der KD Bank.
"Da sollte es nicht nur eine Person sein, die die Sache trägt, sondern eine Gruppe von Personen, die die Stiftung trägt, vorantreibt und langfristig dafür sorgt, dass Geld reinkommt."
Die Praxis sieht oft anders aus.
"Wir stellen fest, dass bei vielen Stiftungen eine gewisse Gründungseuphorie da ist und dass dann nach zwei, drei Jahren, wenn es in den regelmäßigen Geschäftsbetrieb übergeht, dass dann einfach die Zuflüsse nicht mehr da sind, weil man sich mit dieser Euphorie, dass man die Stiftung in Gang gesetzt hat, ja ein bisschen ausruht, ein bisschen zurückgeht und dann kommt die Stiftung nicht so weiter."
Alternative Verbraucherstiftung
Wer heute eine kleine Stiftung gründet, muss sich darüber im Klaren sein, dass sie nur bescheidene Beträge für die eigentliche Stiftungsarbeit zur Verfügung haben wird. Bankchef Thiesler.
"Wenn Sie 50.000, 100.000 Euro als Stiftung haben und dann drei Prozent, 3.000 Euro, was kann man damit anfangen? Nichts, deswegen raten wir dann eigentlich davon ab, dafür eine Kapital erhaltende Stiftung zu gründen, dann eher zu sagen, Förderverein oder tatsächlich Verbrauchsstiftung."
Seit dem 22. März 2013 sind in Deutschland diese sogenannten Verbrauchsstiftungen erlaubt. Deren Besonderheit: Das Stiftungskapital muss nicht mehr auf Dauer angelegt werden. Die Abkehr vom Ewigkeitsgedanken eröffnet neue Spielräume, gerade auch für Stiftungen mit einem geringeren Vermögen. Sinnvoll ist die Verbrauchsstiftung beispielsweise für Vorhaben, deren Zweck sich ohnehin nach einigen Jahren erledigt hat. Das könnte der Fall sein, wenn beispielsweise jemand mit einer Stiftung die Integration der syrischen Flüchtlinge in seiner Gemeinde unterstützen will. Noch allerdings werden nur wenige Verbrauchsstiftungen gegründet.
"Wir wissen von 29 Verbrauchsstiftungen in Deutschland, wovon zwei inzwischen aufgelöst wurden, und von den 27 gibt es eben auch dann ganz unterschiedliche Stiftungsformen. Wir sind da noch ganz am Anfang."
Es gibt auch Menschen bei Stiftungen, die der Niedrigzinsphase durchaus etwas Gutes abgewinnen können. Dazu gehört Matthias Fiedler, Geschäftsführer der Bewegungsstiftung. Diese unterstützt soziale Initiativen mit Zuschüssen und Beratung, die sich unter anderem für Ökologie, Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen. Gefördert wurden beispielsweise die Gründer der NGO Lobbycontroll oder die Bürgerenergie Genossenschaft in Berlin, die das dortige Stromnetz erwerben will. Neun Stifter haben 2002 die Gemeinschaftsstiftung aus der Taufe gehoben, heute sind es bereits 160 Stifter, die mindestens 5.000 Euro einbezahlt haben, um politische Änderungen zu befördern..
"Wenn man nicht mehr so viel dafür bekommt an Erträgen, muss man sich wirklich Gedanken machen, wo will ich mein Geld anlegen und wo kann ich es anlegen, dass es wirklich meinem Stiftungszweck nicht nur nicht widerspricht, sondern meinen Stiftungszweck tatsächlich befördern kann."
Fiedler spricht von einer doppelten Hebelwirkung und macht sie an der Energiewende deutlich.
"Wir fördern viel im Bereich Antikohle im Moment, gleichzeitig investieren wir aber unsere Gelder, die wir von Stifterinnen und Stifter bekommen, in erneuerbare Energien, in Bürgerenergie-Genossenschaften."
Die Bewegungsstiftung beschäftigt sich ausgiebig mit der Anlage ihrer Gelder. Sie hat dafür einen Anlageausschuss eingerichtet, der ethische und nachhaltige Auswahlkriterien bestimmt. Selbst Staatsanleihen bleiben außen vor, weil sie – nach Überzeugung des Anlageausschusses - gegen die aktuell 17 selbst gesteckten Kriterien verstoßen. Dazu zählen unter anderem Geschäftspraktiken, bei denen gegen grundlegende Rechte der Beschäftigen verstoßen wird, grüne Gentechnik eingesetzt oder Waffen hergestellt werden. Verwaltet werden rund 6,2 Millionen Euro. Dafür hat die Stiftung eine halbe Stelle für eine Vermögensverwalterin eingerichtet.
"Wir haben uns von Anfang an entschieden, es selbst zu machen. Einerseits weil wir sehr spezielle und sehr strenge ethisch-nachhaltige Grundsätze haben und da braucht man im Prinzip jemanden, der oder die das auch von Anfang an versteht. Und andererseits haben wir den Eindruck zumindest, dass viele Beratungsprozesse doch nicht provisionsinteressengeleitet, aber doch provisionsorientiert vonstatten gehen."
Von den Gedanken der Stiftung zur Geldanlage kann jeder profitieren. Etwa die Hälfte investiert sie in festverzinsliche Papiere, sie vergibt aber auch Kredite, unter anderem an alternative Wohnprojekte oder faire Handelshäuser. Die Bewegungsstiftung stellt ihr gesamtes Portfolio detailliert ins Internet. Solche Transparenz ist selten bei Stiftungen. Und die Stiftung ist offen für Gleichgesinnte.
"Zum Beispiel kooperieren wir mit einer Stiftung zusammen, die jetzt auch ihre Geldanlage von konventionell auf ethisch-nachhaltig umgestellt hat. Und solche Kooperationen gerade für kleinere oder mittlere Stiftungen fände ich einen guten Weg, weiter voranzuschreiten."
Mehr Spielraum durch den Gesetzgeber wünscht sich die Bewegungsstiftung für die Anlage von Geldern. Gerne würde man beispielsweise mehr Kredite an Initiativen vergeben, ob für alternative Wohnprojekte oder alternative Energieprojekte. Nach der spektakulären Insolvenz des Energieunternehmens Prokon ist der unregulierte, aber legale Kapitalmarkt ins Gerede gekommen und das Kleinanlegerschutzgesetz verschärft worden. Aus Sicht der Bewegungsstiftung ist das ein Hindernis, weil der sogenannte graue Kapitalmarkt eben auch gute Chancen bietet.
"Weil da sind Leute, die wirklich gesellschaftliche Innovationen vorantreiben wollen, Schwierigkeiten haben, am normalen Kapitalmarkt an Geld zu kommen - das sind für uns interessante Projekte. Wir gucken sie uns an. Wir gucken sie uns übrigens nicht nur an, ob die politisch zu uns passen, ob die gesellschaftlich was vorantreiben, sondern wir lassen uns schon auch das Zahlenwerk geben und prüfen das genau."
Genau prüfen, das tut man derzeit auch in Niederkassel: Nämlich, ob es überhaupt noch möglich sein wird, in diesem Jahr ein weiteres Projekt zu finanzieren. Trotz allem bleibt man bei der Bürgerstiftung "Wir für Niederkassel" gelassen. Von der Hand in den Mund sei derzeit die Devise, erklärt Herbert Prümper und wagt ein Lächeln:
"Wir haben jetzt Mai, ich weiß nicht, was noch an Geldbußen reinkommt. Und wenn dann im Herbst wieder einige Geldbußen da sind, kann man auch wieder neue Projekte machen. Das ist wohl so, dass wir in der Zwischenzeit mal innehalten, jetzt müssen wir mal abwarten, wie sich das weiter entwickelt."