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Kein Sparzwang um jeden Preis

Für Portugal hat die Troika aus EU, EZB und IWF nun die Zügel gelockert und neue Hilfsgelder freigegeben. Außerdem erhält das Land mehr Zeit für die Erreichung der Defizitziele.

Von Tilo Wagner |
    Portugal bekommt ein Jahr mehr Zeit, um das Haushaltsdefizit unter die Grenze von drei Prozent zu senken. Der portugiesische Finanzminister stellte am Vormittag in Lissabon die Ergebnisse der siebten Evaluierungsrunde des Reform- und Sparprogramms vor:
    "Die neu ausgehandelten Defizitgrenzen sind 5,5 Prozent für 2013, vier Prozent für 2014 und 2,5 Prozent für 2015. Diese Änderungen müssen jedoch noch von der Euro-Gruppe und vom Rat der EU-Finanzminister abgesegnet werden."

    Die Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank war eine Woche länger als geplant in Portugal geblieben, um mit Regierung, Opposition und Interessensverbänden über die Anpassung des Reformprogramms zu verhandeln. Die wirtschaftlichen Aussichten für Portugal haben sich noch einmal verschlechtert. Die Regierung geht jetzt für 2013 von einer Rezession von 2,3 Prozent aus. Die Arbeitslosigkeit soll bis zum Ende des Jahres auf fast 19 Prozent ansteigen. Der private Konsum und die Investitionen bleiben in Portugal auf einem historischen Tiefstand. Wegen der gravierenden Wirtschaftskrise in der EU sind die portugiesischen Exporte Ende 2012 stärker zurückgegangen als angenommen.

    Finanzminister Gaspar musste zudem eingestehen, dass Portugal auch 2012 weit mehr neue Schulden aufnehmen musste, als zuvor angenommen. Laut Eurostat lag das portugiesische Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr bei 6,6 Prozent. Die EU-Behörde weigerte sich, einen Teil der Einnahmen aus der Privatisierung des staatlichen Flughafenbetreibers ANA mit in die Lissabonner Defizitkalkulation einzuberechnen.

    Trotz der schlechten makroökonomischen Lage gibt es positive Anzeichen, dass Portugal wie geplant bis spätestens Mitte 2014 auf die internationalen Finanzmärkte zurückkehren wird. Im Januar hatte das Land erfolgreich fünfjährige Staatsanleihen platziert – zu Zinssätzen, die so niedrig waren, wie seit Ende 2010 nicht mehr. Und die Ratingagentur Standard & Poor's hob vor einer Woche den Ausblick für Portugal von negativ auf stabil an. Finanzminister Gaspar betonte deshalb:

    "Die jetzt beschlossene Anpassung der Defizitziele ist nur möglich, weil Portugal bei der Umsetzung des Reformprogramms große Entschlossenheit gezeigt hat. Die verbesserten Aussichten auf den Finanzmärkten erlauben es uns, eine Anpassung der Defizitziele vorzunehmen, ohne dass wir dabei mehr Geld von den internationalen Institutionen verlangen müssen. Deshalb hat diese siebte Evaluierung die Türen geöffnet, damit Portugal im Juni 2014 das vereinbarte Reformprogramm beenden kann."

    Bis dahin kommt auf die konservative Regierung noch viel Arbeit zu. Allein in diesem Jahr soll Portugal zusätzliche 500 Millionen Euro in der öffentlichen Verwaltung einsparen, vor allem durch die Reduzierung von Arbeitsplätzen in den Behörden. Bis zum Jahr 2015 muss die Regierung zudem eine Staatsreform durchgeführt haben, die die staatlichen Ausgaben von bis zu vier Milliarden Euro jährlich entlasten sollen.