Es sind Tage großer Ungewissheit für deutsche Journalisten in der Türkei. Drei ihrer Kollegen hatten am Freitag erfahren, dass sie ihre Pressekarte und damit ihre Arbeitserlaubnis für die Berichterstattung aus der Türkei nicht mehr bekommen sollen. Es traf ZDF-Korrespondent Jörg Brase, Thomas Seibert von der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Tagesspiegel" und Halil Gülbeyaz, einen freien Mitarbeiter des Norddeutschen Rundfunks, der jahrelang teilweise auch sehr kritisch über die Türkei berichtet hatte.
"Ich habe damit gerechnet, dass irgendwann mal sie nicht mehr verlängert werden würde. Denn die Situation für Journalisten in der Türkei wird immer schlimmer, die Arbeitsmöglichkeiten werden immer mehr eingeschränkt und als ich dann die Mail gesehen habe, dachte ich schon, dass eine gezielte Selektion durchgeführt wird."
Ein Klima der Unsicherheit
Per Mail kam die Nachricht an die drei deutschen Berichterstatter, dass das türkische Presseamt ihnen die Akkreditierung für 2019 nicht genehmigt. Einige Korrespondenten haben ihre Pressekarte bereits ausgehändigt bekommen, andere, wie auch die beiden ARD-Hörfunkkorrespondenten in Istanbul, haben bisher nur die schriftliche Zusage, ebenfalls per Mail erhalten, dass sie ihre Pressekarte für 2019 noch erhalten werden. Dieses Procedere schafft ein Klima der Unsicherheit.
Für Erol Önderoglu, den Türkeiexperten von Reporter ohne Grenzen, ist das von der türkischen Führung so ganz bewusst gewollt: "Jeder weiß, dass die Medienvielfalt in der Türkei in großer Gefahr ist. Und wenn die Behörden nun ausländischen Reportern keine Arbeitsgenehmigung mehr ausstellen, dann heißt das schlichtweg: sie wollen die Medienlandschaft endgültig auf Linie bringen im Sinne der türkischen Regierung."
Angst vor Kontakt zu ausländischen Journalisten
Mit der Pressekarte, so erleben das die vor allem in Istanbul angesiedelten deutschen Berichterstatter, können sie sich in der Türkei frei bewegen: Pressekonferenzen besuchen und auch Interviews auf der Straße führen.
Eine andere Frage ist, wie frei sich die Menschen in der Türkei noch fühlen können, wenn sie kritische Aussagen vor den Mikrofonen und Kameras ausländischer Medien machen.
Mustafa Yeneroglu, türkischer Parlamentsabgeordneter aus der Regierungspartei AKP, hat gegenüber der ARD erklärt, dass er den Entzug der Akkreditierungen für drei deutsche Journalisten für falsch hält. Sie schadeten dem Ansehen der Türkei.
"Unliebsame Stimmen verstummen lassen"
Der Chefredakteur des "Tagespiegel" Mathias Müller von Blumencron beschreibt, was de facto das Arbeitsverbort für seinen Korrespondenten in der Türkei, aber auch für viele in Deutschland lebende Türken bedeutet: "Wir sind die führende Tageszeitung in der deutschen Stadt mit der größten türkischen Community und denen geht jetzt eine wichtige Stimme verloren."
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Frank Überall bezeichnete die Entscheidung des türkischen Presseamtes als neuen Eingriff in die Pressefreiheit in der Türkei.
"Es geht darum, unliebsame Stimmen verstummen zu lassen. Türkische Journalistinnen und Journalisten leiden schon seit langem darunter. Dass Korrespondentinnen und Korrespondenten jetzt ihre Arbeit nicht mehr frei machen können, ist ein echtes Problem und wir in Deutschland werden über die Verhältnisse in der Türkei nur noch unzureichend informiert."