Rund fünf Stunden hat der Biathlon-Weltverband IBU getagt und sich beraten. Am Ende des außerordentlichen Kongresses gab es tatsächlich erste Konsequenzen. So verkündete Präsident Anders Besseberg auf dem Podium des Festsaals in Hochfilzen:
"Der Vorstand der IBU fordert den russischen Verband auf, die WM 2021 in Tjumen bis zum 24. Februar zurückzugeben."
So bekommen die Russen noch die Chance, ihr Gesicht zu wahren. Wenn sie die WM aber nicht freiwillig zurückgeben, wird sie ihnen von der IBU entzogen. So oder so – Tjumen ist die WM los. Es ist ein Zugeständnis an 154 Athleten. Nach den Enthüllungen des McLaren-Reports hatten sie die IBU in einem Brief aufgefordert, auf das mutmaßliche Staatsdoping in Russland zu reagieren. Nicole Resch ist die Generalsekretärin der IBU. Sie sagt: Über einen WM-Entzug habe der Weltverband schon selbst nachgedacht:
"Unabhängig vom Brief der Athleten war das im Gespräch. Das ist eine sehr komplizierte Entscheidung gewesen, die aber sehr dringend war. Aber die Frage, wie man die Weltmeisterschaft zurücknehmen kann, unter welchen rechtlichen und politischen Bedingungen, das war eben was, was zu klären war vorab. Deswegen hat man Zeit gebraucht, um das auch umzusetzen."
Warum die IBU die WM überhaupt an Tjumen vergeben hat? Das Internationale Olympische Komitee hatte ja den Wintersport-Weltverbänden empfohlen, keine Großereignisse mehr an Russland zu vergeben, sofern die Bewerbungsphase nicht schon laufe. Als das bekannt wurde, sei die Bewerbung Tjumens aber im Gang gewesen, argumentiert die IBU – und die nationalen Verbände hätten sich eben so entschieden. Wie steht der Deutsche Skiverband mit Präsident Franz Steinle zum WM-Entzug?
Zeichen an die Athleten
"Ich finde es richtig, dass man diese Konsequenz gezogen hat. Darüber neu entschieden wird dann 2018. Es war aus meiner Sicht, den außerordentlichen Kongress zu machen, um auch den Athleten ein Zeichen zu setzen."
Die hatten ja auch härtere Dopingstrafen gefordert. Hier konnte die IBU nur bedingt reagieren. Sie muss sich an den WADA-Code halten. Der sieht vor, dass Dopingsünder maximal vier Jahre gesperrt werden. Die Athleten wollten die Sperre auf acht Jahre verdoppeln. Von DSV-Präsident Steinle kommt noch ein Aber:
"Aber wir haben mitgenommen als Arbeitsauftrag, dass wir prüfen, ob wir Vorschläge an die WADA unterbreiten können, um schärfere Sanktionen zu implementieren."
Mit "wir" meint Steinle die sechsköpfige Arbeitsgruppe, die der Weltverband gebildet hat. Steinle ist Teil dieser Arbeitsgruppe. Sie soll außerdem prüfen, ob im Dopingfall dem betroffenen Verband Startplätze gestrichen werden können, und wenn ja, wie viele. Und: Ob die Verbände mehr als die bisherigen 200.000 Euro Strafe zahlen müssen. Das sind ebenfalls Forderungen der Athleten. Athleten-Sprecherin Aita Gasparin aus der Schweiz konnte mit den Ergebnissen leben:
"Wir sind zufriedener. Wir erwarten, dass was geändert wird, aber wir können nicht erwarten, dass es sofort geändert wird. Und das müssen wir akzeptieren."
Arbeitsgruppe der IBU präsentiert Ergebnisse im Mai
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe möchte die IBU bis Ende Mai haben. Dann sollen sie auf einem weiteren Kongress womöglich verabschiedet werden, damit die Strafen zur nächsten Saison greifen.