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Keine Einigung über die Freilassung von Julia Timoschenko

Am Mittwoch lief eine Frist der EU zur Freilassung von Julia Timoschenko ohne Ergebnis ab. Das ukrainische Parlament konnte sich nicht auf das notwendige Gesetz einigen. Damit sind die Hoffnungen auf die Unterzeichnung des Assoziationsabkommen so gering wie nie.

Von Sabine Adler | 14.11.2013
    Schon oft ist die Freilassung für Julia Timoschenko verschoben worden, doch gestern klang es zum ersten Mal nach einer Vorentscheidung, das Abkommen platzen zu lassen. Nikolai Tomenko von der Vaterlands-Partei der inhaftierten Premierministerin hat an dem Komitee-Treffen teilgenommen. Er ist enttäuscht.

    "Die Partei der Regionen hatte ganz offensichtlich keinen Marschbefehl von Janukowitsch. Obwohl das Gesetz nur noch die medizinische Behandlung von Julia Timoschenko vorsah. Es ging längst nicht mehr um ihre Freilassung oder um eine Amnestie. Vor einem halben Jahr wollte die Regierung diese Minimalvariante, wir haben sie damals unterstützt."

    Niemand in Kiew schenkt dem Präsidenten Glauben, dass er eine Lösung ernsthaft wollte, denn die lag auf der Hand, sagt der Rechtsexperte Ifor Koliushko, der an der von der EU eingeforderten Justizreform der Ukraine mitgewirkt hat.

    "Er hätte sie begnadigen können. Was immer ihm am Prozedere nicht gefiel, er hatte alle Möglichkeiten, es zu ändern. Hier geht gerade etwas vor sich, über das nicht laut gesprochen wird, und vor dem Publikum führt man ein Spiel auf, von dem unklar ist, was es soll."

    Der Rechtsexperte hält die Forderung der EU für absolut berechtigt, Timoschenko freizulassen. Allerdings fürchtet er, dass ohne die Annäherung an die EU der Ukraine ein ungewisses Schicksal droht.
    "Wenn man davon ausgeht, dass Julia Timoschenko nicht dem Gesetz entsprechend verurteilt worden ist, was ich tue, dann ist diese Forderung der EU wichtig, sie muss freigelassen werden. Auf der anderen Seite befindet sich die Ukraine heute in einer sehr schweren Situation. Die Machthabenden haben alles gestohlen was ging, das Land steht vor dem Kollaps. Von wem jetzt Hilfe kommt, davon wird nicht nur die Zukunft dieser Regierung abhängen, sondern die des ganzen Landes."

    Obwohl die beiden EU-Unterhändler Pat Cox und Alexander Kwasniewskie sowie selbst Bundespräsident Joachim Gauck geholfen haben, ständig den Druck auf Kiew aufrecht zu erhalten, war es nicht genug, bedauert der Oppositionspolitiker.

    "Der Druck hat nicht gereicht, denn Präsident Janukowitsch hält das Abkommen ohne Timoschenko für möglich. Seine Rhetorik hat sich in den letzten Wochen spürbar verändert. In seiner Umgebung geht man offenbar davon aus, dass der EU die Ukraine wichtiger ist als der Ukraine die EU."

    Die Opposition hat eine weitere Fristverlängerung bis Dienstag erbeten und ruft zu Demonstrationen auf. Seit dem mysteriösen Russland-Besuch von Janukowitsch am Wochenende kochen die Gerüchte hoch. Niemand weiß, wo er genau war und worüber er mit dem russischen Kollegen Putin gesprochen hat. Hat er billigeres Gas, neue Kredite und oder eine Wahlunterstützung zugesagt bekommen? Die neue Nähe zu Moskau beunruhigt auch den Rechtsexperten Koliushko.

    "Wenn Russland jetzt der Ukraine hilft, so müssen wir davon ausgehen, dass das nicht uneigennützig geschieht. Das wird eine neue Form von russischem Imperialismus und die Ukraine wird darüber ihre Souveränität verlieren."

    Die Bevölkerung traut ihrer Regierung nicht über den Weg. Angeblich verschwindet Geld in der Größenordnung eines Jahresbudgets in den Taschen der Mächtigen. Umso mehr Vorsicht soll die EU walten lassen, sagt Ihor Koliushko.

    "Ich trete stets mit der Warnung auf, der jetzigen Regierung kein Geld zu geben. Aber die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens bedeutet ja nicht, dass die Regierung jetzt Geld von Brüssel bekommt. Dieser Regierung darf man auf keinen Fall Geld geben, sie wird es sofort stehlen."