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Keine Entwarnung

Laut Landeskorrespondentin Susanne Schrammar sind wegen des Dioxin-Skandals immer noch 1700 landwirtschaftliche Betriebe von einer Sperrung betroffen. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium habe aber weitere Handelsfreigaben am Nachmittag angekündigt.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Jede Menge Arbeit für Lebensmittelkontrolleure und auf Dioxinanalysen spezialisierte Labors. 4700 Betriebe wurden gesperrt, Hühnerhöfe und Schweinemäster vor allem, aber auch Rinderzüchter und Putenzüchter. 90 Prozent davon allein liegen in Niedersachsen und dort gibt es jetzt eine leichte Entspannung. Ein Teil der Bauern darf seine Produkte wieder verkaufen. - Susanne Schrammar, Landeskorrespondentin des Deutschlandfunks in Niedersachsen, ist das eine erste Entwarnung?

    Susanne Schrammar: Von Entwarnung zu sprechen, wäre vielleicht noch ein bisschen zu früh, obwohl es sind ja 3000 von den 4700 bereits freigegeben worden. Aber es sind noch 1700 landwirtschaftliche Betriebe gesperrt. Heute Nachmittag allerdings, hat ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums angekündigt, würde bei einer erheblichen Anzahl von weiteren Höfen – die Rede ist von einer dreistelligen Zahl allein in Niedersachsen, wo ja die meisten Höfe in Deutschland gesperrt waren – die Handelssperre aufgehoben. Vor allem geht es dabei wieder um Schweinemastbetriebe. Damit wäre zumindest das Wichtigste überstanden, sagte der Sprecher. Die zuständigen Behörden hätten rund um die Uhr gearbeitet, den Betrieben möglichst schnell Klarheit zu verschaffen. Vorgegangen ist man dabei folgendermaßen: Zum einen mussten die Betriebe selbst nachvollziehbar nachweisen, dass ihr Futter nicht dioxinverseucht ist, und es wurden sozusagen am anderen Ende der Beweiskette jeweils einige Tiere auf Dioxin getestet. Ist beides positiv ausgefallen, wird die Sperrung aufgehoben.

    Ehring: Inzwischen gibt es ja erste Erkenntnisse über die Herkunft des Dioxins.

    Schrammar: Ja! Der Organisation Foodwatch liegen wohl erste Ergebnisse vor, und demnach sollen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln für die hohe Dioxinbelastung verantwortlich sein. Die Analyse weise auf Rückstände eines Pflanzenschutzmittels hin, das als Pilzgift verwendet wurde. In Deutschland allerdings wird es schon seit Jahren nicht mehr produziert, es darf auch gar nicht gehandelt und eingesetzt werden. Nach Angaben von Foodwatch wird es aber in Südamerika und Asien noch im Sojaanbau verwendet. Damit sei ausgeschlossen, dass zum Beispiel eine Überhitzung für die Dioxinbildung verantwortlich gewesen sei. Aber wie dieses Pilzgift in die Futterfette gelangt ist, darüber gibt es noch keine Erkenntnisse.

    Ehring: Wo liegen denn momentan die Schwerpunkte der weiteren Kontrollen?

    Schrammar: Erst einmal sind die Behörden in Niedersachsen noch immer voll damit beschäftigt, was ich vorhin beschrieben habe, die betroffenen Höfe zu untersuchen, die, die gesperrt sind. Im Anschluss dann, sagte eben der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums, werde man die Tierfutterhersteller in Niedersachsen genauer unter die Lupe nehmen, zum einen die wenigen Futterfetthersteller. Sicher gehen wollen die Behörden da, dass eben nicht weiter, wie das in diesem Fall passiert ist, preisgünstige technische Fette zu teueren Futterfetten verarbeitet werden. Und dann werden aber auch diejenigen, die in größeren Mengen überhaupt Tierfutter herstellen und vertreiben, kontrolliert. Alle Hersteller in Niedersachsen zu kontrollieren, das wird kaum möglich sein, denn das sind allein in Niedersachsen 50.000, denn als Hersteller gilt nämlich fast jeder Landwirt, der zum Beispiel auch nur Futtergerste anbaut und vertreibt, und das sei kaum zu leisten, sagte der Sprecher.

    Ehring: Jetzt beginnt auch die politische Aufarbeitung des Themas. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner hat für heute die Futtermittelindustrie und Landwirtschaftsverbände zum Krisengespräch eingeladen. Welche Konsequenzen könnten da herauskommen?

    Schrammar: Das steht noch in den Sternen. Sie will zum einen konkrete Vorschläge haben, wie denn solche Fälle künftig zu vermeiden seien. Sie selber hat ja ins Spiel gebracht den Vorschlag, dass künftig Futtermittelfette und technische Fette nicht mehr auf einem Gelände produziert werden dürfen. Das ist möglicherweise eine Konsequenz. Es wird aber sicherlich auch um das Thema Schadensersatz gehen. Die Landwirte befürchten Schäden in Millionenhöhe durch den Dioxinskandal. Einem Entschädigungsfonds steht sie ja eher noch ein bisschen reserviert gegenüber. Und es wird sicherlich auch um verstärkte Kontrollen gehen, auch in den Sondersitzungen des Verbraucherausschusses des Bundestages am kommenden Mittwoch und vermutlich auch nächste Woche bei einem Treffen der Landwirtschaftsminister der Länder mit Frau Aigner. Möglicherweise wird es darum gehen, wie die Kontrollen ausgeweitet werden können.

    Ehring: Susanne Schrammar berichtete über neueste Entwicklungen zum Thema Dioxin. Herzlichen Dank nach Hannover.