Friedbert Meurer: Es war im Jahr 1834. Da hat der deutsche Chemiker Justus von Liebig den Kunststoff Melamin erstmals hergestellt. Heute, etwa 170 Jahre später, kennen wir Melamin vor allen Dingen aus melaminbeschichteten Möbelplatten. Es wird auch verwendet bei Farben und Lacken. Melamin gehört also zu unserem Alltag, allerdings nicht, dass Melamin in Lebensmitteln auftaucht. In China ist das bekanntlich passiert bei der Milch. Die Folge: Tausende Babys sind erkrankt, ein viertes jetzt gestorben. Und Melamin taucht jetzt auch noch auf in chinesischer Frischmilch.
Bei mir im Studio hier begrüße ich Tim Glaser. Er ist der Geschäftsführer der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung. Guten Tag, Herr Glaser.
Tim Glaser: Hallo Herr Meurer.
Meurer: Die EU-Kommission fordert Aufklärung und die Verbraucher hier wollen sicher sein: Sind auch Sie sicher, keine vergifteten Produkte sind nach Deutschland gekommen?
Glaser: Ich denke, hundertprozentig sicher kann man sicherlich kaum sein. Aber nach den bisher gemachten Aussagen kann man sagen, dass was exportiert wurde hauptsächlich in Entwicklungsländer exportiert wurde. Aber man kann natürlich nicht sagen, was von wo weiterexportiert wird. Allerdings ist es hier in Deutschland relativ schwierig, wenn man chinesische Baby-Milch bekommen will. Das weiß ich, weil eine Kollegin von mir ein kleines Kind hat. Das ist nicht so einfach. Deshalb würde ich davon ausgehen, dass die Gefahr hier sehr, sehr gering ist.
Meurer: Sie hatten gestern gerade eine Delegation aus China hier in Köln gehabt. War das ein Thema bei den Gesprächen?
Glaser: Es ist natürlich ein Thema in China. Vor allem für die, die kleine Kinder haben, ist es ein großes Thema, weil man eben sehr verunsichert ist. Man kann nicht sagen, welche Produkte sind okay, welcher Hersteller ist okay. Es hat sich eben so schnell ausgeweitet, dass man, wie die Dame auch in dem Beitrag gesagt hat, nicht mehr sicher sein kann, welchem Milchprodukt man trauen kann.
Meurer: Dann verstehe ich nicht, warum eine Kollegin von Ihnen partout Milchpulver aus China nach Deutschland exportieren will.
Glaser: Das wollte sie nicht exportieren. Das wollte sie vor Jahren hier mal kaufen.
Meurer: Okay. - Wie schützen sich Arbeitnehmer, Kollegen, Manager, die in China tätig sind und Baby-Nahrung kaufen wollen oder andere Lebensmittel?
Glaser: Es gab ja ungefähr vor vier Jahren schon mal einen ähnlichen Skandal und damals ist man ausgewichen auf Importprodukte, also: Produkte aus Neuseeland, aus Australien, aber auch natürlich zu einem kleinen Teil aus Deutschland. Inzwischen sind aber viele so verunsichert, dass man eben sagt, man füttert die Babys gar nicht mehr mit irgendwelchen künstlichen Milchprodukten, sondern entweder mit Muttermilch oder mit Reis, Reisschleim oder Nudeln.
Meurer: Wie desaströs steht es um die Lebensmittelsicherheit in China?
Glaser: Es ist generell ein großes Problem, schon seit vielen Jahren in China, obwohl die Zentralregierung sehr wohl große Kräfte einsetzt, um die Lebensmittelsicherheit besser zu kontrollieren und sicherzustellen, dass eben die lokalen Behörden, die lokalen Kontrolleure vor Ort oft wegschauen oder für Korruption anfällig sind.
Meurer: In Deutschland werden schon Produkte aus China, Lebensmittel, importiert. Welche sind das, wenn es nicht Milchprodukte sind?
Glaser: Also, zum Beispiel viele Gemüsesorten oder Pilze, die es in Dosen gibt, kommen aus China. Auch von einigen Tiefkühlprodukten sind Teile aus China angebaut worden.
Meurer: Wie sehr würden Sie eine solche Dose aufmachen und verzehren und sich dabei sicher sein, das richtige zu essen?
Glaser: Also, ich denke, die deutschen Importeure haben relativ strenge Sicherheitskontrollen hinter sich. Ich esse Dosen mit Pilzen oder Tomaten aus China ohne irgendein Problem bisher.
Meurer: In China ist man ja stolz darauf, ein Land mit 1,3 Milliarden Menschen ernähren zu können. Das war nicht immer so. Ist sozusagen das Ziel erreicht, die Quantität, die Produktion an Lebensmitteln stimmt - und man hat dann eben bei der Qualität überhaupt nicht aufgepasst, gesteuert und kontrolliert?
Glaser: Das, denke ich, ist sicherlich eine Ursache. Man hat eben enorme Mittel und enorme Umbaumaßnahmen in die Landwirtschaft reingesteckt, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Was man bei vielen Aspekten der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung versäumt hat, worauf man sich nicht hat konzentrieren können, ist Kontrolle, Qualitätskontrolle.
Das ist auch wieder eine Frage der Zentralregierung und der Provinzen. Die Provinzen oder die Behörden vor Ort halten sich oft nicht an die Vorgaben aus Peking und die Zentralregierung kann natürlich nicht in einem so riesigen Land mit so großer Bevölkerung und so vielen Herstellern alle permanent kontrollieren. Aber es ist aber definitiv ein großes Problem. Ein anderer Teil des Problems ist natürlich, dass man einfach sehr schnell sehr viel Geld machen will und da keinerlei Rücksicht nimmt auf die Gesundheit.
Meurer: Wenn ich Sie aber recht verstehe, Herr Glaser von der deutsch-chinesischen Wirtschaftsvereinigung, der Zentralregierung in Peking attestieren Sie schon das Bemühen, für Lebensmittelsicherheit zu sorgen. Da fragt sich nur mancher: War es jetzt nicht so gewesen, dass das alles während der Olympischen Spiele oder der Paralympics vertuscht wurde?
Glaser: Dieser Verdacht besteht in der Tat. Es gibt in vielen chinesischen Internet-Foren Meldungen, dass schon im März die ersten Fälle gemeldet wurden. Die Fälle wurden aber an Sanlu gemeldet oder es wurde an Sanlu Meldung gemacht, an den Hersteller. Sanlu hat dann erst mal intern untersucht.
Es gibt aber durchaus glaubwürdige Berichte, dass auch die staatliche Qualitätskontrollbehörde schon wesentlich früher informiert wurde, aber man gesagt hat, aufgrund der Olympischen Spiele wollte man das Thema nicht hochbringen.
Meurer: Um wen nicht zu verunsichern oder um was zu vermeiden? Schlechtes Image?
Glaser: Genau, um ein schlechtes Image zu vermeiden.
Meurer: Das war Tim Glaser. Er ist Geschäftsführer der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung, die ihren Sitz hier in Köln hat, zur Lebensmittelsicherheit in China. Ich bedanke mich für Ihren Besuch. Danke, Herr Glaser.
Glaser: Danke.
Bei mir im Studio hier begrüße ich Tim Glaser. Er ist der Geschäftsführer der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung. Guten Tag, Herr Glaser.
Tim Glaser: Hallo Herr Meurer.
Meurer: Die EU-Kommission fordert Aufklärung und die Verbraucher hier wollen sicher sein: Sind auch Sie sicher, keine vergifteten Produkte sind nach Deutschland gekommen?
Glaser: Ich denke, hundertprozentig sicher kann man sicherlich kaum sein. Aber nach den bisher gemachten Aussagen kann man sagen, dass was exportiert wurde hauptsächlich in Entwicklungsländer exportiert wurde. Aber man kann natürlich nicht sagen, was von wo weiterexportiert wird. Allerdings ist es hier in Deutschland relativ schwierig, wenn man chinesische Baby-Milch bekommen will. Das weiß ich, weil eine Kollegin von mir ein kleines Kind hat. Das ist nicht so einfach. Deshalb würde ich davon ausgehen, dass die Gefahr hier sehr, sehr gering ist.
Meurer: Sie hatten gestern gerade eine Delegation aus China hier in Köln gehabt. War das ein Thema bei den Gesprächen?
Glaser: Es ist natürlich ein Thema in China. Vor allem für die, die kleine Kinder haben, ist es ein großes Thema, weil man eben sehr verunsichert ist. Man kann nicht sagen, welche Produkte sind okay, welcher Hersteller ist okay. Es hat sich eben so schnell ausgeweitet, dass man, wie die Dame auch in dem Beitrag gesagt hat, nicht mehr sicher sein kann, welchem Milchprodukt man trauen kann.
Meurer: Dann verstehe ich nicht, warum eine Kollegin von Ihnen partout Milchpulver aus China nach Deutschland exportieren will.
Glaser: Das wollte sie nicht exportieren. Das wollte sie vor Jahren hier mal kaufen.
Meurer: Okay. - Wie schützen sich Arbeitnehmer, Kollegen, Manager, die in China tätig sind und Baby-Nahrung kaufen wollen oder andere Lebensmittel?
Glaser: Es gab ja ungefähr vor vier Jahren schon mal einen ähnlichen Skandal und damals ist man ausgewichen auf Importprodukte, also: Produkte aus Neuseeland, aus Australien, aber auch natürlich zu einem kleinen Teil aus Deutschland. Inzwischen sind aber viele so verunsichert, dass man eben sagt, man füttert die Babys gar nicht mehr mit irgendwelchen künstlichen Milchprodukten, sondern entweder mit Muttermilch oder mit Reis, Reisschleim oder Nudeln.
Meurer: Wie desaströs steht es um die Lebensmittelsicherheit in China?
Glaser: Es ist generell ein großes Problem, schon seit vielen Jahren in China, obwohl die Zentralregierung sehr wohl große Kräfte einsetzt, um die Lebensmittelsicherheit besser zu kontrollieren und sicherzustellen, dass eben die lokalen Behörden, die lokalen Kontrolleure vor Ort oft wegschauen oder für Korruption anfällig sind.
Meurer: In Deutschland werden schon Produkte aus China, Lebensmittel, importiert. Welche sind das, wenn es nicht Milchprodukte sind?
Glaser: Also, zum Beispiel viele Gemüsesorten oder Pilze, die es in Dosen gibt, kommen aus China. Auch von einigen Tiefkühlprodukten sind Teile aus China angebaut worden.
Meurer: Wie sehr würden Sie eine solche Dose aufmachen und verzehren und sich dabei sicher sein, das richtige zu essen?
Glaser: Also, ich denke, die deutschen Importeure haben relativ strenge Sicherheitskontrollen hinter sich. Ich esse Dosen mit Pilzen oder Tomaten aus China ohne irgendein Problem bisher.
Meurer: In China ist man ja stolz darauf, ein Land mit 1,3 Milliarden Menschen ernähren zu können. Das war nicht immer so. Ist sozusagen das Ziel erreicht, die Quantität, die Produktion an Lebensmitteln stimmt - und man hat dann eben bei der Qualität überhaupt nicht aufgepasst, gesteuert und kontrolliert?
Glaser: Das, denke ich, ist sicherlich eine Ursache. Man hat eben enorme Mittel und enorme Umbaumaßnahmen in die Landwirtschaft reingesteckt, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Was man bei vielen Aspekten der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung versäumt hat, worauf man sich nicht hat konzentrieren können, ist Kontrolle, Qualitätskontrolle.
Das ist auch wieder eine Frage der Zentralregierung und der Provinzen. Die Provinzen oder die Behörden vor Ort halten sich oft nicht an die Vorgaben aus Peking und die Zentralregierung kann natürlich nicht in einem so riesigen Land mit so großer Bevölkerung und so vielen Herstellern alle permanent kontrollieren. Aber es ist aber definitiv ein großes Problem. Ein anderer Teil des Problems ist natürlich, dass man einfach sehr schnell sehr viel Geld machen will und da keinerlei Rücksicht nimmt auf die Gesundheit.
Meurer: Wenn ich Sie aber recht verstehe, Herr Glaser von der deutsch-chinesischen Wirtschaftsvereinigung, der Zentralregierung in Peking attestieren Sie schon das Bemühen, für Lebensmittelsicherheit zu sorgen. Da fragt sich nur mancher: War es jetzt nicht so gewesen, dass das alles während der Olympischen Spiele oder der Paralympics vertuscht wurde?
Glaser: Dieser Verdacht besteht in der Tat. Es gibt in vielen chinesischen Internet-Foren Meldungen, dass schon im März die ersten Fälle gemeldet wurden. Die Fälle wurden aber an Sanlu gemeldet oder es wurde an Sanlu Meldung gemacht, an den Hersteller. Sanlu hat dann erst mal intern untersucht.
Es gibt aber durchaus glaubwürdige Berichte, dass auch die staatliche Qualitätskontrollbehörde schon wesentlich früher informiert wurde, aber man gesagt hat, aufgrund der Olympischen Spiele wollte man das Thema nicht hochbringen.
Meurer: Um wen nicht zu verunsichern oder um was zu vermeiden? Schlechtes Image?
Glaser: Genau, um ein schlechtes Image zu vermeiden.
Meurer: Das war Tim Glaser. Er ist Geschäftsführer der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung, die ihren Sitz hier in Köln hat, zur Lebensmittelsicherheit in China. Ich bedanke mich für Ihren Besuch. Danke, Herr Glaser.
Glaser: Danke.