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Keine Mädchen, keine Zukunft

Wei Jiandong möchte heiraten, findet aber keine Frau. Denn in China herrscht Männerüberschuss. Das liegt an der Ein-Kind-Politik, in deren Folge Mädchen abgetrieben werden. Söhne gelten als mehr wert. Auch Wei Jiandong wünscht sich einen Stammhalter - sollte er jemals eine Frau finden.

Von Ruth Kirchner |
    Ein einfaches Holzhaus im Dorf Youqi in der Provinz Guangxi in Südchina. Vor einem offenen Feuer hockt eine alte Frau und legt Holz nach, dann schöpft sie aus einem großen Bottich Wasser zum Kochen. Der Boden aus festgestampftem Lehm ist feucht, Hühner suchen neben dem Bett nach Körnern, draußen laufen die Schweine herum. Zwei kleine Jungs in dreckigen T-Shirts und Shorts spielen barfuß in dem matschigen Hof.

    Dies ist die Heimat von Wei Jiandong. Der 25-Jährige lebt bei seinen Eltern – sucht aber dringend eine Frau. Einfach ist das nicht.

    "Jeder Mann in unserem Dorf will unbedingt heiraten. Aber da wir kein Geld haben und kein eigenes Haus, können wir keine Frauen finden. Wie kann man heiraten ohne Geld?"

    Insgesamt gebe es in Youqi 20 Junggesellen im heiratsfähigen Alter, erzählt Wei. Die bittere Armut in dem Dorf hat viele junge Leute fortgetrieben. Die meisten Häuser haben kein fließendes Wasser. Erst seit ein paar Jahren gibt es Strom. Zur nächsten Kreisstadt fährt man drei Stunden lang durch bergiges Niemandsland. Wer kann, geht weg – etwa in die Fabriken der Nachbarprovinz Guangdong.

    Auch Wei Jiandong hatte sich dort jahrelang verdingt. Aber als guter Sohn muss er sich nun um die alten Eltern kümmern. Deshalb ist er zurückgekommen.

    "Als ich 14 war, bin ich als Wanderarbeiter weggegangen. Ich habe sieben Jahre lang in Guangdong gearbeitet. Ich bin zurückgekommen, um zu Hause zu helfen. Ich mache mir große Sorgen. Ich weiß nicht, ob ich jemals eine Frau finden werde. Ich werde langsam alt. Wer will mich dann noch heiraten?"

    Auf dem Land heiraten die Menschen sehr früh mit Anfang 20 – deshalb fühlt sich der 25-Jährige bereits alt. Dass Wei keine Frau findet, hat zunächst mit der Armut zu tun. Junge Frauen versuchen durch die Heirat in der Regel, ihre soziale Stellung zu verbessern, deshalb zeigen sie den Männern im rückständigen Youqi die kalte Schulter.

    Aber die Armut ist nur ein Teil des Problems. Das Andere ist der schlichte Mangel an jungen Frauen im heiratsfähigen Alter. In den Dörfern dieser abgelegenen Region werden gar nicht genug Mädchen geboren. Auf die Geburt von 100 weiblichen Babys kommen etwa 120 kleine Jungen. Normal wären 103 bis 106.

    Mit fast 120 Jungen auf 100 Mädchen liegt die gesamt Provinz Guangxi über dem Landesdurchschnitt. Das ist kein Geheimnis, trotzdem wollten die örtlichen Behörden nicht, dass wir in Youqi und anderen Dörfern auf eigene Faust recherchieren. Nur mit Mühe gelang es, die Aufpasser abzuschütteln und mit Menschen wie Wei Jiandong ungestört zu sprechen.

    Dabei ist Youqi kein Einzelfall. Auch im Rest von China werden deutlich mehr Jungen geboren als Mädchen. Söhne sind wichtig für die Familie, gelten immer noch als etwas Besonderes.

    Mädchen großzuziehen gilt als verlorene Liebesmüh'
    Im kleinen Gemischtwarenladen von Youqi steckt Ladenbesitzer Wei Lijuan Einladungskarten in rote Umschläge. Vor einem Monat hat seine Frau endlich einen Sohn auf die Welt gebracht. Das ist Anlass zum Feiern. Die gesamte Nachbarschaft wird zu einem Festschmaus eingeladen – Wei erwartet 200 Gäste.

    "Wir sind sehr arm, daher machen wir nur ein kleines Fest. Wir haben nur 20 Tische mit jeweils zehn Leuten. Das ist Tradition bei uns. Wenn man keinen Sohn hat, kann man nicht erhobenen Hauptes durchs Dorf gehen."

    Die Geburt seiner Tochter drei Jahre zuvor hat Wei Lijuan nicht gefeiert. Mädchen gelten in den ländlichen Regionen Chinas immer noch als "verschüttetes Wasser". Sie großzuziehen sei verlorene Liebesmüh' und lohne sich nicht, heißt es.

    Denn mit der Heirat verlässt eine junge Frau ihre eigene Familie und wird Mitglied der Familie ihres Mannes. Dort hat sie dann die Pflicht, sich um ihre Schwiegereltern zu kümmern. Der eigenen Familie geht sie als Arbeitskraft verloren und fällt auch später als Altenpflegerin aus. Dagegen ist es die Pflicht der Söhne, sich später um die alten Eltern zu kümmern. Und auch das Ackerland wurde noch jahrelang auf der Grundlage der Zahl der Söhne zugeteilt – Mädchen zählten einfach nicht.

    Dass deshalb die Menschen auf dem Land traditionell lieber Söhne als Töchter bekommen, ist unter ökonomischen Gesichtspunkten vielleicht noch nachzuvollziehen. Doch auch in den Städten habe sich seit der Einführung der Ein-Kind-Politik vor 30 Jahren das Geschlechterverhältnis deutlich verschoben, sagt Lu Jiehua, Bevölkerungsexperte an der Peking Universität. War das Verhältnis von Mädchen zu Jungen vor 30 Jahren noch fast normal, ist es heute landesweit aus der Balance geraten.

    "Es ist nicht mehr nur ein Problem der ländlichen Gebiete, sondern auch der Städte. Von den rückständigen Gebieten hat sich das Geschlechterungleichgewicht auf die moderneren Gegenden ausgeweitet. Es gibt kaum Unterschiede zwischen Arm und Reich. Viele Menschen wollen heute nicht mehr so viele Kinder. Dazu kommen die Vorgaben der Familienplanungspolitik. Wenn man nur ein oder zwei Kinder haben darf, kommt es zur selektiven Geburt von Jungen."

    Die landesweiten Statistiken sind erschreckend. Denn sie zeigen, dass bislang weder Bildung noch Wohlstand dazu geführt haben, dass sich die Einstellungen zu Mädchen ändern. Im Gegenteil. Mit dem technischen Fortschritt – etwa mit der Ultraschall-Technologie – ist es heute viel leichter als früher, das Geschlecht des Babys im Mutterleib zu bestimmen.

    Das ist zwar eigentlich verboten, aber gerade in den aufstrebenden Regionen Chinas sei ein Anstieg geschlechtsspezifischer Abtreibungen zu verzeichnen, sagt Mara Hvistendahl, Autorin des Buches "Das Verschwinden der Frauen".

    "Die Geschlechterselektion hat in den eher entwickelten Gebieten begonnen. Derzeit sind es vor allem die mittelgroßen Städte in Zentral- und Ostchina – also nicht die ärmsten Regionen und nicht die mit dem meisten Wohlstand. Aber Regionen, die sich sehr schnell entwickeln. Und dort sind es diejenigen Menschen, die ein bisschen mehr Geld haben. Sie können es sich leisten, den Ultraschalltechniker zu bestechen. Sie haben Zugang zu der Technologie, um einen Sohn zu bekommen."

    Früher wurden Mädchen erstickt, heute werden sie abgetrieben
    In den Anfangsjahren der Ein-Kind-Politik wurden neugeborene Mädchen oft getötet – erstickt oder ertränkt. Die britisch-chinesische Autorin Xinran beobachtete noch 1989 in einem Dorf in Ostchina, wie ein neugeborenes Mädchen als "nutzloses Ding" einfach in den Toiletteneimer geworfen wurde.

    In ihrem Buch "Wolkentöchter" beschreibt Xinran auch Frauen, die unter dem Druck der Familie ihre Töchter selbst töten mussten. Und Hebammen, die mitgemacht haben. Die hohen Selbstmordraten unter Frauen auf dem Land führt Xinran auf die psychischen Folgen der Kindestötungen zurück.

    Heute kommen aber auch auf dem Land viele Mädchen gar nicht erst auf die Welt. Denn selbst Bauernfamilien können sich heute eine Ultraschalluntersuchung leisten – und gegen einen Aufpreis erfahren auch sie das Geschlecht des Kindes. Viele weibliche Föten werden dann einfach abgetrieben. In den Dörfern in Guangxi will niemand offen darüber sprechen. Frauen erzählen von Abtreibungen, als wären sie das Normalste der Welt – aber sie verschweigen, dass es vor allem die weiblichen Föten trifft.

    "Wer schwanger ist, geht zum Ultraschalltest. Wenn Du genug Geld hast, um mehr als ein Kind großzuziehen, behältst Du das Kind. Wer sich nicht mehr Kinder leisten kann, lässt abtreiben."

    Abtreibungen wegen des Geschlechts des Kindes sind in China seit Mitte der 90er-Jahre verboten. Grundsätzlich aber sind Schwangerschaftsabbrüche legal, ihnen haftet nichts moralisch Verwerfliches an. Die Statistiken sind ungenau. Das Gesundheitsministerium in Peking spricht von 330 Millionen Abtreibungen seit Einführung der Familienplanungspolitik. Das wären etwa 13 Millionen pro Jahr – dazu kommen etwa zehn Millionen "Pillen danach" oder Abtreibungspillen, die jedes Jahr verkauft werden und von manchen jungen Frauen statt Verhütungsmitteln benutzt werden.

    Ungewollte Schwangerschaften werden normalerweise in großen öffentlichen Krankenhäusern beendet. Oder in ambulanten Abtreibungskliniken wie in der chinesischen Haftenstadt Qingdao. Eine Ärztin spricht mit einer jungen Frau. Sie will zum zweiten Mal in diesem Jahr abtreiben. In der Klinik werden im Schnitt pro Tag vier bis sechs Abbrüche vorgenommen. Die Räume sind winzig, es gibt zwei kleine Behandlungszimmer.

    Die Klinik wird von einer Nichtregierungsorganisation betrieben, die jungen unverheirateten Frauen ermöglichen will, ungewollte Schwangerschaften anonym und vor allem sicher zu beenden. Die hohen Abtreibungszahlen hätten mit der Familienplanungspolitik nichts zu tun, betont Klinikleiterin Xu Jin.

    "90 Prozent der Frauen, die zu uns kommen, sind unverheiratet. Sie sind ungewollt schwanger geworden – und wissen oft zu wenig über Schwangerschaft und Verhütung. Wir nehmen nur Abtreibungen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten vor. Wenn der Fötus schon zu groß ist, überweisen wir die Frauen ins Krankenhaus."

    Dort werden auch Spätabtreibungen vorgenommen, ohne dass groß nach dem Grund gefragt wird. Die Familienplanungspolitik trage zumindest dazu bei, dass die Abtreibungszahlen so hoch seien, sagt Professor Lu Jiehua.

    "Wir müssen einräumen, dass zwei Faktoren verantwortlich sind: die Familienplanungspolitik und die traditionelle Vorliebe für Söhne. Aus anderen Ländern wissen wir, dass die Vorliebe für Söhne nachlässt, wenn die Gesellschaften weiter entwickelt sind. Aber bei uns sind die Dinge anders – und es liegt auch an der Politik. Wenn man zwei Kinder zulassen würde, wäre das Geschlechterverhältnis sicher anders."

    180 Jungen auf 100 Mädchen bei den Zweitgeborenen
    Aber Lu weiß auch: Dort, wo Paare zwei oder sogar drei Kinder bekommen, ist das Ungleichgewicht der Geschlechter noch viel größer. Wenn das erste Kind ein Mädchen war, dürfen Paare auf dem Land ein zweites Kind bekommen – damit steigt der Druck, endlich einen Stammhalter in die Welt zu setzen.

    "Beim zweiten Kind wollen die Eltern unbedingt einen Jungen. Das heißt, wir sehen bei Zweitgeborenen 170 bis 180 Jungen auf 100 Mädchen. Bei dritten Kindern sogar 200 bis 300 Jungen auf 100 Mädchen. Denn nach spätestens zwei Kindern werden Bußgelder fällig – deshalb steigt der Druck, dann noch mehr endlich einen Sohn zu bekommen."

    Das "Verschwinden der Frauen", wie es Mara Hvistendahl nennt, ist längst nicht auf China beschränkt. Auch in Indien, in einigen zentralasiatischen Republiken und selbst in Südosteuropa - in Ländern wie Albanien, Montenegro und Mazedonien - kommen deutlich mehr Jungen als Mädchen auf die Welt.

    "Die Ein-Kind-Politik setzt Frauen unter Druck sicherzustellen, dass ihr Kind oder eines ihrer beiden Kinder ein Junge wird. Aber das ist nicht der einzige Grund. Denn die Geburtenrate in China wäre auch auf natürlichem Weg gesunken. Demografen gehen davon aus, dass sich viele Menschen bewusst für weniger Kinder entscheiden – auch ohne die Familienplanungspolitik. Das sehen wir ja auch in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern. Wenn Menschen weniger Kinder haben und Zugang zu Technologien wie dem Ultraschall, sind die Folge geschlechtsspezifische Abtreibungen. Der Wunsch nach Söhnen ist nach wie vor da und geht nicht weg – auch nicht mit mehr Fortschritt."

    Die Folgen sind jedoch vor allem in China zu sehen, weil hier nach mehr als 30 Jahren Ein-Kind-Politik der Frauenmangel besonders akut ist. In der Generation der zwischen 1980 und dem Jahr 2000 Geborenen gibt es etwa 22 Millionen mehr Männer als Frauen. In den nächsten Jahren wird sich das Problem verschärfen, wenn die Jahrgänge erwachsen werden, bei denen das Geschlechterverhältnis noch weiter auseinanderklafft.

    Die Junggesellendörfer in Guangxi und anderen Armutsregionen sind dabei nur eine Folge des Männerüberschusses. Experten erwarten in den nächsten Jahren auch eine deutliche Zunahme der Prostitution und – damit verbunden – einen Anstieg von HIV-Infektionen durch ungeschützten käuflichen Sex. Und entgegen vieler Erwartungen führe der Männerüberschuss bislang nicht dazu, dass sich der Status der Frauen in der Gesellschaft verbessere, sagt Mara Hvistendahl,

    "Wir sehen mehr Frauenhandel, wir sehen, dass Bräute aus armen Regionen gekauft werden. Außerdem gibt es Hinweise auf steigenden Kriminalitätsraten in Provinzen mit einem großen Männerüberschuss. Es hat also nicht dazu geführt, dass sich die Stellung der Frauen verbessert hat."

    Einstellung gegenüber Frauen muss sich ändern
    Die chinesische Regierung hat das Problem seit Längerem erkannt. Kampagnen wie "Kümmert euch um die Mädchen" sollen gerade auch auf dem Land das Bewusstsein für die Gleichheit der Geschlechter erhöhen. Das sei nicht genug, sagt Lu Jiehua. Denn immer noch investieren viele Eltern mehr in den Sohn als in die Tochter – etwa was die Bildung angeht. Insgesamt müsse sich die Einstellung gegenüber Frauen ändern.

    "Das Grundproblem bleibt die Diskriminierung. Wenn sich daran nichts ändert, werden wir das Geschlechterungleichgewicht nicht wirklich in den Griff bekommen. Diskriminierung sehen wir überall: bei den Bildungschancen, im Beruf, selbst bei den Pensionen. Obwohl wir Gleichbehandlung propagieren, ist die Lage in China nach wie vor nicht ideal. Selbst unter Führungskadern gibt es für diese Probleme wenig Verständnis. Wenn sich das nicht ändert, werden sich die Einstellungen nicht ändern, und die Menschen werden ihre eigenen Entscheidungen treffen."

    In der chinesischen Politik gibt es fast keine Frauen. Der siebenköpfige ständige Ausschuss des Politbüros, das Machtzentrum Chinas, ist seit mehr als 60 Jahren ein reiner Männerclub. Immerhin: Unter den vier Vizepremiers ist neuerdings wieder eine Frau. Im 25-köpfigen Kabinett findet sich nur eine einzige Ministerin. Ganz offen diskriminiert werden Frauen an den Universitäten: Sie brauchen an manchen Unis und in manchen Studiengängen bessere Ergebnisse als Männer, um einen Studienplatz zu ergattern.

    In seinem Dorf Youqi in Guangxi füttert Wei Jiandong die Schweine. Der junge Mann blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Die chinesische Gesellschaft ist extrem familienorientiert. Familiäre Netzwerke sind wichtig. Nichts treibt chinesische Eltern so um wie die Angst, ihre erwachsenen Kinder könnten keinen Partner finden und kinderlos bleiben. Unverheiratete junge Männer werden als "guan gun", als "nackte Zweige", bezeichnet – weil sie den Stammbaum einer Familie nicht fortführen. Deshalb haben sie einen schweren Stand.

    Aber die Partnersuche wird immer schwerer. In den Städten klagen die Junggesellen, dass sie ohne Eigentumswohnung auf dem Heiratsmarkt keine Chancen mehr haben. Auch in Youqi muss Wei zunächst ein Haus bauen, um seine Aussichten zu verbessern. Doch trotz dieser Schwierigkeiten wollen alle immer noch Söhne. Auch Wei Jiandong. Sollte er eines Tages doch noch eine Frau finden, will auch er unbedingt einen Sohn.

    "Auf jeden Fall muss man einen Sohn haben. Ohne einen männlichen Nachkommen kann der Stammbaum nicht fortgeführt werden. Mädchen gehen außerdem selten zu den Gräbern der Ahnen – das ist Aufgabe der Männer. Ohne einen Stammhalter in der Familie werden andere Menschen auf dich herabblicken."

    Solche Einstellungen zu verändern, braucht sehr viel Zeit. In Asien ist es bislang nur Südkorea gelungen, das Geschlechterverhältnis wieder zu normalisieren. Südkorea war eines der ersten Länder, die Mitte der 80er-Jahre ein ungewöhnlich hohes Ungleichgewicht zwischen neugeborenen Mädchen und Jungen vermeldeten. Doch seit Mitte der 90er-Jahre hat sich der Trend umgekehrt und das Verhältnis ist mit 110 Jungen zu 100 Mädchen heute fast wieder normal – geholfen haben Medienkampagnen und Gesetze gegen Frauendiskriminierung. Allerdings haben die Veränderungen deutlich über ein Jahrzehnt gedauert.

    In China, sagen Experten, könnte eine Lockerung der Ein-Kind-Politik zumindest helfen, den Druck auf die Frauen zu verringern, unbedingt einen Stammhalter in die Welt zu setzen. Eine Änderung ist allerdings derzeit nicht in Sicht – trotz intensiver Diskussionen unter Bevölkerungsstatistikern und Soziologen.

    Trotzdem gäbe es Anlass für vorsichtigen Optimismus, sagen Experten. Das Missverhältnis zwischen Mädchen und Jungen werde zumindest nicht mehr größer, sondern in einigen Gegenden sogar ein bisschen kleiner. Werte und Einstellungen könnten sich vielleicht doch über lange Zeiträume verändern. Für die Millionen von "nackten Zweigen", für die Männer also, die heute keine Frau finden, ist das ein schwacher Trost. Aber für die nächste und übernächste Generation gibt es vielleicht doch wieder Hoffnung.