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Keine Ruhe bei Karstadt

Schlechter laufende Geschäfte, die Streichung von weiteren Stellen und ein zeitweiser Verzicht auf Tariferhöhungen sind nur einige Hiobsbotschaften bei Karstadt. Nun schmeißt auch noch Vorstandschef Andrew Jennings hin.

Von Denise Friese | 10.06.2013
    Von einem Konflikt zwischen Eigentümer Nicolas Berggrün und Vorstandschef Andrew Jennings will man bei Karstadt nichts wissen. Jennings geht Ende des Jahres, wenn sein Vertrag ausläuft. In einer Stellungnahme ist von Harmonie die Rede und es heißt, dass diese Nachfolgeplanung der normale Geschäftsverlauf sei.

    Normal dürfte bei Karstadt auch nach der Insolvenz vor zweieinhalb Jahren aber kaum wieder etwas laufen. Es hakt an organisatorischen Abläufen im Einkauf genauso wie an der Sanierung im Großen und Ganzen. Berggrün hatte selbst zugegeben, dass Karstadt kranker ist, als er angenommen hatte.

    Die Gewerkschaft Verdi ist überrascht, dass Jennings den Chefsessel verlässt und seinen Vertrag nicht verlängert. Über die Gründe sei man aber nicht informiert. Die Sprecherin Christiane Scheller fordert deshalb schnell Aufklärung. Mit einem Personalwechsel seien die Probleme aber nicht gelöst.

    "Völlig ungeachtet dessen, wie der Topmanager an der Spitze von Karstadt auch heißt, sind die bereits bekannten Themen auf dem Tisch. Wir fordern, dass Nicolas Berggrün die dringend benötigten Finanzmittel zur weiteren Sanierung bereitstellt. Wir fordern auch, dass die Strategie zur weiteren Sanierung 2015 überprüft wird. Und vor allem fordern wir, dass die Tarifbindung für die Beschäftigten wieder hergestellt wird."

    Viele Karstadt-Beschäftigte haben dafür schon in Hamburg, Hessen und im Ruhrgebiet gestreikt. Auch der Gesamtbetriebsrat wünscht sich eine Rückkehr zur Tarifbindung, dort setzt man vor allem auf den Dialog mit dem Management. Dass Jennings geht, bereitet den Arbeitnehmervertretern Sorge. Der Streit um die Tarifzahlung wirkt bei den aktuellen Schlagzeilen nebensächlich.
    Denn jetzt muss ein Profi gefunden werden, der bereit ist, die kriselnde Warenhauskette vor dem Untergang zu bewahren. Verdi hat klare Vorstellungen davon, was der neue Chef können muss:

    "Karstadt braucht ein Management, das den deutschen Einzelhandelsmarkt und im Speziellen das Warenhausgeschäft gut kennt. Und die Vorzüge des stationären Handels auch zu nutzen weiß."

    Wer den Briten Jennings ablösen könnte, ist derzeit völlig unklar. Möglicherweise kommt ein alter Bekannter zurück in die Essener Unternehmenszentrale: der Sanierer Thomas Fox. Zuletzt war er mit der Baumarktkette Praktiker gescheitert, doch bei Karstadt könnte sein Wissen aus der Vergangenheit nützlich sein. Er hatte bereits 2009 während der Insolvenz die Geschäfte geleitet.

    Aber egal, wer den Chefsessel von Karstadt übernehmen wird – die Probleme werden die gleichen bleiben. Es fehlen offenbar Ideen, um genug Kunden anzulocken und das Geld für die Modernisierung der Warenhäuser. Nach heftiger Kritik der Gewerkschaft hatte der Milliardär und Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggrün angekündigt, zumindest Geld bereitzustellen, wenn es helfen würde. Das klingt so, als sei noch nicht klar, wie man Karstadt helfen kann. Und dann muss der neue Chef als erste Amtshandlung wohl auch die Strategie Karstadt 2015 überprüfen.