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Keine strahlende Zukunft mehr

Australien hat keine eigenen Atomkraftwerke verfügt aber über rund 40 Prozent der leicht förderbaren Uranreserven der Welt. Der Export schien bis zur Katastrophe iin Japan eine sehr sichere Einnahmequelle zu sein.

Von Andy Stummer | 02.04.2011
    Olympic Dam, sieben Autostunden nordwestlich von Adelaide. Auf Busrundfahrt durch Australiens größte Mine. Das Gelände mit einer gigantischen Abbaugrube, drei mal drei Kilometer weit und 800 Meter tief, gehört dem Bergbauriesen BHP Billiton. Hier liegt das größte, bekannte Uranvorkommen der Welt. "Australien hat keine Kernkraftwerke – jedes geförderte Gramm Uran wird und wurde ausgeführt", sagt der Anti-Atom-Aktivist David Noonan. Auch zum Fukushima-Unglücksreaktor nach Japan.

    "Die Elektrizitätsgesellschaft in Tokio kauft australisches Uran und reichert es an – auch Uran aus Olympic Dam. Die multinationalen Minenriesen, die es abbauen, sollten Mitverantwortung für die Folgen tragen, die bei der nuklearen Aufbereitung des Urans entstehen."

    Australien ist der drittbedeutendste Uranexporteur der Erde, das Land versorgt weltweit 20 Prozent aller Atomreaktoren. Uranminen galten als die neuen Goldgruben. In Japan, Südkorea, Indien und China gab es Pläne für 40 neue Kernkraftwerke, der Preis für Uran stieg und stieg. Das größte Loch Australiens in Olympic Dam sollte deshalb noch größer, die Förderquoten erhöht werden. Dann kam es zum Reaktorunglück in Japan. Jetzt steht in Deutschland die Atomindustrie vor dem Aus, in China gilt ein Baustopp für neue Reaktoren. Doch Tom Koutsanis, der Bergbauminister im uranreichen Südaustralien, will von einem vorübergehenden Förderstopp nichts wissen.

    "Es hat eines der stärksten Erdbeben aller Zeiten gegeben und einen Tsunami – aber bisher nicht einen Toten durch erhöhte radioaktive Strahlung. Statt in Hysterie zu verfallen, sollten wir, was den Atomunfall in Japan betrifft, besser bei den Fakten bleiben."

    Seit dem Störfall in Fukushima ist der Weltmarktpreis für Uran um fast ein Drittel gefallen. Australische Bergbaugesellschaften wie Russell Bucks "Uranium South Australia", die im Outback nach bisher unentdeckten Uranvorkommen suchen, sind seitdem oft nur noch die Hälfte wert.

    "Der Abgabepreis für Uran steigt und fällt mit dem Auf und Ab der Aktienmärkte. Der Wert unseres Unternehmens ist letzte Woche um die Hälfte gefallen, aber die derzeitige Unsicherheit wird der langfristigen, kommerziellen Zukunft von Uran nichts anhaben können."

    Australiens Wirtschaft wächst seit 20 Jahren, nicht einmal während der globalen Finanzkrise wurden rote Zahlen geschrieben: Dank eines nicht enden wollenden Rohstoffbooms. Australien ist der Steinbruch der Welt: Eisenerz, Kohle, Gold, Kupfer, Nickel – und jetzt Uran. 40 Prozent aller bekannten Vorkommen liegen in Australien, Abermillionen werden ausgegeben, um neue zu finden. Doch das Uran auch auszubeuten wird für Anti-Atom-Aktivisten wie David Noonan immer mehr zur Gewissensfrage.

    "Letztes Jahr war die Ausfuhr von australischem Käse mehr wert als der Export von Uran. Und das Risiko war ungleich geringer. Uran zu fördern ist unmoralisch. Bergbaukonzerne sollten nicht einmal eine Lizenz haben, wenn das, was sie fördern, zu einer nuklearen Katastrophe wie der in Japan führen kann."

    Der Abbau und die Ausfuhr von Uran waren in Australien seit jeher politisch umstritten, wurden aber aus wirtschaftlichen Gründen geduldet. Das aber hat die Katastrophe von Fukushima verändert. 80 Prozent der Australier sind gegen eine eigene Nuklearindustrie, selbst Befürworter geben zu, dass es wohl nie einheimische Atomkraftwerke geben wird. Uran, so scheint es, hat in Australien keine strahlende Zukunft mehr.