Nach dem Studium in die Arbeitslosigkeit - und Schuld daran sind die Unis, sagt selbstkritisch Professor Abdelmaijd Bouziane, Sozialwissenschaftler an der Université Hassan II Mohammedia Casablanca im Königreich Marokko:
"Viele Universitäten bei uns in Marokko sehen sich einem schweren Vorwurf ausgesetzt: Sie führten durch die Art ihrer Ausbildung die Studenten direkt in die Arbeitslosigkeit. Vor allem die Wirtschaft, die großen Firmen werfen das den Unis immer wieder vor."
Die Unis müssten sich mit der Ausrichtung der Lehre viel stärker als bisher an den Anforderungen der Wirtschaft ausrichten, sagte Abdelmajid Bouziane heute auf der Tagung der "Aktion Hochschulforschung" in Konstanz. Seit 2003 hat Marokko das europäische Bachelor- und Master-System übernommen. Und gerade in der Bachelor-Ausbildung vermisst er ganz deutlich eines: neben der Vermittlung von Fachkenntnissen auch die Weitergabe von sozialer Kompetenz.
"Die ist sehr wichtig. Nehmen wir zum Beispiel mal einen Ingenieur. Der arbeitet ja nicht alleine, sondern in einem Team. Und dazu braucht er soziale Fertigkeiten wie Teamführung und Konfliktausgleich. Nehmen wir den Mediziner. Genau dasselbe: Der arbeitet mit sehr unterschiedlichen Patienten zusammen. Und dazu braucht er einfach soziales Fingerspitzengefühl, soziale Fähigkeiten, um allen sozialen Aspekten, die das Leben so mit sich bringt, begegnen zu können."
Das Problem, dass gerade Bachelor-Studiengänge zu wenig solcher sozialen Kompetenzen vermitteln, tritt nicht nur in Marokko zutage, sondern auch hierzulande, an deutschen Hochschulen. So jedenfalls hat es der Konstanzer Bildungsforscher Tino Bargel, Organisator der laufenden Tagung, in mehreren Erhebungen festgestellt:
"Man kann nicht sagen: Es kommt überhaupt nicht vor. Aber die generellen Bedingungen im Bachelor sind im Moment für die Förderung dieser Kompetenzen sehr nachteilig, weil er so starr geregelt ist: Er lässt sich genügend Zeit zum Nachdenken. Er lässt nicht genug Zeit zur Zusammenarbeit, zum eigenen Entwickeln für Innovationen, für Auseinandersetzung. Und das ist auch eine wichtige Aufgabe der Hochschulentwicklung der nächsten Jahre, diese Elemente wieder stärker in das Studium einzubauen."
Beinhaltet der Bachelor solche Elemente, gehe es auch mit dem politischen und gesellschaftlichen Engagement der Studierenden wieder bergauf. Damit sei es derzeit, nicht zuletzt aufgrund des hohen fachlichen Lerndruckes, nicht zum Besten bestellt. Und das schade langfristig einer lebendigen Zivilgesellschaft, ja einer funktionierenden Demokratie insgesamt.
"Das ist, denke ich schon, so eine grundsätzliche Haltung, die wieder aufgebrochen werden muss, das ist so eine Konsumentenhaltung, die ist sowohl an der Hochschule spürbar wie in der Bevölkerung gegenüber der Politik."
In anderen europäischen Ländern ist das politische Engagement der Studierenden deutlich stärker ausgeprägt. Was allerdings auf den ersten Blick erfreulich klingt, hat eher betrübliche Ursachen. Beispiel Spanien: Dort liegt die Jugendarbeitslosigkeit nach jüngsten Erhebungen bei über 54 Prozent. Betroffen sind auch viele Hochschulabsolventen.
"Die soziale und politische Situation bei uns zuhause ist gerade für viele junge Leute überaus miserabel. Und das politisiert natürlich auch die Studierenden: Sie beginnen sich in einem nie da gewesenen Ausmaß, mit den ökonomischen Zusammenhängen, aber auch mit der Politik zubeschäftigen."
Viele sitzen dabei aber auch extremen, radikalen Positionen auf - langfristig eine Gefahr für das Land. Umso wichtiger sei es, findet Professor Helena Troiano, Politikwissenschaftlerin an der Universität Barcelona, dass gerade im Bachelor-Studium in allen Fachrichtungen Zeit bleibt für politische Grundbildung:
"Wenn man eine vernünftige, gute Grundbildung anbietet, schlittern sie erst gar nicht in eine solche extreme Situation hinein."
Eine solche "vernünftige politische Grundbildung" wünscht sich auch der marokkanische Hochschullehrer Abdelmjid Bouziane für die Unis in seinem Land. Das nämlich hat sich zwischenzeitlich zu einer demokratisch ausgerichteten konstitutionellen Monarchie entwickelt.
Allerdings: Bei den Parlamentswahlen gingen gerade mal knapp 40 Prozent der wahlberechtigten Marokkaner an die Urnen. Und auch das politische Engagement de Studierenden tendiere gegen null. Im Gegensatz zu Spanien scheinen sie sich an die drohende Arbeitslosigkeit nach dem Hochschulabschluss bereits gewöhnt zu haben. Hier seien gerade die Unis aufgerufen, etwas zu ändern, den Studierenden von heute das Rüstzeug für politisches Handeln mit auf den Weg zu geben:
"Das sind doch die Führungspersönlichkeiten der Zukunft. Wenn sich die Studierenden von heute von der Politik abwenden, wer, zum Kuckuck, wird sich in Zukunft in diesem Land überhaupt noch um Politik kümmern? Und die Führungselite der Zukunft, die braucht einen politischen Hintergrund."
"Viele Universitäten bei uns in Marokko sehen sich einem schweren Vorwurf ausgesetzt: Sie führten durch die Art ihrer Ausbildung die Studenten direkt in die Arbeitslosigkeit. Vor allem die Wirtschaft, die großen Firmen werfen das den Unis immer wieder vor."
Die Unis müssten sich mit der Ausrichtung der Lehre viel stärker als bisher an den Anforderungen der Wirtschaft ausrichten, sagte Abdelmajid Bouziane heute auf der Tagung der "Aktion Hochschulforschung" in Konstanz. Seit 2003 hat Marokko das europäische Bachelor- und Master-System übernommen. Und gerade in der Bachelor-Ausbildung vermisst er ganz deutlich eines: neben der Vermittlung von Fachkenntnissen auch die Weitergabe von sozialer Kompetenz.
"Die ist sehr wichtig. Nehmen wir zum Beispiel mal einen Ingenieur. Der arbeitet ja nicht alleine, sondern in einem Team. Und dazu braucht er soziale Fertigkeiten wie Teamführung und Konfliktausgleich. Nehmen wir den Mediziner. Genau dasselbe: Der arbeitet mit sehr unterschiedlichen Patienten zusammen. Und dazu braucht er einfach soziales Fingerspitzengefühl, soziale Fähigkeiten, um allen sozialen Aspekten, die das Leben so mit sich bringt, begegnen zu können."
Das Problem, dass gerade Bachelor-Studiengänge zu wenig solcher sozialen Kompetenzen vermitteln, tritt nicht nur in Marokko zutage, sondern auch hierzulande, an deutschen Hochschulen. So jedenfalls hat es der Konstanzer Bildungsforscher Tino Bargel, Organisator der laufenden Tagung, in mehreren Erhebungen festgestellt:
"Man kann nicht sagen: Es kommt überhaupt nicht vor. Aber die generellen Bedingungen im Bachelor sind im Moment für die Förderung dieser Kompetenzen sehr nachteilig, weil er so starr geregelt ist: Er lässt sich genügend Zeit zum Nachdenken. Er lässt nicht genug Zeit zur Zusammenarbeit, zum eigenen Entwickeln für Innovationen, für Auseinandersetzung. Und das ist auch eine wichtige Aufgabe der Hochschulentwicklung der nächsten Jahre, diese Elemente wieder stärker in das Studium einzubauen."
Beinhaltet der Bachelor solche Elemente, gehe es auch mit dem politischen und gesellschaftlichen Engagement der Studierenden wieder bergauf. Damit sei es derzeit, nicht zuletzt aufgrund des hohen fachlichen Lerndruckes, nicht zum Besten bestellt. Und das schade langfristig einer lebendigen Zivilgesellschaft, ja einer funktionierenden Demokratie insgesamt.
"Das ist, denke ich schon, so eine grundsätzliche Haltung, die wieder aufgebrochen werden muss, das ist so eine Konsumentenhaltung, die ist sowohl an der Hochschule spürbar wie in der Bevölkerung gegenüber der Politik."
In anderen europäischen Ländern ist das politische Engagement der Studierenden deutlich stärker ausgeprägt. Was allerdings auf den ersten Blick erfreulich klingt, hat eher betrübliche Ursachen. Beispiel Spanien: Dort liegt die Jugendarbeitslosigkeit nach jüngsten Erhebungen bei über 54 Prozent. Betroffen sind auch viele Hochschulabsolventen.
"Die soziale und politische Situation bei uns zuhause ist gerade für viele junge Leute überaus miserabel. Und das politisiert natürlich auch die Studierenden: Sie beginnen sich in einem nie da gewesenen Ausmaß, mit den ökonomischen Zusammenhängen, aber auch mit der Politik zubeschäftigen."
Viele sitzen dabei aber auch extremen, radikalen Positionen auf - langfristig eine Gefahr für das Land. Umso wichtiger sei es, findet Professor Helena Troiano, Politikwissenschaftlerin an der Universität Barcelona, dass gerade im Bachelor-Studium in allen Fachrichtungen Zeit bleibt für politische Grundbildung:
"Wenn man eine vernünftige, gute Grundbildung anbietet, schlittern sie erst gar nicht in eine solche extreme Situation hinein."
Eine solche "vernünftige politische Grundbildung" wünscht sich auch der marokkanische Hochschullehrer Abdelmjid Bouziane für die Unis in seinem Land. Das nämlich hat sich zwischenzeitlich zu einer demokratisch ausgerichteten konstitutionellen Monarchie entwickelt.
Allerdings: Bei den Parlamentswahlen gingen gerade mal knapp 40 Prozent der wahlberechtigten Marokkaner an die Urnen. Und auch das politische Engagement de Studierenden tendiere gegen null. Im Gegensatz zu Spanien scheinen sie sich an die drohende Arbeitslosigkeit nach dem Hochschulabschluss bereits gewöhnt zu haben. Hier seien gerade die Unis aufgerufen, etwas zu ändern, den Studierenden von heute das Rüstzeug für politisches Handeln mit auf den Weg zu geben:
"Das sind doch die Führungspersönlichkeiten der Zukunft. Wenn sich die Studierenden von heute von der Politik abwenden, wer, zum Kuckuck, wird sich in Zukunft in diesem Land überhaupt noch um Politik kümmern? Und die Führungselite der Zukunft, die braucht einen politischen Hintergrund."